Montag, 31. August 2009

Ein Lied für Angela

Was Angela Merkel nicht singen darf, kann Mike Kilian, früher Vorsitzender von Rockhaus und heute mit der Combo "Starfucker" als Mick Jagger unterwegs, allemal jodeln. "Angie, Angie", fragt der Berliner am Vorabend des Landtagswahldebakels der CDU, "when will those clouds all disappear?" Neben ihm quetscht ein Mann mit dem passenden Namen "Sorje" zu Herzen gehendes Gitarrengegreine aus den Saiten, während Kilian die Kanzlerin fragt "Angie, Angie, where will it lead us from here?"

Eine Antwort kommt nicht vom Publikum, das genau fühlt, dass da in Berlin "no loving in our souls" die Herzen wärmt und "no money in our coats" steckt, das nicht schon dreimal als Rettungspaket verpfändet ist. Mick Jagger wusste damals schon: "You can't say we're satisfied", aber "Angie, Angie, you can't say we never tried".

Ist es schon Zeit zu gehen? Wird Walter Steinmeier, für den einst das schöne deutsche Humpappa-Werk "Mein Gott, Walter" geschrieben worden zu sein scheint, recht behalten? Triumphiert die deutsche Sozialdemokratie in Rot über die deutsche Sozialdemokratie in Schwarz? "Angie", fleht Kilian als Aushilfsstone, immerhin rot beleuchtet, "you're beautiful", und ihm schwant still: "But ain't it time we said good-bye?"

Man weiß es nicht, ehe nicht alle Twitterer erschossen wurden und der Inhalt aller Wahlurnen unter Aufsicht internationaler Beobachtergruppen ausgezählt ist. Ja, ein Bekenntnis noch: "Angie, I still love you, remember all those nights we cried?" Als die Finanzkrise eine "rein amerikanische Angelegenheit war" etwa. Oder als Opel in die Knie ging, Arcanor zum Insolvenzrichter, die Landesbanken vor die Hunde. "All the dreams we held so close seemed to all go up in smoke", erinnert sich der Interpret der mächtigsten aller Stones-Schmonzetten an in Rauch aufgehende Imperien. Und er flüstert ins Kanzlerinnenohr, das die Kraft hat für dies und das, nicht aber die dazugehörige Internetadresse wirhabendiekraft.de, weil die CDU vergessen hat, die kraftvoll zu reservieren: "Angie, Angie, where will it lead us from here?"

Wer führt denn da? Und wen? Angie kann es nicht sein, denn die ist abgetaucht mit all der Traurigkeit in ihren Augen, für die hier ein A-Moll und ein D-Moll erklingen dürfen. Ist es schon Zeit zu gehen? "Ain't it time we said good-bye? Und wohin denn nur?

Kann nicht sein, darf nicht sein, da sind sich Jagger, Kilian, Bosbach und selbst der aus übriggebliebenen Peter-Hinze-Teilen luschig nachgebaute Pofalla einig: "There ain't a woman that comes close to you". Kennt man eine, kennt man alle, sagen sie in Radebeul, aber das ist nicht Merkels Wahlkreis, ist es nie gewesen. Noch einmal die sorgenvolle Gitarre. Noch einmal C und F und G. In Dur. Moll gibt es dann am Wahlabend nach 18 Uhr.

Ponojäger packt zusammen

Er war "der Garant für ein soziales Sachsen" und der Fürsprecher für eine zeitnahe Abschaltung des Grundgesetzes, sobald er selbst den Eindruck hatte, dass das Grundgesetz wichtige Verbesserungen für alle Menschen behindere. Thomas Jurk kämpfte auf seine Weise wie ein Löwe für die sächsische Sozialdemokratie, er ging selbst mit der Polizeikelle auf Raserjagd, er fälschte dummdreist Chat-Protokolle im Internet und er ließ öffentlich wissen "selbstverständlich bin ich nicht gegen die Abschaffung der Verfassung".

Soviel Charakter ist selten in der großen Politik, aber als Chef der sächsischen Sozialdemokratie, einer Splitterpartei auf Augenhöhe mit der Westerwelle-SPD, gehörte der selbsternannte "Ponojäger" (im Original) Thomas Jurk zu dieser ja auch schon lange nicht mehr. Keine 24 Stunden nach dem von Walter Steinmeier mutig als "erfolgreicher Start" zur großen Aufholjagd gedeuteten SPD-Wahldebakel in Sachsen hat Jurk, der in absurd krummem Deutsch immer wieder vergebens bekundet hatte, "weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft hat bzw. wird die SPD oder ich den Boden der Verfassung verlassen" den Landesvorsitz der SPD aufgegeben. Deutschlands Provinzpolitik verliert mit ihm einen Mann, der als Unterhaltungskünstler noch viel Gutes hätte leisten können.

Wenn Wähler zuviel wissen

Was Wiefelspütz schon immer weiß, soll das Wahlvolk nicht wissen dürfen. Traditionell bekommen die politischen Parteien, die den Demoskopen durch ihr Vorhandensein die Jobs sichern, an Wahltagen schon Stunden vor Schließung der Wahllokale Zahlenmaterial geliefert, das die späteren Endergebnissen vorwegnimmt. Die Parteien halten das allerdings für ein Privileg, das nur ihnen zukommt: Nachdem bei den Landtagswahlen eineinhalb Stunden vor Schließung der Wahllokale über Twitter erste Prognosen der Ergebnisse veröffentlicht wurde, ist das große Gekeuche darüber ausgebrochen, wie künftig verhindert werden könne, das alle soviel wissen wie die selbsternannte "politische Klasse".

Deren Spitzenvertreter Dieter Wiefelspütz, SPD-Trallafitti- und Internetexperte, fordert jedenfalls vorsichtshalber erstmal "ein konsequentes Vorgehen" gegen die Vorabverbreitung von Wahlprognosen im Internet. „Die gesetzlichen Möglichkeiten müssen voll ausgeschöpft werden, das ist schlicht und einfach eine Sauerei“, sagte Wiefelspütz, dem trotz abgeschlossenen Jurastudiums bekannt sein dürfte, dass es in Deutschland ein Verbot gibt, Wahlergebnisse zu veröffentlichen, so lange die Wahllokale geöffnet sind, ein solches Verbot für die Veröffentlichung von Wahlprognosen, die auf Umfragen vor Wahllokalen beruhen, aber bislang noch nicht gilt.

Wiefelspütz, ein großer Freund von möglichst vielen Verboten, will wegen dieses bestehenden Mangels deshalb über ein Verbot von Wählerbefragungen am Wahltag nachdenken. „Wir müssen sehen, ob die jetzigen Abläufe so korrekt sind“, weiß er sich mit seinem Genossen aus der Nationalen Front, Wolfgang Bosbach, einig: Der sieht einen "Schaden für die Demokratie", wenn Wähler soviel wissen wie zu Wählende.

Höchstens zwei Tage wird es dauern, bis erste Stimmen ein Twitterverbot an Wahltagen fordern und anregen werden, Wähler nach Stimmabgabe bis zur Schließung der Wahllokale in speziellen Sammellagern ohne Netzzugang und Zutrittsmöglichkeit für studentische Befragungsteams zu internieren. Nach der Bundestagswahl, die erneut vorab vertwittert werden wird, weil die offizielle PPQ-Prognose (Teilnahme am Poll oben rechts!!!) noch vor Schließung der Wahllokale live ins Netz gestellt wird, kommt dann sicher der Vorschlag einer chirurgischen Lösung: Wer wählen war, kriegt am Ausgang den Mund zugenäht und das Handy abgenommen, ausgenommen, er kann sich als Vorstandsmitglied oder parlamentarischer Vertreter einer Volkspartei ausweisen. Da wird es dann aber auch eng für Trallafitti-Dieter.

Rufmord im Regenschatten

Wieder ist die EU schuld: Obwohl jedes Schulkind weiß, dass Halle nicht nur an der Saale, sondern auch im Regenschatten des Harzes liegt, behauptete eine Studie der EU im vergangenen Jahr, dass Halle zu den regnerischsten Städten Europas gehört. Angeblich hat es nach Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat im Jahr 2004 in Halle an 266 Tagen geregnet, womit die Stadt noch vor dem schottischen Glasgow auf Platz 1 der regenreichsten europäischen Klein-Metropolen liegt.

Diese Statistik kann natürlich nur falsch sein, weil Sachsen-Anhalt beispielsweise im Sommer 2009 mit nur 161 l/m² Niederschlag das regenärmste Bundesland überhaupt war. Die Sonne schien im Durchschnitt 650 Stunden. Das nur 65 Kilometer entfernte Atzendorf bei Magdeburg,hält den Regenminusrekord im langfristigen Mittel: Nur 399 Millimeter Niederschlag fallen hier pro Jahr, deutlich weniger als in Tunis, Casablanca oder Ankara.

Und doch muss Halle nun wieder um seinen Ruf als semi-aride Gegend kämpfen. Ein übler Werbespot des Autovermieters Sixt greift die EU-Falschmeldungen von vor fünf Jahren auf und pflegt das Märchen von der regenreichsten Stadt Europas: Der tapfere Ex-NVA-Pilot Sandro Wolf allein, der Silberjodidraketen in die Haufenwolken über Mitteldeutschland schicke, so die dreiste Behauptung, habe Halle zuletzt nach Jahrzehnten Dauerregens ein paar sonnige Tage beschert.

Sympathisch allein im Film sind die ausnahmsweise mal ganz klischeefrei gezeigten Ureinwohner, die unbefangen und selbstbewusst über ihre Sicht auf die Wetterdinge plaudern: Eien Werbung für die Region, für die Sixt zu danken ist.

Sonntag, 30. August 2009

"Schallende Niederlage"

Kaum hochgerechnet, schon schwatzt die Bundessonnenbeauftragte Claudia Roth den totalen Triumph einer "Politikwende" herbei. Eine "schallende Niederlage" habe die CDU erlitten, im Gegensatz dazu feiere Grün einen "guten grünen Abend". Mit vorläufig zu vermutenden 5,7 Prozent im Saarland, 6,1 Prozent in Sachsen und 5,7 Prozent in Thüringen steht Claudia Roth ja auch kurz vor der alleinigen Machtübernahme.

Siegestaumel auch bei der SPD, die weniger verloren hat als vorher vermutet und aus diesem Umstand nun "Optimismus für den Endspurt bis zur Bundestagswahl" ziehen will. Walter Steinmeier, die Schnee-Eule der deutschen Sozialdemokratie, weiß, dass "die Bundestagswahl noch lange nicht entschieden ist". Mit 9,9 Prozent hat die SPD in Sachsen schon beinahe halb soviele Stimmen geholt wie die Linke, auch in Thüringen reicht es fast zur zweitstärksten Kraft: Wie Claudia Roth steht Walter Steinmeier unmittelbar vor der absoluten Mehrheit, ein Wahlgewinner wie alle anderen.

Denn auch die FDP ist nach nach Ansicht ihres Vorsitzenden Westerwelle der "eigentliche Wahlsieger", knapp vor der NPD in Sachsen, die als allereigentlichster Wahlsieger Freude bekundet, zum ersten Mal nicht sofort wieder aus einem Landesparlament herausgeflogen zu sein. Die CDU ist Wahlgewinner, weil das Ergebnis in Sachsen stabil blieb und es in Thüringen mit der Linken zusammen sogar zur absoluten Mehrheit reichen würde. Mehr Sieg war nie inmitten einer "schallenden Niederlage".

Wahlfahrt im wilden Osten: Klischee olé!

Sie kamen, sahen und setzten sich in einem alten Bauwagen auf den Marktplatz. Jetzt hat das mobile Journalistenbüro, das Mitte August Station in Halle gemacht hatte, wegweisende Arbeitsproben aus der Saalestadt veröffentlicht. Beim ehemaligen Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" geht Wahl-Fahrerin Ulrike Linzer ans Eingemacht: "In Halle erwarten die Bewohner nicht mehr viel von der Politik", kabelt sie nach Hamburg, "Häuser verfallen, vergeblich sucht man öffentliche Parks oder Spielplätze." Schlimm: Die Stadtverwaltung hatte es verabsäumt, Stadtpark oder wenigstens die grüne Peißnitzinsel oder den Stadtwald Heide zum mobilen Reportagebüro auf dem kahlen Markt zu bringen.

Nur Ruinen, die wurden reichlich zur Verfügung gestellt. Klischee olé! "Wie eine Geisterstadt wirkt der Hallenser Stadtteil Glaucha am Sonntagnachmittag", schreibt Linzer, und meint sicherlich den halleschen Stadtteil Glaucha. Aber wozu exakt, wenn es auch stimmungsvoll geht: "Tauben gurren hinter zugemauerten Türen und Fenstern. Auf der Straße liegt Müll, in vielen Hausfluren verrotten alte Möbel, aus den Briefkästen quellen Werbebroschüren. Passanten gibt es nicht. Nur eine Frau steht auf der Straße in der Sonne und raucht."

Diese Frau, man kennt den Kunstgriff bei erfundenen literarischen Figuren, wird, so ahnt man schon, ihren namen "lieber nicht" nennen wollen. Jawohl, willkommen im Reportageland! Alles hier ist echt und erfunden zugleich! "Susanne M. ist 1995 von München nach Halle gezogen", hat sich Ulrike Linzer so gedacht, "Sie will ihren Nachnamen nicht nennen, wegen der Nachbarn". Das leuchtet ein, denn in Glaucha, wo es "keine Passanten" (Linzer) gibt, würde kein Nachbar sie so erkennen: 45 Jahre alt, Susanne mit Vornamen, Nachname fängt mit M an, "lebt hier seit zehn Jahren", verrät die Reporterin noch, ehe sie zum großen Ganzen kommt.

Ein Blick in den Vorhof der Wahlfahrt-Hölle: "Familien und Studenten wohnten hier, aber auch Prostituierte und Zuhälterpack - in Gründerzeitgebäuden, Hochhäusern und Plattenbauten. Der Stadtteil Glaucha gilt als Problemfall, 30 Prozent der Häuser stehen leer, viele müssen saniert werden."

Eine Reise in die Nacht mit Susanne M. als Reiseführerin. Die Münchnerin, von der unklar bleibt, weshalb sie nach hlle gezogen ist, führt nun durch das Treppenhaus, "zeigt auf Risse in den Mauern, die mit jedem Stockwerk größer werden. An der Tür zum Innenhof hat jemand Schilder angebracht: "Achtung Lebensgefahr". Seit zehn Jahren steht das Nachbarhaus leer, es wurde nichts mehr daran gemacht. Geröll von nebenan liegt im Hof."

"Das ist doch kein Zustand", sagt Susanne M., "aber die Stadt macht ja hier nichts, die ist doch selber pleite." Früher nannte der Volksmund Halle die "Diva in Grau", vor allem die chemische Industrie hatte sich hier angesiedelt. Doch seit der Wende sind 70.000 Menschen weggezogen. Niemand habe wirklich Interesse, sagt Susanne M., "oder Visionen, wie es weitergehen kann." Sie gibt der Linken ihre Stimme: "Ich bin Protestwählerin."

Wie sie fühlen sich viele in Halle von der Politik allein gelassen, schlußfolgert die Autorin, ehe sie anhebt, T-Shirts zu beschreiben, die mit "Blumenerde bekleckert" sind, und die zarten Pflänzchen bürgerschaftlichen Engagements zu loben, die im ausgebombten Viertel arglos sprießen.

Böhser Peter

So schön hoch quirlten die überregionalen Qualitätsmedien die Wellen der Empörung vor zwei Jahren, als eine Theatergruppe im Städtchen Halberstadt von ein paar Haar- und Hirnlosen verprügelt wurde. Blitzschnell konnte anhand von Werbeflyern für das Konzert einer Böhse-Onkelz-Tribute-Band, ausgelegt im örtlichen Polizeirevier, nachgewiesen werden, dass Halberstadt und der Vorharz im Ganzen rechtsextremistisch befreite Zonen sind: Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen die auf den Spuren der Onkelz rockende Band, Fördermittel "gegen rechts" (Angela Merkel) wurden in Schubkarren in den Vorharz geschoben.

Peter Maffay hätte das alles wissen können. Und dennoch hat der Tabalugarocker ("Und es war Sommer") jetzt Kontakte zum Onkelz-Sänger Stephan Weidner eingeräumt: In der von Edmund Hartsch, dem Autoren der Onkelz-Biografie "Danke für nichts" geschriebenen Maffay-Lebensgeschichte "Auf dem Weg zu mir" gesteht der frühere Schlagersänger und spätere Lederrocker, dass er Weidner im Jahr 2004 besucht und "eine Flasche Wein auf der Terasse" mit ihm getrunken habe. Stephan begann danach, Maffay den Song "Früher, später" zu schreiben, der im Januar 2005 auf dem Album "Laut und Leise" erschien - im Booklet wird der Verfasser als "WASF" getarnt ausgewiesen - ein Pseudonym für "Weidnerische Aphorismen und Sonettenfabrikatur".

Ob Maffays Kollaboration mit dem Onkelz-Kopf, der sich nach Ansicht führender Rockmagazine wie "Der Spiegel" nie ausreichend deutlich und jeden Tag neu von frühen Werken wie "Der nette Mann" distanziert haben soll, ein Fall für die Staatsanwaltschaft, die Rockmoralaufsicht oder für eine verstärkte finanzielle Förderung der Rockszene am Tegernsee sein wird, ist noch unklar. Fest hingegen steht, dass die nächste Onkelz-Tribute-Nacht am 13. November in Halle stattfindet: Als Peter Maffay treten Circles End auf, als Böhse Onkelz kommen Mandados del Cielo.

Samstag, 29. August 2009

Jugend ohne Alter und Leben ohne Tod

Einstemals wurde einem Schäfer und seiner Frau ein Sohn geboren. Bei seiner Geburt schon weissagen ihm die Feen, dass er ein besonders tapferer und mutiger Recke werden werde: Was andere in einem Jahr begreifen, lerne er in einem Monat! Doch müssten seine Eltern auch bittere Tränen um ihn weinen, weil der Kleine nur weint.

Ratlos, was zu tun ist, versprechen sie ihm dieses und jenes. Eine kleine Flöte. Ein Band aus Sonnenstrahlen. Doch der Kleine ist unzufrieden. Er weint weiter. "Nun gut", beschließt der Vater, "dann schenke ich Dir immerwährende Jugend, Jugend ohne Alter und Leben ohne Tod." Darauf erst hört der Kleine auf zu weinen und schläft friedlich ein.

Als Gregor Gysi ein kleiner Junge war, lief der Defa-Film "Das Schloss hinter dem regenbogen" immer mal im DDR-Fernsehen. Auf der Suche nach einem Wahlslogan, der noch einen draufsetzt auf Klassiker wie "Wohlstand für alle" und aktuelles Konkurrentengebrabbel wie "Wir haben die Kraft, stark zu sein" fiel dem Linken-Chef also irgendwann die Geschichte vom wackeren Recken und dem übergroßen Versprechen ein. Genauso etwas Großes wollte Gysi seinem Volk auch versprechen, auf dass es ihn und seine Partei wähle.

"Reichtum für alle" ist dabei herausgekommen, Reichtum, definiert als Überfluss. Gewinnt die Linke das Bundeskanzleramt, erhält jeder Einwohner genug Geld, um bis ans Ende seiner Tage sorgenfrei leben und sich all die kleinen Wünsche nach Eigentumswohnung, LCD-Fernseher, iPod, iPhone und Airbook ohne großes nachdenken erfüllen zu können. Das stärkt die Kaufkraft im Lande und hellt die Stimmung auf. Dazu kommt der Zwangsaudi für jede deutsche Familie, inklusive Pflicht-Mini für Mutti als Zweitwagen, "damit Gerechtigkeit im Lande herrscht" (Gregor Gysi). Gold- und Diamantenschmuck, riesige Aktienpakete und vergoldete Wasserhähne sollen ab 1. Oktober aus Hubschraubern über den Innenstädten abgeworfen werden.

Untergebracht werden soll die neue einheitliche Millionärsklasse in kleinen Schlössern mit großen Auffahrten, von denen nur noch nicht sicher ist, wer sie bauen soll, weil Gysi als alter Internationalist mit "Reichtum für alle" eigentlich ja Reichtum für alle alle, also für die ganze Welt von Micronesien bis Murmansk meint.

Im Märchen stellt der Recke, eben groß genug geworden, die Einlösung des Versprechens von seinem Vater zu fordern, plötzlich fest, dass der gar nicht liefern kann und auch nie liefern wollte. Er habe doch gedacht, sagt der alte Mann, dass der Sohn das Versprechen längst vergessen haben werde, wenn es Zeit sei, es einzulösen. Der Jüngling hat natürlich nichts schriftlich, der Vater, ein kleingewachsener Glatzkopf mit Brille, tut ihm auch ein bisschen leid. So ist er tapfer und weint nicht, obwohl ihm gerade wieder ganz danach ist.

The Devils Rejects

Da sind sie wieder, die one and only Ritters, die coolsten Untermenschen in Deutschland in den Grenzen von 2009. Wer erinnert sich nicht noch gern an die schrecklich nette Familie, die schon zwei mal für Stille im Studio des "Gefälligkeitsjournalisten" (Uli Hoeness) Günther Jauch sorgte. Gerade mal zwei Jahre nach der letzten Bestandsaufnahme im Bodensatz der Modern haben sich erneut Investigativarbeiter in die Köthener Angerstrasse vorgewagt, um nach den Rechten zu sehen.

Und dieses Mal nahm die Reichsrutengängerin und amtierende Ministerin für Volksaufklaerung, Zensur und Propaganda, Zensursula, live im studio dazu Flakstellung: "Kriminelle Karrieren - Was wurde aus den Kindern von Köthen?", schauderte es schon vorab. Nichts Gutes, so hofft man bang: Schon als Kinder waren die Angehörigen des Ritter-Clans nicht nur strunzblöd, sondern auch kriminell. 1994 berichtete "Stern TV" erstmals zum Erschaudern der Restrepublik von der Parallelwelt aus Gammel, Grausamkeit und Inzucht, in dem der damals neunjährige Norman und seine Brüder aufwuchsen. Angestachelt von gewalttätigen Erwachsenen hatten die Jungen gerade die Wohnung einer Nachbarin mit Axt und Baseballschläger verwüstet.

Im Herbst 2007 traf Stern TV die Kinder von damals dann zum ersten Mal wieder. Alle waren inzwischen erwachsen, vorbestraft und hausten noch immer in der Obdachlosenunterkunft von damals. Auch ihre Mutter, die dem Filmemacher Rob Zombie als Vorbild für sein Epos "The Devils Rejects" diente, war noch dort, dazu die Schwestern und deren neun kleine Kinder, die zünftig inmitten von Drogenmissbrauch, Alkohol, Dreck und Gerümpel aufwachsen.

Das zuständige Jugendamt reagierte, das Gericht nahm sich der Sache an. Von Kindswohlgefährdung war die Rede, Rufe nach Zwangsumsiedlung und Familienhilfe wurden laut. Doch es sollte noch fast zwei Jahre dauern, bis im Frühjahr 2009 etwas geschah - immerhin nur 15 Jahre nach den ersten Bildschirmauftritten der Familie Firefly aus Anhalt.

Freitag, 28. August 2009

Quotenkiller

Angela Merkel will keinen Wahlkampf, Frank-Walter Steinmeier kann keinen Wahlkampf.

Dienstag, 25. August 2009

Ja, nee, is klar

Das amtliche deutsche Verlautbarungsorgan dpa versendet derzeit im Mittelteil eines Textes mit der bahnbrechenden Überschrift "Krise drückt Staatskassen tief ins Minus" folgende Wahnwitzigkeit: "Insbesondere die Steuereinnahmen fielen deutlich niedriger aus als vor einem Jahr. Dagegen musste der Staat Ausgaben für Sozialleistungen und Subventionen deutlich erhöhen."

Dumme Angewohnheit

Schon vor 23 000 Jahren hat die Menschheit die Meere stellenweise fast leergefischt.

Sonntag, 23. August 2009

Ideen zur Friedensstiftung

Help! ? ermutige ? Euro-Politiker,
Sei stets pantheistischer Friedensstifter,
Alleine ? für Menschlichkeit ? wenig ist ? CAN,
In ? WIR ? ist Gottes-Energie ? ewig Zen!

Wir leben nicht in Wölfen-Rudern,
Wir sind ? keine Bush-Ismus-Bruder,
Er brachte ? der Welt ? schwere Bürde,
Nahm uns Freiheit und Menschenwürde!

00

Sieben magere Jahre ? nach jener Zeit!
Was brachte ? für Menschheit ? US-Terrorjagd?
Wir erkennen die Welt nicht mehr wieder,
Vergleiche New York ? Afghanistan-Bilder!

Nachlied MMIX.IX.XI.

Bittet Dalai Lama ? ob er annehme,
Soll Bin Laden treffen ? auf schnellstem Wege,
Setzt euch zusammen ? an einen kleinen Tisch,
Ideen zur Friedensstiftung ? was i stets vermiß!

Von wem anderen als Buda-Bertalan Weisenstein-Neumann konnten uns diese fulminanten Zeilen ins Postfach krachen? Eben, höchstens noch von Rolf Hochhuth.

Fußball neuerdings mit Toren

Vorbei die Tage, als hier allenfalls mal die Seitenwahl gewonnen wurde. Vorbei auch die Tage, als Siege standardmäßig 1:0 erledigt wurden. Der neue HFC, im Jahr nach dem Beinahe-Aufstieg in die dritte Liga um einen wackligen Innenverteidiger und einen stürmischen Linksaußen ergänzt, macht seit Saisonbeginn alles anders als im Sparjahr zuvor: Damals wurde wenig Tore geschossen und noch viel weniger kassiert, ein Erfolgsrezept, dass auf den Rängen Zufriedenheit, aber nur selten Euphorie auslöste. Ihre Spannung bezogen die Heimauftritte der Mannschaft von Sven Köhler stets nur aus der Frage, ob die 1:0-Führung sich bis hinter den Schlußpfiff zittern lassen würde, oder ob der Gegner es doch schafft, den Ausgleich zu erzielen.

Neues Jahr, neues Glück. Mit den beiden Zugängen Moyaya und Sieber steht der Club offensiver - die Betonabwehr des Vorjahres ist ein Sieb geworden, das nach vorn viel Wind macht, hinten aber auch viel zulässt. Beim ersten Heimauftritt gegen Goslar gelangen so drei Tore, hinten stand die Null, das aber auch nur, weil Goslar keine Stürmer mitgebracht hatte.

Gegen Hertha II, gegen die im vergangenen Jahr nicht gewonnen werden konnte, legen die diesmal mit Ronny Hebestreit von Anfang an spielenden Rot-Weißen los wie die Feuerwehr: Nach sieben Minuten schon hätte es 2:0 stehen können. Sturmtank Neubert aber, neuerdings in Sprechchören als "Fußballgott" gefeiert, hämmert in die Wolken.

So bleibt es Pavel David, dem Dauertorschützen der letzten Spiele, vorbehalten, das 1:0 zu machen, Nico Kanitz, zuletzt schwächelnder Kapitän, legt in der 27. Minute per Freistoß zum 2:0 nach.

Spiel erledigt, Gegner tot, Punkte sicher, denn auch danach hat der minutenlang wie entfesselt spielende Gastgeber Chancen im halben Dutzend.

Aber Kanitz versemmelt freistehend, Hebestreit verstolpert, Neubert sowieso.

Und nach der Pausenwurst legt Hertha mit dem eingewechselten Torunarigha einen anderen Gang ein. Die wacklige Innenverteidigung der Hallenser ist jetzt ein Pudding, Rechtsaußen Benes, letzte Saison auf links noch eine Bank, fürchtet jede Auseinandersetzung mit einem Gegenspieler und lässt Torunarigha zum Anschlußtreffer einschieben. Lachheb, eigentlich der Turm in jeder Abwehr, macht es dann richtig spannend: Er reißt den Hertha-Torschützen im Strafraum um, Hoeneß macht den Ausgleich.

Alles wie letztes Jahr, als eine 2:0-Führung gegen die Berliner nicht reichte, die Tabellenführung und damit der Aufstieg verspielt wurde.

Nur nicht ganz. Trainer Köhler nimmt Rene Stark raus und bringt den defensiveren Schubert, dann muss Neubert gehen und Müller kommt, schließlich darf auch noch David, um Platz für den Neueinkauf Hauck zu machen.

Drei Wechsel, die das Spiel nocheinmal zurückschaukeln lassen. Schubert macht die Mitte dicht, Hauck erläuft einen weiten Schlag aus der Abwehr, drängt Hebestreit, den bis dahin besten Hallenser, beiseite und flankt nach innen auf Müller, der den Ball in der Luft stehend mit dem Schienbein in Richtung Tor umlenkt. 3:2, immer noch verdient, trotz des Leistungslochs in der Mitte. Herthas Bemühungen um den nochmaligen Ausgleich verpuffen an der Lattenunterkante und Torwart Horvath, auch Halle lässt noch ein viertel Dutzend Chancen aus.

Der Preis ist heiß, das Wagnis hoch, der Jubel groß: Letztes Jahr hatte der HFC nach drei Spieltagen ein Tor kassiert, diesmal sind es schon drei, letztes Jahr aber hatten sie erst zwei Treffer erzielt, diesmal schon sieben. Genausoviele Punkte haben sie auch, zwei mehr als in der Vorsaison. Das reicht derzeit für Platz 2 in der Tabelle. Sowieso der Stammplatz des Vereins.

Geschäftsideen, die wir auch gern gehabt hätten

Als mittelständisches Kriseninterventionboard in der vordersten Rettungspaketfront sind wir immer auf der Suche nach "pfiffigen" (Egon Krenz) Geschäftsideen, die dem Einzelnen und mit ihm der gesamten Gesellschaft den Weg aus der "größten Krise seit 1929" (Franz Müntefering) ebnen können. Allzuoft noch fehlt es an mutigen Produktinnovationen, lassen sich deutsche Entrepeneure von chinesischen Kopisten die Butter vom gefälschten Markenbrot nehmen.

Umso schöner, wenn unsere Ideen-Expeditionen mitten in der alten Thüringer Kaiserpfalz einen Mann treffen, der klimaneutrale Kühlprodukte einer völlig neuen Generation anbietet: Weil Speiseeis durch die unvermeintliche Kühlung Regenwälder zerstört, über die langen Transportwege tonnenweise CO2 hinterlässt und aufgrund der Fast-Monopolisierung der Eismärkte vom kleinen Kioskmann am Ende der Kühlkette auch noch mit sehr geringen Margen vertrieben werden muss, setzt der Mann neuerdings auf leckeres Original-Leitungswasser, das allein durch den ohnehin vorhandenen Schatten gekühlt wird. An heißen Tagen eine willkommene Erfrischung - und magenschonend zudem.

Allein im Flugzeug

Wie immer war es völlig korrekt, dass sich Bundesdienstwagenministerin Ulla Schmidt am 26. April von der Flugbereitschaft fliegen ließ. Die ehemalige Anhägerin der Weltrevolution musste von Aachen schnell nach München – also fuhr sie mit dem berühmten Dienstwagen 40 Kilometer nach Maastricht und ließ sie sich dann von dort mit einer Challenger nach München bringen - als einziger Passagier.

Die 16-sitzige Challenger war aus Köln-Wahn gekommen, 95 Kilometer von Aachen entfernt, aber zu weit für Ulla Schmidt, um dorthin zu fahren. Je nachdem, wie die weitere Diskussion läuft, wird die Gesundheitsexpertin des Steinmeierschen Konsequenz-Teams die Kosten von über 2000 Euro entweder als Dienstflug verbuchen oder behaupten, die Strecke schon immer privat geflogen zu sein.

Samstag, 22. August 2009

Im Nacken der Volksparteien

Zahlen, die nach Rettungspaket klingen: 27 Millionen macht die deutsche Sozialdemokratie in diesem Jahr locker, um Frank Steinmeier auf den kanzlerstuhl zu hieven, 20 Millionen fremdes Geld spendiert die CDU, um die große Koalition der Entscheidungsverschieber mit dem alten oder einem neuen Koalitionspartner fortzusetzen. Seit überall geschrieben wurde, dass Barack Obama irgendwie "über das Internet" in die Wahlschlacht zog und die Piratenpartei in Online-Umfragen die absolute Mehrheit anvisiert, geht das Augenmerk der beiden großen Volksparteien dabei vom geschmackvollen Laternenpfahlplaket immer mehr in Richtung virtuller Wahlkampf. Über Homepages und Twitter, soziale Netzwerke und Google-Banner mobilisieren die Schwarzen, Roten, Gelben und Grünen Menschenmassen, mit modernen Zensurgesetzen und phantasievollen Sperrschildern soll die Generation Web zur Wahlurne gelockt werden.

Ein Rezept, das zusehends ankommt: Bereits heute lockt die Homepage der SPD nach einer Analyse vonMeedia rund 58.000 Besucher monatlich an, auch die Gründen und die CDU fanden auf und gruene.de im Juli jeweils mehr als 40.000 Menschen, die es sich einen kostenlosen Klick kosten ließen, nach neuen christdemokratischen und grünen Rezepten für die Krise zu schauen.

Dicht hinter Linken, Liberalen und Neonazis folgt nach den Daten des Google Ad Planers (Meedia-Grafik oben, Hervorhebungen PPQ) dann allerdings mit politplatschquatsch.com schon eine bislang weitgehend unterschätzte politische Kraft, die Gutes tut und Böses schafft: 28.000 Besucher im Juli reichen hinter den etablierten Wahlkämpfer zu einem so keineswegs von allen erwarteten Platz 8. Die Zulassung zum großen Wahlakt war unserem kleinen Politik-Begleit-Board im Frühjahr noch wegen "mutmaßlich schwammiger Staatsziele" und "magelndem staatsbürgerlichen Fleiß" verweigert worden, nachdem Vorstand und Generalsekretär von PPQ.be es einhellig abgelehnt hatten, sich mit einer gemeinsamen Einheitsliste und eigenen "Visionen" (Walter Steinmeier) an der Europawahl zu beteiligen.

Versuchs doch mit Visionen

Die einen haben Pläne, die anderen versuchen es mit Visionen wie Walter Steinmeier, der kommende sozialdemokratische Bundeskanzler. Seinen mythenumwobenen Deutschland-Plan, der bis irgendwann Vollbeschäftigung, gutes Wetter, Klasse-Laune und Sonnenenenergie für alle bringen wird, hat sich der im Nebenberuf als Schneeeule tätige Spitzenkandidat der deutschen Sozialdemokratie im thüringischen Flecken Artern mixen lassen: In der hiesigen "Visionsbar" gibt es kleine Räusche schon ab vier Euro, länger anhaltende Einbildungen, die nach Besucherinformationen "fast wie echt" wirken, erhalten Kunden nach Anmeldung zu Preisen ab 99 Euro.

Donnerstag, 20. August 2009

Fremde Federn

"Darf man Marx wirklich von den Folgen, die andere aus seiner Theorie ableiteten, entlasten? Kam das Übel tatsächlich erst mit Stalin in die Welt, wie die stete Rede vom "Stalinismus" als Inbegriff kommunistischer Willkürherrschaft suggeriert? Was wollte Marx eigentlich, und sollte man das wollen?"
Fragen, die Barbara Zehnpfennig in der "Welt" zu beantworten sucht.

Der Himmel über Halle XI



Warum fällt aus diesem Himmel kein Meister? Die neuen Bilder aus der deutschen Himmels-Hauptstadt Halle werfen zwingend die Frage auf, wieso in Halle soviel schief läuft.
Mehr Himmel in unserer Datenbank.

Am Kragen der Killerkerze

Eben noch geheimer Klimakiller, nun auch noch krebserregender Mörder der Romatik von Liebespaaren bei Kerzenlicht und Rotwein: Handelsübliche Kerzen auf Paraffinbasis, so haben amerikanische Kerzenforscher herausgefunden, stellen nicht nur eine Gefahr für das weltklima, sondern auch eine für die Gesundheit dar. Zumindest wer in geschlossenen Räumen ohne ausreichende Belüftung wiederholt größere Mengen an Kerzen entzündet, setzt sich damit einer Reihe schädlicher Substanzen aus, die mit dem verbrennenden Wachs in die Luft freigesetzt werden, hieß es auf der Jahrestagung der "American Chemical Society" in Washington.

. "Wer über Jahre hinweg täglich eine Vielzahl von Paraffinkerzen anzündet", erläuterte Amid Hamidi von der South Carolina State University, "könnte Probleme bekommen." Gemeinsam mit Ruhullah Massoudi hatte Hamidi die Emissionen herkömmlicher Kerzen über fünf bis sechs Stunden gesammelt und dann analysiert. Paraffinkerzen produzieren eine ganze Reihe bedenklicher Stoffe, darunter Kohlenwasserstoffe wie Benzol und Toluol, stellten sie dabei fest. Idealerweise würde eine Kerze zu Wasser und Kohlendioxid abbrennen, was vollkommen harmlos wäre. Eine Kerzenflamme erreicht jedoch nicht die dazu notwendigen Temperaturen, so dass bei der Verbrennung eben auch ungesunde Substanzen freigesetzt werden.

Solche gesundheitsgefährdenden Emissionen können ein möglicher Auslöser für viele Beschwerden sein, einige davon vielleicht sogar unbemerkt. So könnten etwa manche Menschen, die glauben, an einer Allergie oder Atemwegsproblemen zu leiden, in Wirklichkeit auf luftverschmutzende Stoffe aus brennenden Kerzen reagieren, halten Hamidi und Massoudi für möglich. Die neuen Erkennisse der Forscher verstärken bereits angelaufene Bestrebungen der Bundesregierung, mögliche gesundheits- und klimaschädliche Effekte des Abbrennens von Kerzen durch ein Komplettverbot einzudämmen.

Widerstand mit der Wachskerze

"Zuerst holten sie die Glühbirnen; ich schwieg, denn ich hatte keine Glühbirnen. Dann holten sie die Taschenlampen; ich schwieg, denn ich hatte große Fenster. Dann holten sie die Halogenfluter von den Baustellen; ich schwieg, denn ich baute nicht. Danach holten sie die Kerzen; ich schwieg, denn ich war nicht verliebt. Schließlich aber mauerten sie meine Fenster zu, weil zugemauerte Fenster bessere Wärmedämmungseigenschaften haben. Und da war keiner mehr, der mit mir für meine Fenster hätte kämpfen können", dichtet ein Mitglied des autonomen Glühlampenuntergrunds in einem Internet-Board, zu dem nur Zugang erhält, wer die Seriennummer einer 1992er 40-Watt-Birne korrekt in ein Webformular eintippen kann.

Hierher haben sie sich zurückgezogen, die letzten Unterbelichteten, die eine Technologie von vorgestern für bewahrenswert halten, nur weil sie ihren Augen schmeichelt. Hier tauschen sie Glühfäden und bunte Birnen, hier jammern sie über die Pläne von EU-Kommission und Bundesregierung, der Energiesparlampe mit Hilfe einer Zwangsverordnung gnadenlos zum Durchbruch zu verhelfen.

Ausgerechnet Umweltminister Sigmar Gabriel, als Pop-Beauftragter der SPD und Pate des Eisbären Knut bekanntgeworden, hat den Energiesparplänen der Großen Koaltition jetzt einen Bärendienst erwiesen. Wem das Licht der Sparlampe in den Augen wehtue, forderte der übernächste SPD-Kanzler, solle doch gefälligst eine Kerze anzünden. Empörung bei Optikern und Augenärzten, helle Aufregung bei den Lesern hier im Glühbirnenschutzboard PPQ: Schon vor Wochen hatten wir den sogenannten Guttenberg-Plan aufgedeckt, nach dem in einer vierten Stufe der Umstellung Deutschlands auf kerngesunde Naturenergie nach der 40-Watt-Birne auch die Wachskerze untersagt werden soll, weil deren Wirkungsgrad bei der Lichterzeugung mit 0,04 Prozent noch weit niedriger liegt als der der Glühbirne.

Jedoch trifft das weitsichtige Handeln der Regierung nicht überall auf ungeteilte Zustimmung. So hat sich die Stadt Halle jetzt als erste Kommune deutschlandweit klar gegen ein Kerzenverbot positioniert. Ganz plakativ benannten die mit dem militanten Glüh-Underground sympathisierenden Stadtväter den alljährlichen "Weihnachtsmarkt" in "Kerzenmarkt" um - ein Affront, der in Berlin und Hannover bisher unbemerkt geblieben ist, bei Birnenfreunden landauf, landab aber schon für Aufmerksamkeit und Begeisterung sorgt. "Einen solchen Akt der Solidarisierung wünschte man sich von noch viel mehr Städten", heißt es in einem Forum, indem Hobbykerzendreher Wachsmischungen diskutieren. Halle sei ein "leuchtendes Beispiel" dafür, dass der "Widerstandwille der Menschen seit 1989 ungebrochen ist", kommentiert ein früherer Bürgerrechtler auf der einer Seite, auf der frühere Bürgerrechtler den verpassten Chancen des Herbst 1989 hinterhertrauern.

Seinerzeit sei man nur mit Kerzen bewaffnet gegen Stasi und Volkspolizei-Knüppel angetreten. "Wer uns die Kerze nimmt", so der Mann, "nimmt uns ein Stück unserer Identität". Die Bürgerbewegung werden sich gegen jeden Versuch wehren, ihr die friedlichen Waffen der Befreiung vom kommunistischen Joch aus der Hand zu schlagen: "Und wenn wir uns dazu wieder mit Kerzen auf den Marktplatz stellen müssen!"

Stoppschilder für Sportvereine

Wo die Kinder sind, da sind auch die Kinderschänder, das hat Bundeszensurministerin Ursula von der Leyen bereits vor längerer Zeit von Experten feststellen lassen können. Neben dem Internet, in dem gewissenlose Kinderporno-Ringe Bildchen und Filmchen tauschen, sind es vor allem die deutschen Sportvereine, in denen sich die Kinderpornografen sammelt: Erst kürzlich machte ein Fall Schlagzeilen, in dem ein Leichtathletiktrainer ihm anvertraute Kinder in mindestens 215 Fällen sexuell missbraucht hatte, jetzt wurde bekannt, dass ein Passauer Judo-Bezirksjugendleiter 224 solcher Taten gestanden hat.

Um Kinder künfti besser zu schützen, will die Bundesregierung schnell Konsequenzen aus den Vorfällen ziehen. Sportvereine könnten nicht länger ein "rechtsfreier Raum" sein, sagte Justizministerin Brigitte Zypries. Ihr Kabinettskollege Wolfgang Schäuble regte schärfere Überwachungsmaßnahmen an. Um Übergriffe zu verhindern, könnten Trainingsplätze künftig verstärkt von Kameras beobachtet werden. Außerdem plädiere er für einen Trainer-Führerschein, den nur erhalte, wer sein Liebesleben offenlege.

Jeder, der direkt am Kind arbeite, so schaltete sich der künftige SPD-Kanzler Walter Steinmeier in die Debatte ein, trage Verantwortung. Bis spätestens zum Jahr 2078 rechne er mit einer Klärung des Problems, das bedeutender Bestandteil des "Deutschland-Planes" für den nächsten Bundestagswahlkampf sei soll. Vorerst müssten bestehende gesetze angewandt und "klug ergänzt" werden, sagte Steinmeier, der dabei Unterstützung von Ursula von der Leyen erhielt. Die beliebte CDU-Kinderschützering lässt derzeit prüfen, inwieweit die im Internet bereits gebräuchlichen Stopp-Schilder vor Treffpunkten von Kinderporno-Anhängern in ausgedruckter Form auch im wirklichen Leben aufgestellt werden können. Eine unübersehbare Warnung direkt vor Sportvereinen, Turnhallen und Trainingsplätzen, so von der Leyen, seien sinnvoll, "wenn sie auch nur ein Kind retten."
Vor Jahren schon haben hochbezahlte Börsenanalysten hier im Anlegerboard PPQ zum Entsetzen aller Google- uund Ebay-Aktionäre den Untergang aller Internet-Unternehmen vorhergesagt. Deutsche Zeitungshäuser, so die weitsichtige Vision, würden die wißbegierigen Leser dann in ihre Intranetze locken, die seien dann auch gern bereit, für Premium-Informationen aus dem Archiv jede Menge Geld zu bezahlen.

An der Börse hatten die PPQ-Enthüllungen die erwarteten Auswirkungen: Der Kurs der Internet-Suchmaschine Google, die genau vor fünf Jahren an die Börse ging, stieg so lange weiter, bis er eines Tages anfing zu fallen. Die Chartanalyse zeigt weiterhin deutlich, dass die Google-Aktie seit ein paar Monaten wieder steigt. Offensichtlich eine Blase, die sich hiermit als zerstochen betrachten darf.

Mittwoch, 19. August 2009

Geschenke von Gabriel

Fünftausend Energiesparlampen verschenkt Bundesumweltminister Sigmar Gabriel an die Wähler in seinem Landkreis, um das Verbot der herkömmlichen Glühbirne sozialverträglich abzufedern. Etwa "vier bis fünf Euro", so erklärte der übernächste SPD-Kanzler in der ARD-Rateshow "Hartaberfair", die sich ganz dem Thema Glühlampenverbot widmete, koste eine der Lampen "im Laden".

Die große Frage dabei ist nicht nur, wo sonst als im Laden Sigmar Gabriel kauft, sondern: Zahlt der Bärenpate die fälligen 25.000 Euro aus eigener Tasche? Und wenn das so ist - warum weiß er den genauen Preis nicht? Bekommt Sigmar Gabriel, der auffällig Produkte der Firma Osram lobte, Sonderkonditionen für seine Wahlgeschenke?

Dass der Testfamilie in der Sendung das grelle Licht der Sparlampen gar nicht gefiel, kratzt am Selbstbewusstsein des Volksbeglückers überhaupt kein bisschen. Die vorgestellte reiche Familie könne sich ja vielleicht teures Glühbirnenlicht leisten, viele arme Familien aber seien sicher glücklich, mit Hilfe der Sparlampen viel Geld zu sparen und dafür gern bereit, sich an die neue Art Licht zu gewöhnen.

"Und wem das gar nicht passt", so der Ökobilanzexperte Gabriel, "der nimmt eben eine Kerze". Guter Rat: Die Glühbirne hat einen aufs Licht bezogenen Wirkungsgrad von fünf Prozent, der Rest ist Abwärme. Die Kerze schafft nur ganze 0,04 Prozent - 99,6 Prozent der Energie verpuffen sinnlos. Wenigstens in Sigmar Gabriels Logik, die nicht einberechnet, dass die Heizung in einem Glühbirnengeheizten Raum genau soviel weniger aufgedreht werden muss wie die Glühbirne Wärme spendet.

Wer bietet mehr?

Bei uns im Weltverbesserer-Board PPQ waren schon oft frei laufende Frechheit, Verblendung und Substanzlosigkeit zu begutachten. Manchmal war es nicht sonderlich schwierig, die dummdreisten Milchmädchen auszumachen, hin und wieder haben wir uns aber auch Mühe gegeben, flottierenden Unsinn als flottierenden Unsinn kenntlich zu machen. Der folgende Ausschnitt aus einem Interview mit den Spitzenkandidaten der Linkspartei in Köln, Jörg Detjen und Gisela Stahlhofen, nimmt unserer Meinung nach in dieser Sammlung der tolldreisten Hirnlosigkeiten einen Spitzenplatz ein. Der geneigte Leser mag selber entscheiden, ob wir wieder einmal frisch-fromm-fröhlich-frei dahingeschmiert haben, oder ob diese Preziose ohne unser Zutun im Lokalteil einer regionalen Tageszeitung versendet worden wäre. Zur Information nur soviel: Es geht um die Finanzierung kommunaler Unternehmen und deren Dienstleistungen.

Detjen: Das Problem, Aufgaben durch Outsourcing billiger zu machen, bleibt. Denken Sie an die Debatte um die Bezahlung der Beschäftigten in den städtischen Sozialbetrieben. Überall gibt es Bestrebungen, Beschäftigte der Kommune in privatwirtschaftliche Strukturen zu drängen, um sie schlechter bezahlen zu können.

Wie sollen kommunale Betriebe sonst konkurrenzfähig bleiben?

Stahlhofen: Das ist doch gar nicht die entscheidende Frage. ... Wir brauchen einen gesetzlichen Mindestlohn.

PPQ-Postkasten: Richtig Geld verdienen

Samer Rafea hat einen Plan, aber leider gar keine Ahnung. Am liebsten wäre ihm, jemand würde ihm dabei helfen, eine gutbesuchte Internetseite ins Netz zustellen, mit der sich "richtig Geld verdienen" (Rafea) lässt. Deshalb hat uns der "große Freund von Wikiseiten", wie er sich selbst nennt, eben eine Mail geschrieben. Schließlich seien wir, das wussten wir noch gar nicht, "Marktführer" auf diesem uns eigentlich völlig fremden Gebiet.

Kurz und gut, Rafea möchte ein Mediawiki installieren und einrichten lassen. Leider fehlen ihm die Programmierkenntnisse, was ihn aber nicht abhält "große Hoffnung" zu haben, "bald eine gute Webseite durch gute Open Sources wie zum Beispiel MediaWiki zu besitzen".

Der Rest im Original für alle, die mitlachen oder dem Entrepeneur gleich die ganze Arbeit erledigen wollen:

Im Moment bin ich noch bei der Recherche, wie ich es am kostengünstigsten hinbekomme (über gute Programmierer und günstige virtuelle Server). Da Sie offensichtlich der Marktführer im deutschsprachigen Raum sind, schreibe ich Sie an.

Ich habe mich schon hiermit beschäftigt Wikipedia. Viele gute Artikel mit Google Ads kombiniert.

Nun, meine Fragen kurz im Detail: 1.Eine Installation + Einrichtung des MediaWiki für ca. 100 Unterseiten, welche weitere Folgeseiten generieren (Ads for Feeds) und ca. 20.000-50.000 selbsterstellte Seiten errichten.

2.Integration von Google Adsense (3) Anzeigen Blöcke im Standard-Layout würde ca. wieviel Zeit kosten?

3.Die Konfiguration der Kategorien + Themenbereiche +Features + XML Feeds usw. würde ca. wieviel Zeit kosten?

4.Das Wiki soll so programmiert sein, dass die "User" bzw. die "Feeds"den Content liefern. Im Sinne eines großen Forum und würde kosten?


Ich hoffe Sie können mit diesen Angaben etwas anfangen und teilen mir mit, was alles noch berücksichtigt werden sollte, um diese Kooperation mit Ihnen zu schaffen!


Falls das noch jemand wissen wollte: Ja, schreibt der künftige Web-Millionär, "ich habe ein Google-Account, bin auch Betreiber von bescheidenen Webseiten( Hosting by Strato) integriert mit Google-Adsense mit der Option, damit auch mal richtig Geld zu verdienen. Diese vielen Hilfsmittel, Werkzeuge zu kombinieren ist schon eine Wissenschaft für sich. Alles unter der Berücksichtigung das ich nur minimalste Programmierkenntnisse besitze."

Wer den Meister direkt anschreiben und seine Hilfe anbieten möchte: Mail

Senioren ohne Schußwaffen

Erste Erfolge des raschen Handelns der Politik nach dem Amoklauf von Winnenden werden derzeit in Schwalmbach gefeiert: Kein von Computerspielen aufgeputschter Jugendlicher, der schlecht bewachte Waffen aus dem Schlafzimmerschrank seines Schützerbruder-Vaters entwendet hat, griff dort zum Gewehr, um sich an der Welt zu rächen. Sondern ein 71-jähriger Senior.

Der Mann, der drei Menschen tötete und einen Mann verletzte, habe, so die Polizei "gezielt auf seine vier Opfer geschossen". Ziel sei es gewesen, die Personen zu bestrafen, die für das langwierige Verkaufsverfahren des Hauses verantwortlich waren.

Bei den Toten handelt es sich um zwei Rechtsanwälte und einen Gutachter des Kreises Viersen. Sie sollten den Wert des Hauses ermitteln, das im Zuge einer Ehescheidung zwangsversteigert werden soll. Der Täter war bereits vor drei Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt worden, nachdem er zwei Personen mit einem Baseballschläger attackiert hatte. Das Verfahren musste damals wegen Verhandlungsunfähigkeit des Mannes eingestellt werden.


Im politischen Raum bahnt sich unterdessen eine erneute Diskussion zur Verschärfung des Waffenrechtes an. Um künftig Amokläufe noch wirksamer zu verhindern, sollen vorerst Baseballsschläger und ähnliche Gegenstände nicht mehr an Menschen im Rentenalter verkauft werden. Eine Genehmigung zum Kauf erhält nur, wer seine Fingerabdrücke registrieren lässt und daheim einen mit Fingerabdruckscanner versehenen Baseballschlägerschrank besitzt. Verdachtsunabhängige Kontrollen vor allem in Altenheimen sollen sicherstellen, dass Rentnerinnen und Rentner nicht über Schußwaffen verfügen.

Um die Kriminalitätsvorsorge zu verbessern, wird zudem die Strafprozessordnung dahingehend geändert, dass Verhandlungsunfähigkeit kein Kriterium für eine Verfahrenseinstellung ist.

Thierse im Tieftauchgang

Klare Sache, sagt Uwe Biermann bei "welt.de", kann das Entchen nicht schwimmen, ist das Wasser schuld. Und kann die SPD nicht die Wahl gewinnen, weil sie vor allem Dienstwagen fährt, ihre Mitverantwortung für die Finanzkrise zu verstecken sucht und einen Kanzlerkandidaten präsentiert, der so erfrischend ist wie altes Massageöl, müssen die Medien dran glauben.

So hat es Wolfgang Thierse, der große alte Talibanbart-Träger der deutschen Volksdemokratie beschlossen und so soll es sein. "Der journalistische Zeitgeist ist nach rechts gerückt", orakelt der Mann, der Zeit hat, jeden Tag sieben Zeitungen zu lesen: "Ein Großteil der Kommentatoren schreibt die SPD ab und ihre Niederlage herbei", findet er. Das machen die absichtlich, natürlich, gerade die Zeitungen tun das, die der SPD gehören. Ebenso wie die Umfrageinstitute absichtlich so schwache Zahlen für die deutsche Sozialdemokratie herbeifragen.

Thierse, der sich nach Ansicht seines früheren Vorsitzenden Kurt Beck auch "Rasieren und waschen könnte und dann vielleicht Aussicht auf einen Job" nach der Politik hätte, kennt den Ausweg: "Weniger häufige Umfragen", dann klappts auch wieder mit dem Wahlsieg. Was das Volk nicht weiß, macht das Volk nicht heiß! Denn derzeit, so der frühere Bürgerrechtler, von dem zum Abbau der Bürgerrechte durch Internetzensur, Datenspeicherung und wachsende Überwachung kein Zitat überliefert ist, gebe "das Stakkato der Umfragen nicht nur Stimmungen wieder, sondern erzeugt und verstärkt sie auch". Am Ende stehe eine "Stimmungsdemokratie", die Thierse nur gut finden kann, wenn sie Vorteile für seine Partei hat - hat sie die nicht, beklagt er "Sachthemen" seien "immer schwerer zu kommunizieren".

Da hat er mal recht, der Sozialdemokrat, der als die drei Politikangebote der SPD die "Massenarbeitslosigkeit im Zentrum der Wahlauseinandersetzung", das Versprechen "mehr Geld für Bildung ausgeben" zu wollen und eine "seriösere Finanzpolitik als Schwarz-Gelb" nennt und dabei mit Absicht Inhalt und Etikett verwechselt: Gegen Massenarbeitslosigkeit zu sein, schafft keinen Arbeitsplatz, mehr Geld für irgendwas ausgeben würden wir alle gern, können wir aber nicht, weil es alles andere als seriöse Finanzpolitik wäre, auf der familiären Ebene gesehen.

Das Echo auf Thierses verzweifelte Medienschelte ist entsprechend. Verheerend. "Kaufen, was einem die Kartelle vorwerfen; lesen, was einem die Zensoren erlauben; glauben, was einem die Kirche und Partei gebieten", kommentiert "Such die Maus" bei der Welt, die den gegenwartsskeptischen Spruch sogar stehen lässt: "Beinkleider werden zur Zeit mittelweit getragen. Freiheit gar nicht."

Blick zurück nach vorn

Räder rollen, Ketten rasseln, die Zukunft ist ein Land, in dem alle glücklich sein werden, die Alten wie die Jungen, die, die für die Sache stehen, und die, die sich noch gegen den Aufbruch in eine neue Zeit wehren.

Als ehrenamtliches Heimatkunde-Board kredenzen wir ab und zu gern etwas absurd Eigentümliches aus der Region, die vor vier Jahrzehnten im Begriff war, jeden Moment aus der Kokon der entwickelten sozialistischen Gesellschaft hinüberzuschlüpfen in die Ära des nichtendenwollenden Kommunismus, in dem jeder nach seinen Bedürfnissen und nach seinen Fähigkeiten bedient worden wäre. Wobei noch nicht feststand, ob Bedürfnisse prioritär zu Fähigkeiten sein würden oder Fähigkeiten ein Vorrecht vor Bedürfnissen gehabt hätten.

Das ist bis heute ungeklärt, die SPD mag es eher so, die FDP eher andersherum. Schön aber noch mal die filmische Schau über all die neuen Gebäude, die mittlerweile längst wieder abgerissen worden sind oder unmittelbar vor dem Abriß stehen. Räder müssen rollen, Ketten müssen rasseln, denn die Zukunft ist immer noch ein Land, in dem alle glücklich sein werden.

Gesetze mit der Kettensäge

Wer würde da nicht zustimmen? Kaum hat man die geltenden Dienstwagenbenutzungsregeln mal kreativ zu seinem eigenen Vorteil ausgelegt, schon schimpft die ganze Welt auf einen. Wenn korrektes Verhalten zu dem Vorwurf führe, man handle unmoralisch, dann müssten die Gesetze dazu eben so geändert werden, dass so etwas nicht mehr passieren dürfe, fordert Bundesdienstwagenministerin Ulla Schmidt.

Zwei Tage nach dem Geständnis der Gesundheitsexpertin aus dem Konsequenzteam des künftigen Kanzlers aller Deutschen, Walter Steinmeier, dass sie seit Amtsantritt nie ohne ihren Dienstwagen im Urlaub war, muss zugleich auch noch das Bundesurlaubsgesetz geändert werden. Denn Ulla Schmidt hat nicht nur die Dienstwagenbenutzung im Urlaub gestanden, sondern auch einen Verstoß gegen das Bundesurlaubsgesetz: „intensive Arbeit“ habe sie bei ihren Besuchen bei der Hofmalerin des Bundesgesundheitsministerium geleistet, so die Noch-Ministerin. Nach der derzeitigen Gesetzeslage aber darf "während des Urlaubs keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit" geleistet werden - und unter "Erwerbstätigkeit" wird wird "jede Tätigkeit verstanden, die mit Geld oder geldwerten Gütern, etwa der Benutzung des Dienstwagens, entlohnt" werde.

Da sich Schmidt mit ihrer Erwerbstätigkeit während der Ferien, die eigentlich einem Erholungszweck dienen, offensichtlich das Recht zur Benutzung des Dienstwagens verschaffen wollte, muss der Gesetzgeber auch hier noch einmal mit der Kettensäge ran. Neben der Dienstwagenrichtlinie und allen Gesetzen zur steuerlichen Behandlung von Dienstwagen muss auch das Bundesurlaubsgesetz schnell so geändert werden, dass Ulla Schmidt künftig nichts mehr falsch machen kann.

Wagemutige Wahlfahrt

Eine Expedition in die Fremde, ein Ausflug ins Unbekannte, eine Begegnung mit Exotik und enigmatischen Eigenarten der Eingeborenen, das ist es, was die Teilnehmer an der Wahlfahrt09 bei ihrer Reise mit einem klapprigen Bauwagen quer durchs Land zu findn hoffen. Wie das Land so "tickt" in den Wochen und Tagen vor der erneuten "Schicksalswahl" (Helmut Kohl) will das "Team junger Fotografen, Print-, Radio- und Videojournalisten" herausfinden. In 50 Tagen geht es durch 20 Städte, auf der Suche nach dem Unbekannten, nach den großen Geschichten, die sonst keiner schreibt.

Im Falle Halle jedoch kommt raus, was immer herauskommen muss, wenn der Geschichtenerzähler auf einem Bauwagen direkt auf dem Marktplatz residiert und wartet, dass eine Geschichte an die Tür klopft und um Einlaß bittet. Es gibt den üblichen authentischen Eintopf aus Stimmen aus dem Volk, parteipolitisch genau abgewogen: Ein älterer Mann berichtet, warum er die CDU wählt, natürlich ein älterer Mann. Und eine unge Frau aus dem Westen, Überraschung, beichtet, dass sie ihr Kreuzchen bei der Linken machen wird. Noch mehr O-Ton zum Thema warum früher alles besser war und warum Familie Altermal ein neues Schlafzimmer bräuchte.

Das twittert und Facebookt dann über alle Kanäle, auf Vimeo gibt es sogar zwei etwas abgestandene Videos von den Stationen in Görlitz und Eisenhüttenstadt dazu. Sehenswertes oder Interessantes aber hat Deutschland den Recherchen des ost-westdeutschen Journalistenteams zufolge derzeit nicht zu bieten - und so gesehen beschreiben die Werke aus der Wahlfahrt09-Fabrik wiederum recht treffend, wie das Land so tickt, kurz vor der Wahl.

Dienstag, 18. August 2009

Verbot der Woche: Grünen warnen vor Wahlen

Eine intellektuelle Herausforderung sind sie alle, die aktuellen Plakatmotive der grünen Wahlkampagne. Mal zeigen sie verspielt eine Sonne mit Bauhelm, um an die erfolgreiche FDJ-Kampagne "Max braucht Wasser" zu erinnern, mal nimmt eine Bombe in Apfelform augenzwinkernd Bezug auf die Schöpfungsgeschichte, um christlich orientierte Wähler aus ihren Wickelrock-Milieus abzuholen, mal zeigt ein Motiv ganz offen und gar nicht politisch korrekt verfassungsfeindliche Symbole, um aufzurütteln.

Ganz nebenbei verraten die Grünen aber unterschwellig auch die Pläne der Großen Koalition der Nationalen Front für den Tag nach der anstehenden Bundestagswahl: "Die", womit nach PPQ-Informationen nur die derzeitigen Regierungsparteien gemeint sein können, planten im Zuge der PPQ-Aktion "Verbot der Woche" ein unbegrenzt geltendes Wahlverbot. Damit könnten künftig allein Plakatklebekosten in Höhe von 80 Millionen Euro eingespart und in Bildung investiert werden, heißt es in einem gemeinsamen Geheimpapier von Walter Steinmeier und Angela Merkel, das als Reaktion vom Kanzleramt inzwischen als "unredlich" zurückgezogen wurde.

Rocken gegen die Regeln

Rocken gegen die Regeln, das machen Radiohead am liebsten, seit sie mit "Creep" damals fast einen richtigen Hit hatten. Vor kurzem erst ließ Thom Yorke die Welt wissen, dass seine längst in Richtung Jazz abgedriftete Truppe nie mehr ein Album machen wolle, weil ihnen das zu langweilig sei.

Stattdessen werde es immer mal wieder einzelne Songs geben. Den ersten hat Jonny Greenwood, der Klampfer mit der Fußpedalorgel, gerade auf der Bandwebseite öffentlich gemacht. "There Are My Twisted Words", ein Song in drei Geschwindigkeiten gleichzeitig, darf im Moment kostenlos heruntergeladen werden. Was man bekommt ohne Geld sind fünfeinhalb Minuten Geklapper und Gegniedel, am Ende singt Yorke sogar noch, wahrscheinlich die nämlichen Worte, man versteht es nicht genau. In der mitgelieferten CD-Inlay-Datei aber wird behauptet: "written and played by radiohead" und das glauben wir dann mal.

Immer wieder montags

Montags kommt neuerdings keine Post mehr, eine andere Tradition aber hält sich tapfer. An jedem ersten Arbeitstag der Woche sammeln sich in der geschmacklos, aber prachtvoll sanierten Einkaufsmeile von Halle die Angehörigen aller sozialen Bewegungen zur Montagsdemo. Rentner sind dabei, die gegen die Rente mit 67 wettern, Blinde, die für die Beibehaltung des Blindengeldes kämpfen, Mitglieder der Vierten Internationale warnen, dass es nach den Wahlen ans Zahlen gehe, verraten aber nicht, wieviel sie zu kassieren gedenken, wenn man ihnen denn wirklich seine Stimme geben würde.

Gerhard Schröder selbst rief die Geister, die hier spuken, als er damals die "Agenda 2010" verkündete. Die Massen vor allem im Osten gingen auf die Straße, die Enttäuschten und Entrechteten im Westen, geübter im Umgang mit den Möglichkeiten der Demokratie, gründeten die WASG und schufen sich so wenigstens ein paar auskömmliche Jobs abseits von Hartz IV.

Die sieben Aufrechten hingegen, die seit sechs Jahren an der Tradition festhalten, ihren Protest mit einer Trommel, einem Plakat und der immergleichen Protestrede auf die Straße zu tragen, ernten nur Achselzucken, Schmunzeln und ehrliches Bedauern der Passanten für ihren Windmühlenflügelkampf jenseits der politischen Realität: "Wir kämpfen weiter, bis die unmenschlichen Hartz-Gesetze zurückgenommen werden", ruft die Hauptrednerin abschließend. Nächsten Montag seien sie wieder da und sie freuten sich wie immer "über jeden, der sich uns anschließt".

Montags nur Mails

In Sachsen-Anhalt gilt traditionell der schöne Brauch der "Draußen nur Kännchen"-Kultur: Jeder kann sich im selbsternannten "Land der Frühaufsteher" wünschen, was er möchte, gebracht wird trotzdem, was auf der Speisekarte steht. Die Deutsche Post, ein Staatsunternehmen, das seit der Einführung der fünfstelligen Postleitzahlen läuft wie am Schnürchen, hält es ebenso: Montags gibt es nur noch Mails, keine Briefe mehr, weil sich das Austragen im Sommer einfach nicht lohnt.

Kunden des gelben Riesen hatten schon länger geargwöhnt, dass die Post, zu einem Drittel im Besitz des Bundes, die Zustellung von Sendungen aller Art nicht als Unternehmenszweck, sondern als lästige Zwangsaufgabe sieht. Immer wieder verschwinden Sendungen, andere brauchen Wochen bis zum Empfänger in der Nachbarstadt. Kürzlich flog ein Post-Mitarbeiter-Pärchen am Flughafen Halle-Leipzig auf, das über Monate hinweg hunderte Paketsendungen an sich selbst umadressiert hatte - die Ipod, Laptops und Handys kamen so zwar nicht bei den Empfängern an, ihr Fehlen fiel aber bei der Post auch nicht weiter auf. Denn ein bisschen Schwund ist hier immer - und ein bisschen mehr immer öfter.

Das hat die Deutsche Post jetzt auch freimütig zugegeben: Im Sommer sei "die Produktionskapazität dem Briefaufkommen" angepasst worden, sagte eine Sprecherin. Weil im Juli und August nur etwa 80 Prozent der Sendungen unterwegs seien, habe das Unternehmen "eine Reihe von Leistungseinschränkungen getroffen". Sendungen wurde nicht mehr am Wochenende sortiert, sondern erst am Montag - womit das Rätsel gelöst ist, dass Kunden zuletzt an Montagen nie mehr Post erhielten.

Derzeit plant der Fast-Monopolist, sich als Internet-Unternehmen neu zu erfinden: Über den wegweisenden neuen Service "Brief im Internet" soll dann jeder Briefe im Internet schreiben und versenden können, die die Deutsche Post dann als echte ausgedruckte Briefe bei Tante Karola und Opa Horst abgibt. Aber natürlich nicht montags!

Montag, 17. August 2009

Des Wahnsinns fette Beute


Die Grünen beginnen in Halle den Bundestags-Wahlkampf nicht nur als Erste, sondern auch mit einem Paukenschlag. Als ehemalige Spaß-Partei versuchen die Ökos offenbar, an alte Zeiten anzuknüpfen. Während sich Münte und Gutte noch gegenseitig die Pest an den Hals wünschen, ist der Tofu-Burger unter den deutschen Parteien schon herzhaft dabei, die Grenze zwischen Sinn und Simsalabim zu verwischen. Dürfen Äpfel ab sofort nicht mehr als Handgranaten verwendet werden? Ist explodierendes Obst schädlich für den Weltfrieden? Sind Farben für die Zukunft der Menschheit zuständig? Man weiß es nicht und wird es nie erraten. Doch genau diese Abwesenheit von erkennbaren Inhalten macht die Grünen zu Pionieren. Während die anderen Parteien noch um Rest-Sinn kämpfen, haben sich die Vollkorn-Politiker von solchen Überflüssigkeiten längst verabschiedet. Zum Slogan wird das pure Ressentiment, denn ohne Slogans und Ressentiments kommt man heute einfach nicht durch.

Verdachtsunabhängige Kontrolle

Eine Tatsachenbericht, zitiert aus Real Life:

"Guten Tag. Verdachtsunabhängige Kontrolle”

“…Tag.”

“Darf ich bitte Ihre IP-Adresse und Ihren E-Ausweis sehen?”

“Sicher, Herr Wachtmeister…”

“Unter Ihrer IP wurde vorgestern illegales Filesharing betrieben…”

“Das war ich nicht. Wie Sie sicher in ein paar Millisekunden feststellen können, habe ich eine dynamische IP-Adresse.”

“Nun gut. Sind Ihre Windows Updates und die Anti-Viren-Software auf dem neusten Stand?”

“Sicher. Heute morgen erst hat mein PC automatisch neu gestartet und eine Stunde Arbeit gelöscht.”

“Sie sollten öfter abspeichern.”

“Ja, ich weiß das jetzt auch. Gibt es sonst etwas?”

“Wie ich sehe, haben Sie da einen Werbeblocker.”

“Der ist völlig legal. Ich kenne meine Rechte!”

“Sicher, sicher. Aber bedenken Sie, wenn das jeder machen würde…”

“Würden Sie bitte ihre Arbeit machen?”

“Öffnen Sie doch bitte Mal Ihren Cookie-Speicher…”

“Ist das wirklich nötig?”

“Wir haben Hinweise auf illegale Downloads in Ihrem IP-Bereich. Also stellen Sie sich nicht so an”

“Also gut. Aber nur unter Protest…”

“Na, was haben wir denn da: chefkoch.de, Google, Amazon, Gayromeo?”

“Stimmt etwas nicht?”

“Da sind zwei Cookies von Rapidshare…”

“Na und?”

“Sie wissen schon, was das ist?”

“Ja, ein völlig legaler Service”

“Was haben Sie denn da heruntergeladen?”

“Das geht sie nun wirklich nichts an.”

“Sie wissen schon, dass ich ruck-zuck eine Festplattenvisitation beantragen kann?”

“Ich habe nichts unrechtes getan. Wenn Sie etwas vorzuweisen haben, tun Sie das. Wenn nicht…”

“Schon gut, schon gut. Sie dürfen weitersurfen. Und denken Sie daran: beide Hände auf das Keyboard!”

Eine neue Lüge ist wie ein neues Leben

Erst war es eine Dienstfahrt, dann ein Skandal, dann wurde es zur Privatfahrt und nun war das die allererste: Dienstwagenministerin Ulla Schmidt, Speerspitze der Volksgesundheit im Konsequenzteam des künftigen Kanzlerdarstellers Walter Steinmeier, hat lange nachgedacht und auf eine Anfrage der FDP nun eine ganze Palette an Begründungen dafür gebracht, warum sie in der Vergangenheit wann und wo und wie völlig zurecht einen Dienstwagen mit im Urlaub hatte.

Seit 2004 war die gepanzerte Dienst-Limousine immer mit vor Ort, wenn die Gesundheitsministerin klimafreundlich in Spanien urlaubte - für die Überführung der Limousine samt Fahrer von Berlin nach Alicante zahlte jeweils der Steuerzahler. Erst nachdem ihr das Auto in diesem Jahr bei einem dienstlichen Besuch bei der Hofmalerin des Gesundheitsministeriums in Alicante gestohlen wurde und die Wellen der Empörung über die 2500-Kilometer-Dienstfahrt hochschlugen, überlegte sich Ulla Schmidt eine neue Rechtsgrundlage für ihre Dienstwagenausflüge. In diesem Jahr rechnete sie die Fahrt erstmals als Privatfahrt ab.

Schon im Kindergarten lernt man eigentlich, dass der sich ins Unrecht setzt, der seine gerade geplatzte Lüge mittendrin mit einem schnellen "aber" in eine nue umtauschen will. In Deutschland aber klappt das: Die als "Tagesschau" regelmäßig wiederaufgeführte DDR-Nostalgiesendung "Aktuelle Kamera" war heute ermächtigt zu erklären, dass Ulla Schmidt im Urlaub viele Dienstfahrten gemacht habe, für jede einzelne eine handgeschnitzte Begründung vorweisen könne und die Dienstwagen-Affäre damit gar keine sei.

Birnen-Berge in der Blindenanstalt

Ein schöner Erfolg weitsichtiger Verbotspolitik sind die mitten in der Wirtschafts- und Absatzkrise explodierenden Verkaufszahlen für herkömmliche Glühbirnen. Seit die große Koalition der Nationalen Front beschlossen hat, dass seine Untertanen das traditionell beliebte Leuchtmittel ab dem 1. September nicht mehr käuflich erwerben dürfen, stürmen die irregeleiteten Käufer die Geschäfte, um sich für die vor uns liegenden glühbirnenlosen Zeiten gewaltige Vorräte anzuschaffen.

Erstmals wird so nicht Schulden gemacht auf Kosten der Zukunft, sondern auf Kosten der Gegenwart gespart. Mutmaßlich länger als ein Jahrzehnt würden die gehamsterten Birne-Berge ausreichen, alle deutschen Wohnzimmer zu beleuchten, vermuten Experten - der Energiesparbeschluss der EU, die der Bundesregierung befohlen hatte, die matten und klaren 100 Watt starken Glühlampen zuerst zu verbieten und dieses Verbot dann nach und nach auf alle anderen Wattstärken auszuweiten, war zwar eigentlich als milliardenschweres Förderprogramm für Energiesparlampen gedacht, erreicht aber auch so seinen Zweck, politisches Handeln zu simulieren, wo das Volk beunruhigt auf jemanden wartet, der ihm den Ausweg aus der Klimakatastrophe zeigt.

Dass es die ausgeknipste Glühbirne sein wird, die die Erderwärmung stoppt, steht jedoch kaum zu befürchten. Das Argument, eine herkömmliche Glühbirne verwandele nur fünf Prozent des verbrauchten Stroms in Licht, der Rest "verpuffe zu Wärme" hält natürlich keiner Überprüfung stand: Denn wo eine Glühbirne im klimatisch derzeit überwiegend unter Zimmertemperatur liegenden Deutschland Räume einfach mitheizt, muss nach der Umstellung auf Energiesparlampen künftig zugeheizt werden, um dieselbe Wärme im Raum zu haben.

Abgesehen davon ist der Ersatz auch nur dort richtig sparsam, wo das Licht länger als eine Stunde am Stück brennt. Überall sonst verbraucht die Energiesparlampe umgerechnet auf die Leuchtminute sogar mehr Strom als die gute alte Glühbirne, der 1961 schon Ady Berber als "blinder Jack" in der Edgar-Wallace-Komödie "Die blinden Augen von London" hatte den Garaus machen wollen (Foto oben).

Fleißiges Flieschen

Er lässt nicht nach, er gibt nicht auf, der Kachelmann von Halle, der seit Jahren damit beschäftigt ist, die komplette Innenstadt von Halle neu zu verfliesen, um der in der Historie stets unterschätzten Saale-Metropole endlich den verdienten Titel einer Unesco-Weltkulturerbestätte als erste Freiluft-Kachelkunst-Galerie zu verschaffen. Selbst dort, wo er mit seinem gigantischen Unterfangen schon erste Erfolge erzielt hat, justiert der große Unbekannte der mitteldeutschen Fliesenlegerei sein Werk gelegentlich nach: Ein Team aus freischaffenden Kacheleologen entdeckte jetzt in der Ludwig-Wucherer-Straße aktuell durchgeführte Ergänzungsklebungen an einem bei Freunden und Anhängern des Klebe-Künstlers bereits als klassisch geltenden Kachel-Triptychon: Auf der bisher farblosen Fuß-Fliese wurde eine Käferklebung hinzugefügt, die Mittelfliese erhielt eine neue, reinweiße Grundierung, von der Experten annehmen, dass sie direkt vor Ort an der Wand von der Hand Kachel Gottes selbst ausgeführt wurde.

Weitere Sichtungen wie immer gern an politplatschquatsch@gmail.com, alle bisherigen Arbeiten des Kachel Gott von Halle im großen Online-Kachelverzeichnis.

Sonntag, 16. August 2009

Sonnenlicht des Sozialismus

Bei Reparaturarbeiten am "Roten Turm" auf dem Markt von Halle an der Saale wurde eines Tages ein Brief gefunden, verfasst von einem Arbeiter im Jahre 1897 und an die Nachfahren adressiert. Der Mann schrieb: "Seid gegrüßt, Ihr kommenden Geschlechter. Im Sonnenlicht der sozialistischen Gesellschaft werden Geschlechter leben, die sich nicht in das geistige Elend zurückversetzen können, welches unsere Zeit so schrecklich macht..."

Glück für ihn, dass seine Zeilen gerade noch rechtzeitig entdeckt wurden, um im Sommer 1981 einer 35.000-köpfigen Menschenmenge bei einer "machtvollen Manifestation auf dem Hallmarkt", wie die Heimatzeitung lobte, verlesen werden zu können.

Zehn Jahre später schon wäre das Schreiben wegen erwiesener Verherrlichung des falschen Sonnenlichts augenblicklich im Stadtarchiv gelandet.

Mechaniker der Macht

Er ist - wenigstens glaubt er das von sich selbst - der letzte der großen Aufrechten, der Politik nicht für sich selbst betreibt, sondern weil er die Welt besser, gerechter und glücklicher machen will. Franz Müntefering, angesichts der verheerenden Umfrageergebnisse für seine Partei zunehmens zornig auf das Wahlvolk, scheint mittlerweile bereit, jeden meineid zu schwören und jede Beleidigung zu äußern, wenn ihm das für eine halbe Stunde zwei Zeilen im Videotext bringt.

Für Klimakanzlerin Merkel, so nörgelt der SPD-Chef, stehe nicht die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit an Nummer eins, sondern die eigene Karriere. Weil die CDU-Chefin das SPD-Versprechen, nach einem Wahlsieg schnell Vollbeschäftigung zu schaffen, gespreizt als "unredlich" bezeichnet hatte, ziehe er den Schluss: "Die große Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist ihr egal.“

Wie die Bundeskanzlerin interessiert sich allerdings natürlich auch Franz Müntefering in Wirklichkeit nicht für Arbeitslose oder für die "Schaffung von Arbeitsplätzen", sondern ausschließlich für Wählerstimmen, wie die unbestechliche Analyse der Google-Timeline zum Suchbegriff "Müntefering + Arbeitslose" verrät. Vor einem Jahr etwa hatte der Franz, der Wahlkampf kann wie kein andere, das Thema zum Beispiel völlig links liegenlassen. Auch längerfristig verraten die Kurven vor allem eins: Naht eine Wahl, schwatzt die Müntefering-Maschine über Arbeitsplätze, Gerechtigkeit und Soziales, ist der Wahltag überstanden, lässt der Eifer schlagartig nach.

„Frau Merkel hat von Anfang an eine Politik unter der Maßgabe gemacht: Was muss ich tun, damit ich Kanzlerin bleibe? Sie hat nicht zuerst gefragt: Was ist gut und nötig fürs Land?“, klagt der greise Parteikämpfer, der es ganz genauso hält: Ein Manager der Macht, der selbst sein Gewissen als Waffe im Kampf um den eigenen Vorteil einsetzen würde. Hätte er denn eins.

Musenkuss in Marrakesch

They found us in the courtyard at our table in the shade
We toasted our last few moments and then the end came
They took us back to the airstrip in that beaten up old car
And we rattled across the African scrubland in silence
Our hands locked together with cold steel cuffs
Sometimes I wish it was still that way

Now a whole world has died since then, so many faithless days
I was born alone and lucky and I'm just used to it that way
My dice still roll in sixes and yours still turn up ones
And I have taken my good fortune and I've run and run
But I always swore I'd come back for you
Is it too late now to come back for you ?



Now beneath this lonely junction on the northbound M6
We spray our words of signature on the concrete bridge
And between the words of wisdom and the slogans of despair
Someone's just gone and written 'I'm sorry' there
Well I always swore I'd come back for you
Is it too late now to come back for you?
You're the only one I'll ever love