Mittwoch, 29. August 2007

Zehnmal ist kein Mal

Der Präsident der Bundestrojaner-Zentralstelle (BKA), Jörg Ziercke, hat die Debatte über die umstrittenen Online-Durchsuchungen privater Computer als «Angstmacher-Diskussion, die zu Verunsicherung führen soll» bezeichnet. Einen Grund dafür sieht der Behördenchef nicht, denn es gehe «schlicht und einfach um fünf bis maximal zehn solcher Maßnahmen im Jahr», wie Ziercke dem «Stern» verriet. Zehnmal aber ist kein Mal, umgerechnet muss so ja jeder Deutsche etwa acht Millionen jahre warten, bis er online durchsucht wird. Es gibt also gar keinen Grund zu irgendwelcher Aufregung, zumal das Bundesinnenministerium Online-Durchsuchungen mit Hilfe gefälschter Behörden-E-Mails durchführen will, die zwar von der Behörde kommen, aber von der falschen. In der Post solle sich Schnüffelsoftware verstecken, die beim Öffnen der Mail auf dem Rechner installiert werde.
«Das Versenden von E-Mails unter dem Namen einer anderen Behörde» könne «in begründeten Ausnahmefällen» zum Einsatz kommen. Das Justizministerium habe allerdings gewarnt, dass die Nutzung von manipulierten Behörden-Mails «generell das Vertrauen in Mails von staatlichen Stellen beeinflussen könnte». Zu bezweifeln ist das, weil Behörden bekanntermaßen niemals E-Mails verschicken, sondern sich auf traditionelle Wege wie die gelbe Post verlassen. Mails die behaupten, vom Finanzamt zu kommen, dürften heute schon bei allen Empfängern mit einem Klick im Papierkorb verschwinden.

Ziercke gibt denn auch zu, dass der Aufwand für eine einzige Online-Durchsuchung beträchtlich ist. Für Linux-User und Apple-Fans braucht die Behörde einen anderen Virus als für Microsoft-Nutzer, wer aber was benutzt, muss irgendwie vorher auskundschaftet werden, ehe «wir jeweils eine eigene Software entwickeln». BKA-Beamte müssten also erstmal nachschauen und dann noch mal zurückkommen. Auf die Frage, wie diese Software auf den Computer eines Verdächtigen geladen werden solle, ob man etwa heimlich in Wohnungen eindringen oder Vertrauenspersonen finden müsse, die Zugang haben, beruhigte Ziercke die in der Angstmacher-Diskussion aufgekommene Verunsicherung, dass manche Bürger vielleicht gar keinen Trojaner abbekommen könnten: «Da gibt es viele Möglichkeiten.»

1 Kommentar:

  1. der ccc meint: «Bei den Äußerungen
    des Innenministers wird deutlich, dass es erheblich an technischem
    Sachverstand fehlt», sagte «CCC»-Sprecher Andy Müller-Maguhn. «Natürlich stimmt es beispielsweise nicht, dass es keine
    Entdeckungsmöglichkeiten von Trojanern gibt. Die Professionalität der
    Behörde darf bezweifelt werde.» Offensichtlich werde Schäuble «eher
    von Wünschen als von Erfahrungen gesteuert».

    AntwortenLöschen

Richtlinien für Lesermeinungen: Werte Nutzer, bitte beachten Sie bei ihren Einträgen stets die Maasregeln und die hier geltende Anettekette. Alle anderen Einträge werden nach den Vorgaben der aktuellen Meinungsfreiheitsschutzgesetze entschädigungslos gelöscht. Danke.