Freitag, 5. Oktober 2007

Heiliger Harnstein

Dass die Erde rund und Gott eine Erfindung der Kirche ist, hält die entwickelte Welt nicht davon ab, Neuigkeiten vom Mummenschanz der Römer Robenträger mit kieferknirschender Ernsthaftigkeit über Gläubige und Ungläubige gleichermaßen zu pudern. Eben heißt es, ein letztes Hindernis für die "Prozedur der Heiligsprechung" der am Abend ihrer Tage vom Glauben abgefallenen "Mutter Theresa sei aus dem Weg geräumt. Hossiannah!!! Weil die 2003 nach kurzer Prüfungszeit bereits mit dem etikett "selig" versehene Freundin von Karnken und Armen "einen 56-Jährigen im Nordosten Indiens wundersam gesunden lassen" habe, steht ihr jetzt nach Ansicht der irdischen Kirchengötter auch der Weg zum Heiligsein offen. Zu verdanken hat das Mütterchen Theresa einem "13 Millimeter großen Stein in der Harnröhre" des indischen Prieserts, der nach der Lesung einer Messe zugunster der Heiligen in spe "auf medizinisch unerklärliche Weise" verschwunden sei. Der verantwortliche Chirurg soll festgehalten haben, "dass es für das Verschwinden des Harnsteins keine wissenschaftlichen Erklärungen" gebe. Auch die Diabetes- und Blutdruckwerte des Mannes waren nach der Messe mit dem Mütterchen plötzlich normal. Was für Uneingeweihte nach dem obskurem Blödsinn einer Sekte klingt, die, hieße sie Scientology, wahrscheinlich im Handumdrehen verboten würde, sorgt in den säkulären Medien für einen Wirbelsturm an Wunderglauben. "In der Prozedur der Heiligsprechung fehle jetzt nur noch das offizielle Siegel des Vatikans zur wunderbaren Gesundung des Priesters", verkünden kritische Blätter wie der "Tagesspiegel".

Für die Heiligsprechung sei ein Wunder notwendig, das nach der Seligsprechung erfolgt sein muss, sekundiert ernsthaft die sich normalerweise aufgeklärt gerierende "Zeit". Was sollen sie aber auch machen, wenn alles für ein wirkliches Wunder spricht? Und sogar ein unabhängiger Sachverständiger wie der Erzbischof von Guwahati, Mons. Thomas Menamparampil (70) versichert, dass die "Genesung des Priesters über und außerhalb wissenschaftlicher und menschlicher Erklärungen“? Darauf hinweisen, dass Gott, wäre er allmächtig, doch eher mehr drauf hätte als Harnsteine zu torpedieren wie ein handelsübliches Ultraschallgerät? Gott bewahre!

2 Kommentare:

  1. selig- und heiligsprechungen sind ja mein persoenliches lieblingsfeature der roemisch-katholischen kirche. nicht zuletzt, weil bei eben jenen vorgaengen immer gern mit der wissenschaft (oder: der ratlosigkeit der selben) argumentiert wird.

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  2. und noch schöner ist: selig- und heiligsprechungen werden mit einer akribie betrieben, die man - wissenschaftlich nennen könnte.

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