Er ist - wenigstens glaubt er das von sich selbst - der letzte der großen Aufrechten, der Politik nicht für sich selbst betreibt, sondern weil er die Welt besser, gerechter und glücklicher machen will. Franz Müntefering, angesichts der verheerenden Umfrageergebnisse für seine Partei zunehmens zornig auf das Wahlvolk, scheint mittlerweile bereit, jeden meineid zu schwören und jede Beleidigung zu äußern, wenn ihm das für eine halbe Stunde zwei Zeilen im Videotext bringt.
Für Klimakanzlerin Merkel, so nörgelt der SPD-Chef, stehe nicht die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit an Nummer eins, sondern die eigene Karriere. Weil die CDU-Chefin das SPD-Versprechen, nach einem Wahlsieg schnell Vollbeschäftigung zu schaffen, gespreizt als "unredlich" bezeichnet hatte, ziehe er den Schluss: "Die große Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist ihr egal.“
Wie die Bundeskanzlerin interessiert sich allerdings natürlich auch Franz Müntefering in Wirklichkeit nicht für Arbeitslose oder für die "Schaffung von Arbeitsplätzen", sondern ausschließlich für Wählerstimmen, wie die unbestechliche Analyse der Google-Timeline zum Suchbegriff "Müntefering + Arbeitslose" verrät. Vor einem Jahr etwa hatte der Franz, der Wahlkampf kann wie kein andere, das Thema zum Beispiel völlig links liegenlassen. Auch längerfristig verraten die Kurven vor allem eins: Naht eine Wahl, schwatzt die Müntefering-Maschine über Arbeitsplätze, Gerechtigkeit und Soziales, ist der Wahltag überstanden, lässt der Eifer schlagartig nach.
„Frau Merkel hat von Anfang an eine Politik unter der Maßgabe gemacht: Was muss ich tun, damit ich Kanzlerin bleibe? Sie hat nicht zuerst gefragt: Was ist gut und nötig fürs Land?“, klagt der greise Parteikämpfer, der es ganz genauso hält: Ein Manager der Macht, der selbst sein Gewissen als Waffe im Kampf um den eigenen Vorteil einsetzen würde. Hätte er denn eins.
Ich glaube, das fragt sich niemand von den alten Politikerkameraden, was ist gut und richtig für unser Land. Aber gut, dass Münte das mal angesprochen hat, mit seinem schwieligen Finger auf der Arbeitslosenwunde.
AntwortenLöschenDieser Beitrag war aber kein Glanzstück!
AntwortenLöschenAbgesehen davon, dass ich die Argumentation teile, dass praktisch alle Politiker vor der Wahl versuchen möglichst oft in die Schlagzeilen zu kommen ist doch das Beispiel absolut verfehlt.
Wer die Karriere von Müntefering halbwegs verfolgt hat, hat auch die "Politik-Pause" nicht verpasst, die er im vergangenen Jahr eingelegt hatte, um seine Frau zu pflegen, die im Sterben lag.
Ihm also vorzuwerfen, er hätte sich letztes Jahr weniger zum Stichwort "arbeitslos" geäußert ist sehr schwer haltbar und schon fast unredlich.
Interessanter wäre die Frage gewesen, warum er sich in diesem Jahr weniger dazu äußerst, als 2005 bzw. 2006 (wenn man der Statistik glaubt).
A.B.