Die schottischen Highlands liegen seit einigen Jahren im Saaletal, ihr Prophet und Hohepriester ist ein Umzugsunternehmer, der mit Vorliebe traditionelle Tartan-Röcke trägt und sich als Chef seines selbsterfundenen Ebronen-Clans . "Highland-Games" nennt sich die zentrale Zusammenkunft aller Wunschkelten und Traumgermanen, die die ehemalige Betriebssportgruppe der Entsorgungs- und Umzugsspedition Ebert einmal im Jahr auf der städtischen Pferderennbahn veranstaltet.
Ein Circus Bizarrus mit Baumstammwerfen, Männern in Lederwämsen und feuerspuckenden Frauen, bei dem die Überbleibsel der Grufti-Bewegung in ihren Schnabelschuhen neben Odin-Jüngern mit urgermanischen Met-Wampen zum nervtötenden Fiepen schottischer Dudelsack-Orchester schunkeln. Zehn- oder gar fünfzehntausend Highland-Hungrige sind auch diesmal im Flachland zusammengeströmt, gemeinsam das Knoblauchbrot zu brechen, Trinkhörner voll Kirschmet zu trinken, testweise Blechschwerter zu schwingen und auch mal so einen feschen Schottenrock anzuprobieren.
"Mein Leben für Odin", trägt einer als Bekenntnis auf dem T-Shirt, der andere erinnert mit "Der Gott, der Eisen wachsen ließ, wollte keine Knechte" an Ernst Moritz Arndt, und ein dritter, zünftig im Lederpanzer, mit auf den Arm tätowiertem "Unsere Ehre heißt Treue" an einen anderen großen Verehrer von germanischen Götterkulten. Dazwischen gibt es Naturdarm-Wurscht vom Schwenkgrill und Ärger mit der Polizei, als die alternativen Inhaber einer hölzernen Kinderrutsche Anzeige erstatten müssen: Ein Erwachsener hat die Einnahmequelle der Familie zerstört, jetzt soll eine Polizeibescheinigung helfen, den Schaden ganz unalternativ von der Versicherung ersetzt zu bekommen. Die Beamten stehen ein bisschen staunend vor den rohen Brettern, die eben noch eine bei Kindern höchst beliebte Rutschbahn gewesen sein sollen. Versicherungsschaden?
Eine wunderliche Parallelwelt tut sich dem Besucher auf, schaut er einen Moment länger in die härenden Hauszelte, in denen die mittelalterlich gewandeten Profi-Vorzeitler die Zeit zwischen Auftritten als Feuerschlucker, Lanzenwurflehrer oder germanischer Reiter verbringen.
Der Tag ist voller wunderlicher Wettbewerbe, das tinnitusähnliche Geräusch musizierender Dudelsack-Divisionen schwebt über dem Gelände, auf dem "Drachentöteshow" und und schottisch-jakobitischer Breitschwertwettkampf mit der großen Heimdjall-Reitshow um Zuschauer wetteifern. Mit Einbruch der Dunkelheit naht der kultische Höhepunkt der Regressionsversammlung: Das Hereintragen der Ebronen-Elfen-Prinzessin auf den Schultern einiger hochgewachsener Umzugsmitarbeiter, um die herum selbsternannte Zauberer, Druiden und als Bäume verkleidete reife Frauen wirbeln, wird von Tausenden begeistert gefeiert, obgleich es, wohl eine Referenz an die dunklen Zeiten, aus denen das deutsche Volk kommt, mangeln Beleuchtung nicht zu sehen ist.
Umso imposanter wirkt danach das Feuerwerk, an diesem Abend das zweite im schuldenstarrenden Halle an der Saale, und die anschließende Verbrennung eines zwölf Meter hohen Mannes aus Stroh, den die urgermanischen Organisatoren vom kalifornischen Burning Man-Festival geklaut haben. Hier allerdings wird das Prasseln der Flammen freundlich überlagert von den quietschenden Ohrbohrern der "Pipebands" aus aller Welt, die erneut die drei Lieder blasen, für die ihre Säcke ausgelegt sind.
Dagegen klingt der anschließende Schotten- und Irenfolk aus Rostock wie das Manna der Musik überhaupt. Bei den drei Damen von Sally Gardens schlagzeugt die aparte Sängerin Tiny mit den Fuß, die sehenswerte Geigerin Juliane singt Chor und eine handfeste Bassistin namens Beany macht sehr passable Ansagen. Trunken tanzt der Germane nun selig auf der Tartanbahn.
Nur mal so gefragt:
AntwortenLöschenVor ein paar Jahren waren doch jährliche "Mittelalter-Anwandlungen" an den Franckeschen Stiftungen üblich. Haben sich die Hochlandspiele daraus entwickelt ?
nee, das sind zwei baustellen. die games hier hat verg eberix ganz allein hochgestemmt
AntwortenLöschenhärene Hauszelte - das ist sprachliche Poesie. Danke dafür.
AntwortenLöschenAber das ist doch auch hübsch, vom Geplapper des Weibes mal abgesehen:
http://www.youtube.com/watch?v=LyKHb4QaQkc
Ist doch fein, endlich mal zwischen Cola und Tiefkühlpizza die heile Welt einkaufen, die man sonst nur aus den Hollywood-Filmen kennt. Disneyland für Arme.
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