Was war das für eine vibrierende Spannung, für eine Vorfreude auf die Vernichtung, kaum getarnt mit geheucheltem Mitgefühl für die Opfer, die natürlich keine Opfer eines Sturmes, sondern Opfer des Versagens der US-amerikanischen Regierung gewesen wären. So gern hätten sie danach gespendet und gewarnt, die Klimakeule geschwungen und Beileid geschwindelt. Olaf61 seziert die Szene in seinem äußerst lesenswerten Blog Die DDR lebt sehr zutreffend: Gustav, der Transvestit aller Stürme, DER Jahrhundertsturm nach Kathrina und vor allen anderen Jahrhundertstürmen, die da noch kommen werden, in diesem Jahrhundert, “war schwächer als erwartet”. Und als in Deutschland ersehnt, fügt Ola61korrekterweise hinzu.
Nun blebt uns nur, aufs nächste Mal zu hoffen. Denn irgendwann, das weiß selbst der 22-jährige Praktikant, den RTL als Berichterstatter in den Sturm gestellt hat, "macht die Natur ernst". Wenn wir nicht endlich lieb sind. Wenn wir nicht endlich aufhören, zu fliegen, Auto zu fahren, Käsechracker zu essen und Kaffee aus Südamerika zu importieren. Gustav wareine herbe Enttäuschung für aufrechte Deutsche, die in Gustav die Rache Gottes, des CO2 oder von Mutter Erde sehen, die den Anblick von George Bush, amerikanischen Truppen im Irak oder der Freiheitsstatue nicht mehr ertragen können und ihn losgeschickt haben, das unreine Volk von der Erde zu tilgen, vorerst in New Orleans. Höchst besorgt wurde von deutschen Rentnerprüglerverstehern im deutschen Blätterwald darauf hingewiesen, dass die Amerikaner nichts aus Kathrina gelernt hätten, dass Dämme ganz woanders errichtet wurden, als sie selbst es getan hätten, kurz, die Vorfreude war gross, amerikanische Bürger im selbstverschuldeten Elend zu erleben, das nun nicht ganz so elend ausgefallen ist, wie erhofft. Eine wirklich herbe, herbe Enttäuschung.
Versagt Gott, möchte man sich da verzweifelt fragen, weilt er überhaupt noch unter uns? Herr, wo bleibt Deine Macht, wenn Du bei einem Wirbelsturm schon so jämmerlich versagst? In vielen deutschen Kirchen werden heute die evangelischen Geistlichen sich derartige Fragen leise stellen, die sonst am Sonntag vom Schrecken des US-Imperialismus predigen und wie die Welt ein Paradies sein könnte, wenn dieses Land nur nicht immer wieder dem Bösen, in mannigfacher Gestalt, den Kampf ansagte und die Muslime, die leider den Koran in der Version Wolfgang Schäubeles nicht akzeptieren, auf brutale Weise in den Tigerkäfigen von Guantanamo schmachten lassen, wie den hoffnungsvollen Schiffbauer Murat Kurnaz, der völlig amputiert und entstellt, von dankbaren Deutschen aufgenommen wurde, weil ihn sein eigener Staat nicht zurücknehmen wollte. Grausames Geschick!
Aber, liebe Brüder an den Altären, Ihr Feuilletonisten und Ihr anderen Gutmenschen, die Ihr an der Gerechtigkeit auf Erden zweifelt, weil Gustav so geschwächelt hat, seht Ihr denn nicht Gottes wunderbaren Plan dahinter? Wen soll wohl die grosse schwarze Hoffnung, Barack Obama, die Lichtgestalt unserer Welt, der dunkle Nachfolger Jesu Christi, denn ins irdische Paradies führen, wenn vorher schon alle ersoffen sind? Gottes Wege sind eben unergründlich. Vor allem für die, die sie zu ergründen suchen. Amen.
Danke, Euer Lob adelt.
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