Sonntag, 26. August 2007

Ufos bei Uwe Ochsenknecht

Wenn Sachsen-Anhalts größte Stadt zum größten Volksfest des Landes lädt, finden sich die reiferen Jahrgängen aus Funk und Fernsehen bekannten Show-Ruinen und peruanische Panflötenbläser traditionell im Dutzend ein. Kein Sockenstand trübt den Blick des Kulturfreundes auf die Becherovka-Theke, kein fliegender Händler verstellt den Weg zum nächsten Dönerstand, den ein Mann aus Schmölln betreibt. Vorsorglich lange vor den Übergriffen von Mügeln, und doch aus sehr durchsichtigen Gründen, hat die hallesche Stadtverwaltung den bei älteren Mitteldeutschen beliebten indischen Schrapel-Händlern, die in Wirklichkeit meist pakistanische Pulloverdealer sind, das Aufstellen ihrer Klapptische untersagt. "Laternenfest" nennt sich, was in den Stunden nach Sonnenuntergang zielgerichtet ins Koma treibt:
Begleitet von erfahrenen Kulturschaffenden wie der Ireen Sheer, dem, ja, dem! Graham Bonny und dem, richtig, dem!!! Uwe Ochsenknecht, taumeln Zehntausende auf dem Festgelände in den kollektiven Kümmerling-Rausch. Zusammengeströmt ist Ballermann-gestähltes Publikum, das fest für die ganze Familie versammelt vor allem Vertreter der jüngeren Generation, die die öffentliche Hinrichtung des Queen-Klassikers "We Are The Champions" durch das ZDF-Hitparaden-Mobiliar Ireen Sheer und ein augenscheinlich angetrunkenes Fernsehballett mit geschwenkten Bierflaschen bejubeln. Junge Mädchen in weißen Hosen taumeln sektselig über sumpfige Wiesen, junge Männer mit nackten Oberkörpern belagern die Randstreifen der Wege, um unkompliziert loszuwerden, was an den Bierständen für 2,50 massig ausgereicht wird. Der Weg ist das Ziel und der liebevoll gestapelte Turm aus Kümmerling-Flaschen Ausweis der Tatsache, dass hier mit Niveau gesoffen, krakeelt und in die Büsche gekotzt wird. Uwe Ochsenknecht, der Uwe Ochsenknecht, der einst Hitlerbriefe fälschte und heute Phil Collins nachmacht, liebt das Publikum, das seinen ohnmächtigen Versuchen, Rockmusik zu produzieren, wie betäubt folgt. Über der Bühne erhascht der getrübte Blick Tausender für einige Minuten vier Ufos, deren Besatzungen sich eilig davon machen. Im bayrischen Bierzelt fliegt die blauweiße Kuh, auf der Tanzfläche werfen sich enthemmte Rentnerinnen in den Rhythmus grenzdebiler Westkurvengesänge. Wir alle sind DJ Ötzi, wir alle sind Dieter Bohlen! Und Graham Bonny, der Graham Bonny singt dazu vom Weg nach Amarillo, dass Köpfe wippen wie wild und kein Blick für das unter Klimaschutzaspekten hochgradig gefährliche Feuerwerk übrig ist.Ein schönes Fest, eine perfekte Nacht, die bei der Bundeswehr-Reservistenkameradschaft Halle fröhlich ausklingt. Eine Art Peter Maffay hat hier die Bretter bestiegen, die die Welt bedeuten. "Und es war Sommer" singt der kleine Mann mit der großen Gitarre und Bundeswehr-Reservisten wie ehemals in fremden Heeren Dienende orgeln orgiastisch mit. Hauptsponsor des wacker rockenden Maffay-Klones ist ausnahmsweise kein Schnaps, kein Wein und kein Bier, sondern ein namenloser "Dienstleister für die Prozessindustrie". Der Prozess des besinnungslosen Betrinkens aber endet, ehe das letzte Fass geleert ist. Kaum ist die Plattensammlung einmal durchgesungen, kommt auch schon die Polizei. "Stellen Sie den Ausschank sofort ein", befiehlt ein Schutzmann, der so stocknüchtern ist, dass ihm allein von der Luft über dem Festgelände übel werden müsste. Sonst, droht er mit einem Blick auf die Siebenjährige nebenan, die eben noch zwölf Bier und vier Kräuter für ihre Familie zu bestellen versucht, "stelle ich Ihre Personalien fest". Da schließt sich die Klappe ganz schnell. Koitus interruptus. Jetzt beginnt die Party für die Pfandbechersammler.

4 Kommentare:

  1. ich weiß schon, warum ich die chose ignoriere.

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  2. vielen dank fuer diese impressionen. fuehlt sich an wie mittendrin gewesen.

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  3. Ja, binladenhüter hatte einen schönen abend, bis zum anschlag offensichtlich.

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  4. binladenhüter gelesen - dabei gewesen. ja, das kann er.

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