Vorbei die gute alte Zeit, als Kinder und Jugendliche Märchenbücher lasen und sich zur Entspannung zwischendurch einen Lollilutscher gönnten. Ihre Altersgenossen heute kennen nur noch "Kippen, Koma, Krankenhaus", wie die "Welt" flutschig zusammenfasst: Immer mehr Jugendliche tränken bis zum Umfallen und müssten wegen einer akuten Alkoholvergiftung stationär behandelt werden.
Die Zahl der Krankenhauseinweisungen habe sich seit 2002 auf mehr als 23.000 verdoppelt, schreibt die Gmünder Ersatzkasse in einer neuen Studie, der es gelingt, die im April von der Konkurrenz der Techniker Krankenkasse erfundenen Saufzahlen noch zu toppen.
Jungen, das ist nun wirklich für alle total erstaunlich, tränken dabei deutlich mehr und heftiger als gleichaltrige Mädchen. Von 10.000 Jungen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren wurden im vergangenen Jahr 54 mindestens einmal wegen Alkoholproblemen im Krankenhaus behandelt. Bei den Mädchen dieser Altergruppe waren es dagegen nur 37. Vor dem Verbot der beliebten Alcopops-Getränke, durch das der Alkoholkonsum der Jugendlichen eingeschränkt werden sollte, lagen die Zahlen nur halb so hoch.
So rätselt denn Eva Maria Bitzer, die Leiterin der GEK-Studie, auch nicht lange herum, warum die Jugend säuft. Alcopops gibt es nicht mehr, folglich müssen harten Drogen ran. Die Jugendlichen wollten vor allem Spaß haben und gut drauf sein, konnte das Forscherteam herausfinden. Bis dato war man davon ausgegangen, dass viele Jugendliche trinken, weil sie nur so Kopfschmerzen und ein frischbezogenes Krankenhausbett bekommen können.
Zum Glück steht Deutschland nicht allein. "Trinken bis zur Bewusstlosigkeit ist ein internationales Problem“, sagt Bitzer. Dabei gelte der Freundeskreis als ausschlaggebend: Je mehr Alkohol im Freundeskreis getrunken wird, desto mehr trinke der Einzelne. Und umgekehrt. Wahrscheinlich komme das daher, dass der Freundeskreis Einzelner oft sogar meist aus vielen Einzelnen bestehe. Hier unterschieden sich Mädchen auch nicht von den Jungen.
Auffällig ist dagegen, das Jungen umso mehr saufen, je höher ihr Taschengeld ist. Wahrscheinlich könnten Jugendliche mit Geld eher Alkohol kaufen als welche ohne. Mit Hilfe der ständig steigenden Kinderarmut, von der nach Erkenntnissen des DGB bereits jeder fünfte Jugendliche betroffen ist, sollte die Zahl der jugendlichen Alkoholkonsumenten eigentlich sinken. Doch das ist bisher nicht der Fall.
Einfache Lösungen gebe es nicht, sagen die Experten. „Riskantes Trinkverhalten ist ein komplexes Problem“, glaubt auch Eva Marian Bitzer. Es komme jetzt darauf an, "Aufklärung und Prävention“ richtig einzusetzen, meint GEK-Chef Rolf-Ulrich Schlenker. Eine bundesweite Aufklärungskampagne nach dem Vorbild der „Runter vom Gas“-Plakate könne dazu dienen, einige Millionen Euro aus den diversen Rettungspaketen der Bundesregierung völlig folgenlos zu verballern. „Das passt auch gut zum Thema Alkohol-Missbrauch.“ Wieder hereingeholt werden könne das Geld dann durch eine Verteuerung von Alkohol, die den Konsum bei Jugendlichen mit wenig Taschengeld automatisch senken würde.
Saufen könnten dann nur noch die Reichen, die aber würden an ihren gewohnten Edelschenken, den Tankstellen, bald auch nicht mehr bedient, wenn es nach Raphael Gaßmann von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen geht. Er fordert als Reaktion auf die Generation Koma ein nächtliches Verkaufsverbot von Alkohol an Tankstellen. Zwischen 22 und fünf Uhr werde Hochprozentiges überwiegend von Jugendlichen gekauft, die bereits angetrunken oder betrunken seien und keine Vorräte mehr hätten, sagte Gaßmann. Gäbe es keinen Alkohol mehr an der Tanke, würden sich die Jugendlichen wieder wie früher einen Lolli kaufen und auf eine "aktive Freizeitgestaltung mit viel Sport und Bewegung" umschalten.
Hab mich fast vor Lachen unter den Schreibtisch geschmissen.
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