Nach Ansicht der Mehrheit der Deutschen soll sie so eine Art Weltregierung sein: Die Uno allein sei in der Lage, so glaubt man hierzulande traditionell, unparteiisch und kontinenteübergreifend für Gerechtigkeit und Frieden zu sorgen, den Durst der Welt zu stillen, den Hunger abzuschaffen, die Demokratie zu fördern und im Dialog für einen Interessenausgleich zwischen den Völkern der Welt zu sorgen.
Welch gute Adresse die Vereinten Nationen für Dinge wie Moral und Anstand sind, verraten jetzt hunderte Dokumente aus dem Inneren der Vereinten Nationen, die
über Wikileaks öffentlich geworden sind: Berichte über Misswirtschaft, Missbrauch und Missmanagement, Sex, Waffenhandel und Korruption.
Ein Sammelsurium des Schreckens auf sechshundert Seiten, die aus internen Untersuchungen der Vereinten Nationen stammen und nie an die Öffentlichkeit gelangen sollten. Siebzig der jetzt lesbaren Reports wurden von der Uno als «strictly confidential» eingestuft. Vereinzelt hat man sogar die geografischen Beschreibungen, die Namen der Beteiligten und die Bezeichnungen der involvierten UN-Truppen verfremdet – offenbar zur besseren Tarnung.
Es geht nicht nur um Geld und persönliche Vorteile, es geht um Vergewaltigung, erzwungene Schwangerschaften, Waffenhandel, den Diebstahl von Hilfslieferungen, Betrug, Bestechung: "Die Vorwürfe gegen UN-Vertreter lassen an eine ausgewachsene kriminelle Organisation denken",, schreibt der Schweizer "Tagesanzeiger", zumal in dieser Häufung: Juni 2007: Mehrere Frauen werfen einem Uno-Vertreter in Pristina vor, Sex erpresst zu haben. Juli 2007: Im Kongo wird ein Verfahren eingeleitet, weil ein Blauhelm-Bataillon in der Stadt Mongbwalu im Gold- und Waffenhandel steckt. März 2006: Ein Bericht wirft mehreren Kaderleuten im Uno-Personalmanagement vor, Günstlingswirtschaft und Missmanagement zu betreiben. Dezember 2005: Die UN-Mission in Liberia lässt sich von einem Reisebüro in Ghana bestechen. Alleine die UN-Verwaltung des Kosovos führte ab 2004 zu rund vierzig Untersuchungen: Betrug, Korruption, Verfahrensmängel, Mittelmissbrauch, Belästigung am Arbeitsplatz.
Nun muss mit aller Macht verhindert werden, dass das Ansehen der Vereinten Nationen unter den Vorwürfen leidet. Die deutschen Medien helfen, so gut sie können: Während Wikileaks unter dem Ansturm von Neugierigen zusammengebrochen ist, interessiert sich heute keine einzige deutsche Zeitung für das Thema, das der "Tagesanzeiger" gestern um kurz vor drei Uhr nachmittags online stellte. War wohl schon Redaktionsschluß in Deutschland.
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