Eine der größten Geschichten der Welt schickt sich demnächst an, Jubiläum zu feiern. Zehn Jahre schon wird der Inselstaat Tuvalu dann untergegangen sein, zehn Jahre das erste Opfer von Klimawandel und steigendem Meeresspiegel. 11.000 bedauernswerte Insulaner, die es dem englischen "Guardian" verdanken, zu einem Welterfolg geworden zu sein, dem heute allein auf 52.000 deutschsprachigen und fast zwei Millionen englischsprachigen Internetseiten gehuldigt wird.
In Gang gebracht hat das alles Andrew Simms, der am 29. October 2001, einem Montag, unter der Überschrift "Auf Wiedersehen, Tuvalu" vom Hilferuf der neun Eilande berichtete. Die Regierung des Inselreiches habe an Australien und Neuseeland appelliert, wegen des steigenden Meeresspiegels alle ihre Bürger evakuieren zu dürfen, teilte Simms, hauptberuflich Mitarbeiter bei der New Economics Foundation, mit. Die erste Gruppe von Klimaopfern werde im kommenden Jahr übersiedeln dürfen und so vor den steigenden Wassermassen rund um die nur 3,5 Meter hohe Insel gerettet werden.
Natürlich stimmte das nicht. Natürlich wurde der Evakuierungsplan später Dutzende Male dementiert. Natürlich ist heute bekannt, dass der Meeresspiegel um Tuvalu seit jenem ersten Hilferuf um keinen Zentimeter angestiegen ist.
Aber das Bild, das Andrew Simms entwarf, faszinierte: "Tuvalu is paying for the rich world's experiment with the global atmosphere", fantasierte er und traf ins Schwarze. Seitdem geht Tuvalu unter - je nach Bedarf etwas öfter oder auch mal ein Jahr gar nicht, wie die Google Timeline (oben) zeigt. Insgesamt gesehen aber hat sich das Märchen des Andrew Simms durchgesetzt: Suchen Fernsehteams nach Klimaopfern, nehmen sie den beschwerlichen Weg in die Südsee auf sich, wollen Klimaforscher den Meeresspiegelanstieg illustrieren, powerpointen sie ein paar Bilder vom untergehenden Paradies.
Immer öfter muss Tuvalu herhalten, denn so nah an die Katastrophe kommt der deutsche Zeitungsleser sonst schließlich nirgends. Auf Du und Du mit "the world's first climate refugees", das zieht immer, auch wenn es nicht stimmt: Die 75 Menschen, die Neuseeland jährlich per Quote als Evakuierte aufnimmt, dürfen nicht kommen, weil Tuvalu versinkt. Sondern 75 die Quote ist, die Neuseeland üblicherweise für jedes Pazifische Entwicklungsland festlegt, unabhängig von Klimawandel.
Das aber ist keine Geschichte, die Emotionen verspricht und drastisch vor Augen führt, wie der Mensch die Welt vernichtet. Und so wird die andere erzählt, seit nun schon fast einem Jahrzehnt: Tuvalu versinkt, die Einwohner müssen flüchten, weil die Wellen immer höher steigen. "Ein kleines Inselparadies geht unter", flunkert das SZ-Magazin "jetzt", "Besuchen Sie Tuvalu, solange es noch da ist", flunkert die "Zeit", "Der Inselstaat Tuvalu ist dem Untergang geweiht", prophezeit die "Welt", "das seit Jahrtausenden hier lebende polynesische Volk hat keine Zukunft mehr ", assistiert 3Sat.
Nicht weiter verbreitet ist der schöne Abgesang an den Untergang, den der klimasensitive "Spiegel" nur zwei Monate nach dem ersten Alarm im "Guardian" anstimmt. "Die Südsee-Ente" entdeckt das Magazin seinerzeit, nachdem dpa durch amerikanische Klimaschützer auf den "Guardian"-Artikel aufmerksam gemacht worden war, woraufhin Tuval Untergangspremiere in allen deutschen Zeitungen feierte.
Auch der "Spiegel"-Versuch, die wahre Geschichte zu erzählen, half nicht viel. Zu schön war die Fantasie, zu verführerisch die Lüge. Andrew Simms, der sie sich ausgedacht hat, sagte dem "Spiegel"_Reporter damals am Telefon, Quelle seiner Untergangsinformationen sei "jemand auf der Insel". Nein, den Namen möchte er nicht sagen. Muss er auch nicht. So oder so war die Wahrheit das erste Opfer des Klimawandels auf Tuvalu.
Was heißt hier »den beschwerlichen Weg in die Südsee«? Wenn ich ein Fernsehteam wäre, würde ich aber auch lieber »den beschwerlichen Weg in die Südsee« auf mich nehmen als den beschwerlichen Weg in die Antarktis, wo das Eis bösartigerweise einfach zunimmt statt endlich mal zu verschwinden und tuvalischen Verhältnissen Platz zu machen. So eine Recherche auf Tuvalu stelle ich mir viel schöner vor als eie antarktische, zumal, wenn der Gebührenzahler dafür aufkommt. Man braucht auch viel weniger Gepäck (keinen Eispickel, keinen Pelz, keine Thermounterwäsche und so).
AntwortenLöschenaber der flug! und alles holzklasse!
AntwortenLöschenEin hartes Los! Mir kommen die Tränen. Ich bin betroffen und ein Stück weit traurig. Aber ich wäre nicht ich, wenn ich nicht selbstlose Hilfe anböte: Wenn es mal wieder was auf Gebührenzahlerkosten im fernen Tuvalu zu recherchieren gibt, schickt mich! Um noch weitere Entlastung zu schaffen, erkläre ich mich gar bereit, meine Familie mitzunehmen.
AntwortenLöschenHat ppq eigentlich schon eine Dienstreise ins Krisengebiet geplant, um Informationen aus erster Hand zu sammeln und ein paar letzte Bilder vor der endgültigen Flutung zu machen? Eine Serie vielleicht: »Der Himmel über Tuvalu«, oder eine Dokumentation über die Kacheln von Tuvalu — ehe das alles für immer verloren ist.
Gibt es eigentlich irgendwo eine seriöse Quelle, wie sich der Wasserstand um Tuvalu die letzten 20 Jahre entwickelt hat?
AntwortenLöschenIch habe neuliche einen Atlas von Bertelsmann gekauft, den mit dem Landserheftcheneinband (Vorwort von der Philosophin Liz M.)
AntwortenLöschenDort ist Tuvalu bereits untergegangen.
In diesem Blog hier herrscht einfach kein investigativer Qualitätslügismus.
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschenRA: zwei posts tiefer ist eine
AntwortenLöschenGrafik
O.K. ! Wir haben verstanden.
AntwortenLöschenWenn es also eine unumstößliche Tatsache ist, daß Tovulalla untergeht, wie einst Atalantis und wenn es also einen Wissenschaftlichen Konsens darüber gibt, daß den Eingeborenen von Tofulullu die Pazifiksiffe bereits bis zur Unterkante Oberlippe steht, dann werden wir, die Herren des Westens und der Weltgemeinschaft, dann werden wir nicht zögern, entschlossen zu handeln !!
Ich , der Weltpräsident, ordne hiermit an, daß die Pekinesen von Tofulalla binnen Monatsfrist evakuiert werden. Die Tofus haben das Recht auf einen eigenen Staat ! Zum Glück haben die Vereinten Nationen (UN) bereits einschlägige Erfahrung im "Offshore Nation Building". Es gibt auch bereits ein Areal für derartige Fälle: Ich ordne an, daß die Tuvoolallas in Palästina angesiedelt werden, wo ihre Volksgemeinschaft wachsen und gedeihen möge, mit dem Segen der UN !
Hugh.
- Der Weltpräsident -
Fakten zum Tuvalu-Meeresspiegel :
AntwortenLöschenhttp://www.john-daly.com/
Ganz runterscrollen, dann kommt man zu der Grafik, die auch in unterem Link veröffentlicht ist, und aus der hervorgeht, dass der Tuvalu-Meeresspiegel seit 1977 nicht gestiegen ist.
Hier der Link des Gelben Forums:
http://www.dasgelbeforum.de.org/forum_entry.php?id=141713
Dieses Atoll - porös - wurde für einen Militärflughafen förmlich aufgeschlitzt!
Seitdem dringt Wasser ein.
Der Meer ist dort sowenig wie anderswo gestiegen.