Es ging schon in die Richtung Sorgen machen. Gerade noch war er Hoffnungsträger der deutschen Partei mit der größten Regierungserfahrung, der Erbe der Kanzlerin mit den größten Erfolgen in der Pandemiebekämpfung, ein geachteter Ministerpräsident, Vorstand des Teams Lockerung und Augenmaß, der es trotz einer krachenden Wahlniederlage beinahe fast doch no0ch als Juniorpartner in die neue Bundesregierung geschafft hätte. Und auf einmal nichts mehr. Kein Landesvater und auch nicht der Papi für den ganzen Bund, der auf die "Mutti" (Spiegel) folgt. Kein Ministeramt und kein Parteivorsitz. Nur noch Hinterbänkler und Schuldiger für ein Systemversagen, das die Nachfolger so laut betrauern und beklagen wie sie es sehenden Auges und mit geschlossenem Mund mitvollzogen hatten.
Was soll aus ihm werden?
Was sollte aus Armin Laschet noch werden? Aus einem Mann mit dem Charisma eines Zaunpfahls, der an den falschen Stellen lacht, den staubigen Charme einer Amtsbibliothek verströmt und selbst in seinen eigenen Hochglanzwerbefilmchen wirkte wie falsch besetzt? Würde ihn seine Partei fallenlassen wie eine faule Kartoffel? Wären seine Verdienste um Land und Staat und Parteiformationen von einem Tag auf den anderen vergessen, so fragten sich Millionen, die nie warm geworden waren mit dem kleinen Kerl aus Nordrhein-Westfalen, ihm deshalb aber noch lange nichts Böses wünschten.
Entwarnung. Ganz knapp hat es doch noch geklappt mit einem neuen verantwortungsvollen Posten für den verdienstvollen Funktionär, der schließlich seit einem Vierteljahrhundert nichts anderes mehr getan hatte als Politik zu machen, Politik für die Menschen vor allem. Diese seine große Stärke wird Laschet nun weiter ausspielen können, denn als einer von insgesamt 20 Vizepräsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarats steht er auch in Zukunft irgendwo ganz weit oben an der Spitze der europäischen Wertegemeinschaft, sogar weit über die EU hinaus. Denn der Europarat umfasst alle 47 europäischen Staaten, darunter sogar das in Vorderasien liegenden Aserbaidschan.
Gegner an einem Tisch
Die "Parlamentarische Versammlung" des Rates ist "das demokratische Gewissen" (Eigenbeschreibung) des/der Kontinent(e). Hier arbeiten Vertreterinnen und Vertreter der nationale Parlamente zusammen, abgesehen von Russland, das derzeit nicht mitmachen darf, bis es die Krim wieder zurückgibt. dafür ist das von einem deutschen Hochkommissar geführte Bosnien-Herzegowina dabei und auch die beiden Kriegsgegner Armenien und Aserbaidschan sitzen hier an einem Tisch.
Für Armin Laschet ist es eine Anschlussverwendung, die überraschend kam, weil der Posten eigentlich der SPD zugestanden hätte, die solche Gelegenheiten, alte Genossen zu versorgen, nie auslässt. Aber hätte Ladschet nicht besser passen könnte. Zwar verrät die Internetseite der Parlamentarischen Versammlung, dass das Hohe Haus nur viermal im Jahr tagt. Doch in diesen sanft über die vier Jahreszeiten verteilten je viertägigen Zusammenkünfte wird dann zu Themen wie Fußball, LBGTO und dem Klimawandel als Verletzung von Kinderrechten diskutiert - live und unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Netz.
Niemand nimmt Notiz
Keine Nachrichtenmagazin nimmt jemals Notiz von den Debatten dort, keine Zeitung berichtet, keine "Tagesschau" und kein politisches Magazin im Gemeinsinnfunk. 99,4 Prozent der Europäer ist die Existenz der Parlamentarischen Versammlung nicht bekannt, doch Armin Laschet eilte direkt vom CDU-Parteitag nach Straßburg, um dort noch rechtzeitig für die erste "Session" genannte Sitzung des Jahres 2022 einzutreffen und zum Vizepräsidenten "bestimmt" (T-Online) werden zu können.
Eine neue Kariere in Europa, wie die Badischen Nachrichten jubelten. "Ich freue mich, einen Beitrag zur wichtigen Arbeit des Europarates leisten zu können", ließ der scheidende CDU-Spitzenpolitiker nach dem Wahlakt wissen. Als Vizepräsident vertritt der Mann aus Aachen künftig Rik Daems, den Präsidenten der Versammlung, wenn der verhindert ist oder selbst das Wort im Hohen Haus ergreift. Das scheint so oft nicht der Fall zu sein, denn unter "aktuelle Reden" führt der in den zurückliegenden zwei Jahren noch nicht aktualisierte Link bei Daems direkt zur Biografie seiner Vorgängerin Liliane Maury Pasquier.
Ruhige Tage voraus
Das werden ruhige Tage für Armin Laschet in Straßburg. Der Fast-Kanzler profitiert dabei von einer Regelung, die Deutschland aufgrund seiner Größe
immer einen Vizepräsidentenposten zubilligt, während kleinere Partnerländer nur aller paar Jahre mal an der Reihe sind. Als einer der 20 Vizepräsidenten wird auch Laschet wohl nur sehr selten zum Einsatz kommen, obwohl Portugal seinen Vizeposten noch besetzen muss und der russische Kandidat womöglich wie alle AfD-Anwärter*innen durchfällt. Die "offene Wunde" aber, wie Armin Laschet seine Wahlniederlage bis heute nennt, sie wird sich nach und nach schließen können, während der Verletzte über die Menschenrechte wacht, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Auge behält und heute schon über die "europäische Perspektive nach dem Krieg" nachdenken hilft.
2 Kommentare:
Einst hatten die Germanen mit Armin dem Cherusker einen Führer, der dem Imperium Paroli bot, doch inzwischen sind sie so degeneriert, dass sie sich mit einem Armin Laschet begnügen, der brav im US-Strom schwimmt und bei Kondolenz-Reden unpassende Lachanfälle bekommt, weil ein Witz über seine mickrige Größe gemacht wurde.
Tja, sehr früh morgens und sehr spät abends werfen auch Zwerge riesige Schatten. Das sind die Tageszeiten, in denen die Deutschen sich gegenseitig bewerten und zu Halbgöttern verklären.
Hauptsache die Diäten stimmen.
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