Dunkle Zeiten zuletzt im Kurt-Wabbel-Stadion zu Halle. Seit HFC-Regisseur René Stark verletzungsbedingt nicht mehr mitspielen kann, gelang dem Halleschen FC kein Sieg mehr, auch mit Toren klappte es nicht. Zuletzt gab es zu Hause sogar eine Heimniederlage - die erste seit dem Frühjahr, die zweite seit dem Sommer letzten Jahres.
Ein neuer Mann soll deshalb im Spiel gegen Lübeck für neuen Schwung sorgen: Nachwuchsmann Toni Lindenhahn hatte vergangene Woche beim Auswärts-Remis in Hannover eine Halbzeit lang vielversprechend gewirbelt, heute darf er von Anfang an ran. Der etatmäßige Rechtsaußen Pavel David rückt dafür in die Mitte und Stürmer Markus Müller, der sich seit Starks Ausfall hinter der einzigen Spitze Thomas Neubert hatte versuchen dürfen, sitzt nur auf der Bank.
Dennoch tut sich der HFC schwer. Die ersten paar Minuten geht es noch ein bisschen nach vorn, dann aber spielt nur noch Lübeck. Bis auf die 3. Minute: Lindenhahn wird von David angespielt, Doppelpass, Flanke von Rechtsaußen nach Linksaußen, der Lübecker Verteidiger springt nicht hoch genug und ausgerechnet der seit einiger Zeit kritisierte Kapitän Nico Kanitz, gerademal 1,65 groß, köpft den Ball ins Netz, ohne hochspringen zu müssen. Das Tor werde dem HFC-Wirtschaftsbeiratsboss Willy Klose gewidmet, der eben gerade heute seinen Geburtstag feiere, meldet sich der Stadionsprecher, der von Kanitz irgendein geheimes Zeichen bekommen haben muss. Klose hatte den Halleschen FC einst mit dem verhassten Erzrivalen VfL 96 fusionieren wollen, scheiterte damit allerdings. Daraufhin wechselte der Chef der halleschen Stadtwerke die Seiten und seine in städtischem Besitz befindliche Firma die Fußballfarben. Ein Wechsel, der sich für beide Seiten gelohnt hat: Der HFC hat einen Hauptsponsor. Willy Klose steht nun wohl als ältester Regionalliga-Torschütze aller Zeiten in den Statistiken. Oder so ähnlich.
Das hallesche Spiel wird davon nicht besser, aber das ist ganz gut so. Als die Elf von Trainer Sven Köhler Spitzenreiter Babelsberg an die Wand spielte, stand auf der Anzeigetafel zum Schluss ein 0:1. Heute läuft es andersherum: Halle würgt, Lübeck drückt. HFC-Verteidiger Jan Benes gelingt gar nichts, Steve Finke spielt Fehlpass auf Fehlpass, über Kanitz´ Seite geht gar nichts. Lübeck hat den Ball immer schnell wieder. Doch spätestens an der HFC-Innenverteidigung mit Adli Lachheb und Patrick Mouaya endet jeder Versuch der Gäste, zum Torerfolg zu kommen.
Wenn es Absicht ist, zurAbwechslung mal erst schlecht zu spielen und dann besser zu werden, dann geht der Plan heute auf. Krochen die Rotweißen in der zweiten Halbzeit gegen Babelsberg noch ausgelaugt über den Platz, explodiert Köhlers bis dahin äußerst behäbig agierende Mannschaft heute nach der Pause. Jetzt spielt nur noch der Gastgeber, angetrieben von Pavel David und Toni Lindenhahn. Nur Tore fallen nicht: Erst schießt der frei auf den Torwart zulaufende Hebestreit den Ball aus fünf Metern in die Arme des Lübecker Keepers, der bei vier Grad Plus mit kurzem Leibchen aufgelaufen ist. Dann vertändelt Thomas Neubert den Nachschuss. Und schließlich landet ein Weitschuss von Steve Finke auch noch am Lattenkreuz.
Sven Köhler hat dann ein Einsehen. Für den wie immer sehr körperlich, aber zugleich sehr kantig agierenden Neubert, von seinen Fans als einzig wahrer Westernhagen der Regionalliga verehrt, kommt der Ex-Auer Markus Müller und der macht auftragsgemäß alles klar. In der 72. Minute drückt eine einen von Ronny Hebestreit per Kopf weitergeleiteten David-Freistoß in die Maschen, in der 83. ist es eine Hebestreit-Flanke, die er einköpft, und nachdem die Lübecker sich entschlossen haben, stürmend unterzugehen, krönt er einen Lehrbuchkonter nach Eingabe von Lachheb mit seinem 3. Treffer.
Es ist allerdings Hebestreit, der die Arme beim Abpfiff am weitesten hochreißt. Der alte Mann, an der Seite der Jungen beim HFC in seinem vierten Fußballfrühling, weiß genau, warum.
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