Steht die Steuerfahndung bei einem Manager vor der Tür, brüllen sie im Chor, dass die Wände wackeln. Belegt ein Prüfbericht hingegen, dass eine größere Zahl von Volksvertretern im Europäischen Parlament tricksen und täuschen, dass es kracht, um an eine zusätzlich zum kargen Abgeordnetensalär gewährte Sekretariatszulage heranzukommen, ist von deutschen Polit-Lautsprechern kein Ton zu hören. Dabei scheint die Sache klar: Mehrere EU-Abgeordnete haben, so sagt der liberale britischen Parlamentarier Chris Davis, Geld für fiktives Personal abgezweigt. Sogenannte Sekretariatszulagen flossen zum Teil an Familienangehörige.
Es geht nicht um Milliarden, aber auch nicht um Peanuts. 140 Millionen Euro im Jahr, immerhin zehn Prozent seines Gesamt-Etats, lässt sich der europäische Steuerzahler die Versorgung seiner 785 Europaabgeordneten mit erstklassigen Büroleistungen kosten. Jeden Politiker steht ein Betrag von 15.496 Euro zusätzlich zu seinen Diäten zur Verfügung. Der Trick geht nun ganz einfach: Abgeordnete beschäftigen zwar nur ein bis zwei Mitarbeiter, versuchten aber trotzdem, die volle Zulage abzuschöpfen. Dabei entwickeln sie ungeahnte Kreativität. So sind nach Angaben des niederländischen Europaabgeordnete Paul van Buitenen etwa Zahlungen aus der Sekretariatszulage an zwei EU-Abgeordnete geflossen, die gar keine Assistenten beschäftigten.
In zwei anderen Fällen bezahlte die EU externe Dienstleistungen wie Kinderbetreuung und Holzhandel. Ein Abgeordneter stellte seine Frau ein, die für ihr Gehalt allerdings nicht arbeiten musste. Ein anderer Abgeordneter gewährte einem seiner Angestellten ein Weihnachtsgeld in der Höhe von 19 Monatsgehältern. Paul van Buitenen hat Auszüge aus dem bislang geheimen Gericht Anfang März auf seiner Internetseite veröffentlicht. Kein deutscher Politiker hat die Vorgänge bisher kommentiert. Die einzigen beiden deutschsprachigen Zeitungen, die das Thema aufgegriffen haben, waren "Die Presse" und "Der Standard" aus Österreich.
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