"Die spinnen, die Finnen" müssen Texte über finnische Rockbands nach den Standards der Bundessprachregelungsagentur dpa anfangen. Allerdings geht es auch anders: Katri Kuusimäki stammt aus Finnland, lebt in Berlin und hat ihre Band einfach nach sich selbst benannt. Ihre Lieder nimmt die platinblonde Dame hingegen lieber von anderen. Mit Bassistin Lisa Wicklund, einem handfesten Joan-Jett-Verschnitt, und zwei deutschen Mit-Musikern spielt die herbe Finnin finnisch neu betextete Hits von "Born To Be Wild" bis "One".
Um die irritierend anders klingenden Klassiker vorzutragen, bedient die auf Studioaufnahmen recht harmonisch klingende Frontfrau sich bei ihrem Konzert auf dem Weihnachtsmarkt der Stadt Halle eines gellenden Organs, dessen Oktavumfang im Bereich eines Funkstörsenders liegt. Das Volk aber, in überschaubarer Menge herbeigeströmt, goutiert die Vorstellung euphorisch.
In der einen Hand die Kippe, in der anderen schwedischen Glühwein aus dem nahen Anbaugebiet Höhnstedt tanzt der geschmackssichere Sud von Halle Pogo. Katri Kussimäki fühlt sich angenommen und offeriert dem ihr zu Füßen hüpfenden Mob spontan ihr Kussimaki-T-Shirt: "Zehn Euro, aber ohne Titten!"
Doch vor der Bühne ist nichts zu holen. Zwei hauptberuflich wahrscheinlich als Totengräber tätige Herren in Windjacken spielen enthusiasmiert Luftgitarre mit Händen groß wie Bäckerbrote. Ein Rudel geschmackvoll designter weiblicher Jung-Punks schüttelt die fein frisierten Mähnen. Und ein echter Finne mit Lappenmütze, dank eines Jobs als Fischverkäufer auf dem finnischen Weihnachststand nebenan zum ersten Mal aus seinem entlegenen Dorf entkommen, bittet Passantinnen mit höflicher Verbeugung um den nächsten Tanz. Soweit aber ist Halle noch nicht.
Bei Finland und speziell bei dem Namen Katri Kuusimäki denke ich sofort an den hervorragenden Filmemacher Aki Kaurismäki, der so z. B. den Film "I hired a contract killer" schrieb.
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