Züge entgleisen, Gesichtzüge entgleisen und Historiker entgleisen. Nach Dafürhalten der geschätzten Leitmedien, die seit Tagen auf der Suche nach zündenden Fortsetzungsepisoden zur Eva-Herman-Humoreske sind, ist das zumindest dem traditionell als "umstritten" geltenden Berliner Historiker Arnulf Baring passiert: Er entgleiste, indem er den Vorsitzenden der PDS, Oskar Lafontaine, als "nationalen Sozialisten" bezeichnete. "Wir haben einen nationalen Sozialisten im Land", sagte Baring bei der Gedenkveranstaltung an die Opfer der Roten Armee Fraktion in Berlin und dass er anschließend den Namen Lafontaine nannte wurde von den mitgedenkenden Medienschaffenden natürlich genauso geträulich stenografiert.
Gleich im Anschluß setzte der gewohnte "Wirbel" ein, der Baring in jede Talkshow hinein- und sofort wieder herauswirbeln wird. Unerwarteten, ungewollten und völlig unbemerkten Zuspruch bekommt der 75-Jährige, der die These vertritt, dass die Bedrohung, die von links für die Gesellschaft ausgehe, unterschätzt werde, derweil ausgerechnet von ganz links: Dieter Dehm, Ex-Liedermacher, Ex-Stasi-Agent und linker Parteigenosse Lafontaines, ließ die vom FDJ-Verbandsorgan "JUnge Welt" abgespaltete literarische Kampfschrift "Jungle World" schon vor längerem wissen, dass er eigentlich ein nationaler Sozialist sei, dies aber aus Gründen des historischen Begriffsverschleißes leider nicht direkt sagen könne. Deshalb nenne er sich und die Seinen nicht so, "aber wenn die NSDAP sich Sozialisten nennt, die rote Fahne verwendet und »Brüder, zur Sonne, zur Freiheit« singt, was alles geschehen ist, dann möchte ich ihnen nichts davon kampflos überlassen. Auch nicht das Wort national. Oder soll ich mich jetzt nicht mehr Sozialist nennen, weil Hitler sich Nationalsozialist nannte?" Was uns anbelangt, können wir keinen Rat geben. Es ist uns schlicht wurscht, wie Dehm sich nennt und wer Lafontaine als was bezeichnet. Nur der Wirbel, der interessiert wirklich, nur der Wirbel.
ein wirbelwind, dieses deutschland.
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