Wäre man Verschwörungstheoretiker, stellte man sich folgende Szene vor:
Axel Weber, Chef der Deutschen Bundesbank, steht vor schweren Tagen. Er weiß, dass er gestehen muss, der amerikanischen Pleitebank Lehman 10,4 Milliarden Euro geborgt zu haben - bekommen hat er dafür zwar Sicherheiten, die aber sind, wie Weber inzwischen weiß, nichts wert. Der mächtige Banker sieht alles gefährdet, was eben noch so erreichbar schien: Die ungeliebte Konkurrenz von der Bundesanstalt für die Finanzaufsicht würde er ausbooten können, das hatten ihm die Politiker der neuen großen Koalition der Nationalen Front nach dem wahlsieg versprochen. Seine Bundesbank würde schlagartig zum einzig wahren Aufsichtsapparat über Banken, Börsen und Versicherungen werden und er, Axel Weber, der viel von der Macht früherer Bundesbanker an die Europäische Zantralbank hatte abgeben müssen, wieder viel viel mächtiger.
Und nun das. Vermutlich 10,4 Milliarden futsch - bei der KfW waren es nur ein paar Millionen und Köpfe rollten. Weber greift zum Telefon. Er lässt Thilo Sarrazin kommen, den neuen Bundesbank-Vize aus Berlin. "Thilo, wir müssen eine Lösung finden", sagt er. Sarrazin nickt. Ein Ablenkungsmanöver muss her, irgendwie müssen die Blicke der Öffentlichkeit fortgelenkt werden von der größten Pleite, die die Deutsche Bundesbank je einstecken musste.
Eine halbe Stunde später sind der Ex-Senator aus Berlin und der Bundesbank-Chef sich einig. Sarrazin wird ein Interview geben, das sich gewaschen hat, er wird darin Dinge sagen, die ihm schon lange auf der Seele brennen und mit Worten wie "Kopftuchmädchen" und "türkische Wärmestube" die mißglückte Integrationspolitik in Deutschland anprangern. Weber aber wird ganz laut “Haltet den Dieb” rufen in der Hoffnung, dass sich alle Medien Deutschlands reflexhaft auf die Äußerungen seines Vize stürzen werden.
Der Plan, so wissen wir heute, ist aufgegangen. Die 10,4 verschwundenen Bundesbank-Milliarden spielen in der öffentlichen Diskussion keine Rolle: Ganze zwei deutsche Zeitungen bringen eine kurze Meldung irgendwo im Finanzteil, rechte Spalte ganz unten. Alle anderen 1000 beschäftigen sich - wie Netzwerk Recherche hier schön zusammenfasst, wie geplant mit Sarrazins Interview in einer französischen Kulturzeitschrift, die niemand gelesen hat.
Die Große Koalition der Nationalen Verantwortung beschließt, der Bundesbank wie vereinbart alle Kontrollvollmachten über Banken und Börsen zu geben. Axel Weber steht am Fenster, schaut übers Land und reibt sich die Hände.
Na, hoffen wir mal, dass unser guter Sarrazin wenigstens eine ordentliche Abfindung von Herrn Weber kassiert ...
AntwortenLöschenes ist eigentlich verabredet, dass sich die wogen dann wieder legen und sarrazin im amt bleibt. beim nächsten mal wird er ja wieder benötigt!
AntwortenLöschenGenau so war das.
AntwortenLöschenVielleicht.
"...in einer französischen Kulturzeitschrift, die niemand gelesen hat."
AntwortenLöschen"Er gab der deutschen Ausgabe der vierteljährlich erscheinenden europäischen Intellektuellenzeitung "Lettre International" aus Berlin-Kreuzberg..."
http://www.spiegel.de/kultur/tv/0,1518,653874,00.html
naja: Lettre International ist eine von Antonin J. Liehm 1984 in Frankreich gegründete Kulturzeitschrift, sagt Wikipedia.
AntwortenLöschenauflage 16.500, sagt der verlag selbst.
ich weiß nicht, ob das reicht, von einem massenblatt zu sprechen.
Sehe ich nicht so:
AntwortenLöschenWie viele Staatsbanken haben völlig versagt, und die Versager, die in den Aufsichtsräten gesessen haben (Steinbrück) können den Menschen trotzdem vermitteln, dass es die bösen, bösen Trader waren?
Merke: Finanzbereich ist kompliziert. Die einzigen Leute, die bereit sind, dieses komplizierte System dem Handwerker von nebenan zu erklären, sind in Deutschland die Leute, die freudig in die Scheisse geritten sind.
Was wird dabei wohl rauskommen?
Die Auswürfe Herrn Sarrazins können aber auch mal Anlass sein, folgendes festzuhalten: Es ist immer noch besser, wenn Türken Kopftuchmädchen produzieren, als dass Frau Sarrazin Ackermännchen wirft.
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