Donnerstag, 25. September 2008

Blumenvase oder Gefängnis

Die Welt:

Sind Sie mit den Ergebnissen der gescheiterten Anti-Islam-Konferenz in Köln zufrieden?

Henryk Broder:

Ich bin weder zufrieden noch unzufrieden, aber ich stelle fest, dass dieser kleine Vorfall in dieser auf ihre Liberalität so stolzen Stadt Köln eine totale Kapitulation des Rechtsstaats war. Das Demonstrationsrecht hängt nicht davon ab, ob man mit den Demonstranten Sympathie hat oder nicht: Das ist ein Grundrecht.

Sind die Ereignisse eine Gefahr für die deutsche Demokratie?

Broder:

Nein, aber die Verhinderung einer Versammlung von Rechtspopulisten ist ein schlechter Präzedenzfall. Das setzt ungute Vorzeichen. Die so genannte Antifa, die auf der Straße in der Überzahl war und sich gebärdete wie früher die SA, erzwang von der Polizei die Aufgabe des Schutzes der Rechtspopulisten. Das könnte auch mal umgekehrt sein - eine beunruhigende Perspektive.

Also darf die Polizei nicht kapitulieren?

Broder:

Das darf sie nie tun, das gefährdet den Rechtsstaat. Sie muss die Auflagen des Rechtsstaats durchsetzen. Hier hingegen ist aus opportunistischen Gründen eine Versammlung untersagt und abgesagt worden. Jeder darf eine Gegenkundgebung organisieren, aber eine angemeldete und genehmigte Demonstration muss von der Polizei geschützt werden! Hier in Köln hat sich der Staat der Macht der Straße gebeugt.

In Ihrem neuen Buch bestehen Sie auf der klaren Unterscheidung von Kultur und Zivilisation. Warum?

Broder:

Das ist eine ganz zentrale Frage. Nehmen Sie mal Samuel Huntington mit seinem Buch "Clash of Civilizations" - das wurde bei uns falsch übersetzt mit "Kampf der Kulturen". In Deutschland legt man größten Wert auf die Kultur und verachtet die Zivilisation. Ich lege größten Wert auf Zivilisation, weil ich die für etwas Verpflichtendes, Verbindliches halte. Kultur hingegen ist individuell. Mein Lieblingsbeispiel als Erklärung geht so: Kultur ist, wenn ich Ihnen den Kopf abhacke und daraus eine Blumenvase mache, Zivilisation hingegen ist, wenn ich dafür ins Gefängnis gehe.

(das ganze interview hier)

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