Montag, 14. Dezember 2009

Ein Tannenbaum voll Taliban

Es gab eine Zeit, da war es gut, zu wissen. Die Gesellschaft unterschied zwischen Wissenden und Unwissenden, wobei erstere führten, letztere aber verführt wurden. "Wenn das der Führer wüsste", raunte es im Dritten Reich, als wüsste die Straße, was die Reichskanzlei nicht einmal ahnte. "Wenn das der Honecker wüsste", flüsterte es in der DDR, deren Bürger ihrem obersten Genossen nie eine Politik zutrauten, die im Alltag wirken solle wie die Politik ihrer Staatspartei SED eben wirkte.

Es ging darum, Bescheid zu wissen, und sei es nur aus Gründen des Selbstschutzes. Nur wer weiß, welches Wissen er zu leugnen hat, kann das glaubhaft tun. Erst nach dem Einmarsch von Russen und Amerikanern wollte niemand etwas von Konzentrationslagern gewusst haben, erst nach dem Fall der Mauer wurde die Idiotie von 40 Jahren Sozialismus mit Fahnenschwenken, Einheitsmedien und Westfernsehverbot zu einem Unwissen, das vorher nicht existierte.

So oft es gut ist, zu wissen, so oft ist es auch gut, nichts zu wissen. Am besten aber kommt der davon, der weiß, dem das aber nicht nachgewiesen werden kann. Wer das noch nicht wusste, bekommt es anhand des Falles Guttenberg-Kundus vorexerziert. Obwohl Nichtwissen im deutschen Recht sowenig vor Strafe schützt wie Wissen allein gleichbedeutend mit Beihilfe ist, treibt eine Jagdgesellschaft aus verdruckster Opposition, gelangweilter Medienmeute und moralinsauerer Friedensbewegung den mit der Amtübernahme im Verteidigungsministerium denkbar schlecht beratenen Liebslingsbaron der Deutschen vor sich her.

Längst geht es nicht mehr darum, was in Kundus passiert ist, wieviele Taliban getötet oder wieviele Zivilisten beim Bombenabwurf auf die beiden gestohlenen Tanklaster verletzte wurden. Operativ ist das Thema ausgereizt - im Gegensatz zu den Opfern des Angriffs auf die Brücke des serbischen Ortes Varvarin, die von deutschen Gerichten bescheinigt bekamen, dass sie unschuldige Opfer, aber dennoch nicht schadenersatzberechtigt seien, gibt es für die Opfer von Kundus, selbst wenn sie Täöter waren, eine Entschädigung.

Die einzige Frage, die noch von Belang ist, bleibt die danach, wer wann etwas wusste, das sich im Nachhinein gegen ihn verwenden lässt. Von Schneiderhan bis Guttenberg, von Steinmeier bis Merkel könnten alle getan haben, was in der Politik Tagesarbeit ist - wissen, was sie sagen, aber nicht sagen, was sie wissen. Und beides lässt sich nun gegen sie verwenden: Wer zuviel wusste, hätte es sagen müssen, wer nichts wusste, hätte es doch besser wissen müssen. Eine Situation, aus der Flucht nicht mehr möglich ist, weil jedes Argument nach Ausrede klingt.

Rettung vor einem Weihnachtfest voller Vermutungen und einem Tannenbaum voll Taliban kann nun nur noch die Langeweile bringen. Die Aufmerksamkeitsspanne des Publikums reicht bei dergleichen Affären gegenwärtig nach neuen Berechnungen der Skandalwatchgroup noch etwa zwei Wochen. Anschließend wissen Leser und Zuschauer einfach nicht mehr, wer etwas wusste und wer etwas hätte wissen müssen. Erfahrungsgemäß sinkt die Staatsaffäre anschließend vor Schwäche nieder wie ein waidwundes Reh. Wer dann noch im Amt ist, wird es ewig bleiben.

6 Kommentare:

  1. ich wehre mich dagegen, das schön zu finden. sie nerven einfach, sie nerven so unglaublich.

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  2. Genauso ist es. Hier werden Hahnenkämpfe ausgetragen, die in der BRD gesetzlich verboten sind. Da sollte man sich nicht durch Zuschauen mitschuldig machen.

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  3. Das wir von Leichtmatrosen regiert werden (und ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen dass dies keine homophobe Anspielung ist) ist doch eigendlich jedem klar.
    Dass D ein Besatzer in A ist eigendlich auch.
    Das eigendlich schlimme ist die Realitätsverweigerung der Bevölkerung.
    Sagen wir doch einfach JA!
    JA - wir befinden uns auf fremden Boden
    JA - wir haben da eigendlich nichts zu suchen
    JA - eigendlich ist das mit den zur Schule gehenden Mädchen totaler Schwachsinn
    JA - da sollten ein Haufen Leute gesplattert werden. Gedanke - Planung - Ausführung

    und nun tiefenpsychologisch

    JA - es geht uns furchtbar auf die Nüsse dass es nach sovielen Jahren Krieg da immer noch Aufständische gibt während unsere Demokraten nach kürzester Zeit der Besatzung die Hintern in die Luft gehoben haben wie die Katzen in der Maienzeit.

    JA - zum Dank haben wir nach 60 Jahren immer noch fremde Truppen im Lande stehen. (jetzt zu unserem Schutze natürlich. Feindstaatklausel... tzz)

    Erschüttert
    Fraggel

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  4. VolkerStrammDezember 14, 2009

    Was die Halbwertszeit betrifft:
    Erinnert sich noch jemand an die Kurnaz-Festspiele?
    Erinnert sich überhaupt noch jemand an das Zotteltier, dieses selbsternannten Opfer des US-Imperialismus?

    Also, von und zu (oder wasweisich) Guttenberg, stiff upperlip, Kreide fressen und ans Tagesgeschäft.

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  5. Frau Merkel killt einen Konkurrenten.
    Als Wirtschaftsminister hatte er eine blasse Ahnung.
    Als Kriegsminister hat er keine.
    Perfekt!

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