Donnerstag, 23. Juli 2009

Verfassungsfeind fürs Kanzleramt

Da will nun also ein Verfassungsbrecher Kanzler werden. Mit einer heute verkündeten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht dem SPD-Kanzlerkandidaten Frank Steinmeier bescheinigt, dass die von ihm veranlasste Verweigerung der Herausgabe von Unterlagen an den BND-Untersuchungsausschuss zum Teil verfassungswidrig gewesen ist. Der Untersuchungsausschuss hatte herausfiunden wollen, welche Rolle deutsche Behörden bei der Abwicklung von CIA-Flügen mit Terrorverdächtigen an Bord über deutsche Flughäfen gespielt hatten und inwiefern BND-Mitarbeitern während des Irak-Krieges in Bagdad Deutschland zur Kriegspartei gemacht hatten. Auch sollte geklärt werden, was höchste Regierungskreise über die Verschleppung deutscher Staatsangehöriger oder in Deutschland lebender Personen durch US-Stellen und über die Beobachtung von Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst wussten.

Steinmeier, damals unter Gerhard Schröder Chef des Bundeskanzleramtes, "wies den Vorsitzenden des Ausschusses nach Aufnahme seiner Arbeit daraufhin, dass die Bundesregierung angesichts ihrer Verantwortung für die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland im Untersuchungsausschussverfahren darauf achten werde, dass hochrangige staatliche Interessen keinen Schaden erleiden werden", zitiert das Verfassungsgericht. Gleichzeitig habe Steinmeier klargemacht, dass die Bundesregierung "eine am Staatswohl orientierte Zusammenarbeit" erwarte.

Daran biss sich der Untersuchungsausschuss die Zähne aus.Wiederholt verweigerten die Zeugen unter Verweis auf eine ihnen nur eingeschränkt erteilte Aussagegenehmigung die weitere Aussage oder gaben auf Fragen der Mitglieder des Untersuchungsausschusses keine Antwort. "Weiterhin", schildert das Verfassungsgericht, "verweigerte die Bundesregierung dem Untersuchungsausschuss mehrmals die Vorlage von Akten oder Aktenbestandteilen".

Ein Handeln, das der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts jetzt als "zum Teil verfassungswidrig" einordnet. "Die Bundesregierung hat durch die Beschränkung der Aussagegenehmigungen für benannte Zeugen, durch die Auslegung dieser Beschränkungen und durch die Verweigerung der Vorlage von angeforderten Akten mit den hierfür gegebenen unzureichenden Begründungen das Informations- und Untersuchungsrecht des Deutschen Bundestages verletzt", schreiben die Richter. Pauschales Berufen auf einen der verfassungsrechtlichen Gründe - wie den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung und Gründe des Staatswohls -, die dem parlamentarischen Untersuchungsrecht Grenzen setzen, genüge in keinem Fall. Die Bundesregierung habe "den Informationsanspruch aus Art. 44 GG in unzulässiger Weise verkürzt" und das Beweiserhebungsrecht des Bundestages verletzt . "Auch die Auslegung der Aussagegenehmigungen, wonach Vorgänge aus der Präsidentenrunde und der Nachrichtendienstlichen Lage nicht von der Aussagegenehmigung erfasst sind, verkürzt in unzulässiger Weise das parlamentarische Untersuchungsrecht. "

Auch Mitteilungen über Kontakte mit ausländischen Geheimdiensten seien dem Informationszugriff eines Untersuchungsausschusses nicht ohne weiteres aus Gründen der Gefährdung des Staatswohls entzogen. "In dem bloßen Umstand, dass das Bekanntwerden derartiger Informationen der Bundesregierung selbst im Hinblick auf ihren eigenen Umgang mit den betreffenden Erkenntnissen Unannehmlichkeiten bereiten könnte", watschen die Richter den SPD-Kanzlerkandidaten ab, "liegt keine Gefährdung des Staatswohls, sondern eine hinzunehmende verfassungsgewollte Folge der Ausübung des parlamentarischen Untersuchungsrechts."

Die Wähler/innen sollten sich so langsam überlegen, ob sie wirklich Politikern Vertrauen schenken wollen, die so häufig verfassungswidrig agieren, wie das von der großen Koalition konstatiert werden muss, empfiehlt Finkeldey.

5 Kommentare:

  1. Da gibt es doch ein einfaches Mittel: Beugehaft !

    Anzunehmen, daß unter dem (von @Finkeldey gewünschten) Staatsratvorsitzenden Lafontaine die Transparenz von Regierung und Staatschutz (und -Schild !) kräftig ansteigt, bedarf es Optimismus.

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  2. ich fan die forderung auch scharf, die leute sollten mal drüber nachdenken.

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  3. Philosophisch noch mal vielleicht
    von Interesse: wenn es in den USA
    Verturteilungen und Strafe gibt
    wegen so manchem, das in diesem
    Zusammenhang stand.
    Im Finanzbereich mittlerweile
    geschehen. Wurde einst fuer Madoff
    und seinesgleichen nach der Pfeife
    getanzt, sogar von den Medien fein
    geschrieben dazu Schicklicksnormen
    aufgestellt (es gehoert sich einfach nicht, eine Bank zu verklagen), so malt Bernie Madoff in der Haft mittlerweile Schilder.

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  4. wird hier nicht passieren. dzu ist das land zu klein und jeder von denen kennt zuviele andere. und, noch wichtiger, weiß was von denen

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