Samstag, 5. September 2009

Von Taliban und Zivilisten


Zwei gestohlene Tanklaster, die nicht nur theoretisch als Bombe hätten benutzt werden können, aus der Luft unschädlich gemacht, und schon teufelt eine Generalversammlung deutscher Nahkampfspezialisten von einer "neuen Eskalationsstufe am Hindukusch" und davon, dass die Bunderegierung endlich das Wort Krieg in den Mund nehmen müsse. Deutsche Staatsanwälte, deren Ermittlungen der eigenen Findgeschwindigkeit bei Kinderpornos nicht mehr hinterherkommen, kündigen Ermittlungen an, ungediente Fernsehkommenatoren imaginieren eine Pflicht von Bomberpiloten, "Taliban" und "Zivilisten" vor dem Ausklinken ihrer Bomben unterscheiden zu müssen.

Mehr Unsinn wurde kaum je geschwatzt in einer Zeit, die wahrlich keinen Mangel an veröffentlichtem Unsinn leidet. Wären Taliban-Kämpfer auch außerhalb der Momente, in denen sie den Abzug durchziehen oder sich in die Luft sprengen, nicht Zivilisten, sondern reguläre Kombattanten in Uniform, gebunden in Befehlsketten und im Gefecht erkennbar als Gegner, stünden die Truppen des Westens in Afghanistan in einem Krieg.

Genau das aber tun die Taliban nicht. Sie sind weder eine Armee, noch sind ihre Kämpfer als Gegner erkennbar, noch halten ihre kämpfenden Einheiten sich sonst in irgendeiner Art an die Grundlagen der Haager Landkriegsordnung, nach der sich die bewaffneten Formationen der konkurrierenden Staaten des Abendlandes mehr als 100 Jahre lang abschlachteten. Kein Taliran trägt eine Schärpe mit der Aufschrift "Islamist", kein Mullah-Kommandant behängt sich mit Schulterklappen oder weißt sich an einer Straßensperre mit seinem Al-Kaida-Mitgliedsausweis aus.

Das ist für den, der gegen die Taliban kämpfen soll, nicht schön. Trifft er die Richtigen, wird es heißen, es seien die Falschen gewesen. Trifft er die Falschen ebenso. Bombardiert er gestohlene Tanklastwagen, ehe sie brennend in eine Schule, Kaserne oder in ein Rathaus gelenkt werden können, ist er ein Unhold, der harmlose Zivilisten ermordet. Lässt er die Tanklaster fahren und explodieren, ist er ein Besatzer, der nicht einmal die friedliebenden Zivilisten schützen kann, die seines Schutzes bedürfen.

Kompliziert ist das und weder vor Ort noch an einem fernen Schreibtisch korrekt aufzulösen, solange Teile der afghanischen Bevölkerung sich ein besseres Leben davon versprechen, unter den Steinzeit-Islamisten zu vegetieren. Dass deutsche Politiker den Eindruck erwecken, es sei anders, dass sie behaupten, es gebe außer Beharrlichkeit ein Mittel, den Krieg, der keiner ist, weil an Kriegen immer zwei Armeen beteiigt sein müssen, ohne Tod und Blut zu führen, erzählt mehr pber die, die da sprechen, als über die, über die angeblich gesprochen wird.

2 Kommentare:

  1. Das einzige, was mich erstaunt ist die Nachricht an sich.
    Wie konnte es sein, das diese bis nach Deutschland durchkam?
    Gibt es undichte Stellen bei dpa?

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  2. Die geheuchelte Empörung ist widerlich.

    Wenn jemand den Taliban dabei hilft, einen Bundeswehrtransport zu plündern, ist er kein "unbeteiligter, unschuldiger Zivilist".

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