Die Deutschen sind wieder ein Stück ärmer geworden, teilte das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans Böckler Stiftung heute aufgeregt mit. Obwohl, hieß es weiter, "Löhne und Gehälter im Osten um 2,1 Prozent und um Westen um 2,3 Prozent gestiegen" seien, habe sich die Zahl der Armen im Land weiter erhöht.
"Wir müssen trotz Aufschwung einen weiteren Anstieg der Armut verzeichnen", erläuterte Claus Schäfer, der sich "Einkommensexperte des WSI" nennen lässt, den Gegenstand der eigenen Untersuchungen aber anscheinend nicht richtig verstanden hat. Richtig müsste es nämlich heißen, dass die Zahl der Armen gerade durch den Anstieg der Gehälter gestiegen ist - weil nach der EU-Definition als arm gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens nach Hause bringt, führt jede Einkommenserhöhung automatisch dazu, dass die, die an der Erhöhung nicht oder nicht voll partizipieren, ärmer werden.
Fallen sie dann unter die Grenze von 60 Prozent, wären sie arm, selbst wenn sich zur selben Zeit - um zur Verdeutlichung ein utopisches Szenario zu bemühen - das Preisniveau im Land halbiert hätte, sie sich also von ihrem verfügbaren Einkommen doppelt so viel wie vorher kaufen könnten.
Auch im kommenden Jahr wird die von Forschern, Gewerkschafter und Politiker einhellig und gleichermaßen verlogen beklagte Entwicklung selbstverständlich weitergehen. Bekanntlich ist ja nicht nur der DGB, Auftraggeber von Schäfers Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut, der Meinung, dass es Zeit ist, Arbeitnehmer endlich durch deutliche Lohnsteigerungen am Aufschwung mitverdienen zu lassen.
Dagegen ist nichts zu sagen. Die Realeinkommen stagnieren seit Mitte der 90er Jahre. Allerdings ist ein großer Schluck aus der Lohnpulle eben auch die sicherste Methode, neue Arme zu produzieren: Jeder Cent, den der Lokführer mehr bekommt, ist ein Cent, der dem Hartz4-Empfänger und dem Billigjobber zur 60-Prozent-Hürde fehlt.
wenn ich die meldungen über steigende armut so rekapituliere, dürften geschätzte 135 prozent der bevölkerung am hungertuch nagen.
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