Mittwoch, 4. Juli 2018

Deutschland, ein Eisblock: Alles bleibt, alles bleibt, wie es war

 

Ja, es war ein Aufatmen zu spüren, das quer durch die Republik ging. Horst Seehofer macht weiter! Der Sturz der Kanzlerin - abgesagt! Und schließlich erklärte sich auch noch Nationaltrainer Joachim Löw bereit, die nach dem schmählichen Aus der deutschen Farben in Russland fällige Fußballwende höchstselbst herbeizuführen. Nur Stunden nachdem Seehofer beschlossen hatte, Innenminister zu bleiben und die Kanzlerin beschloss, sich nicht stürzen zu lassen, steht damit ein weiterer Pfeiler von Deutschland lichter fest gemauert in der Erden.

Joachim Löw hatte die Nation auf die Folter gespannt, seit er nach der Rückkehr von der Mission Titelverteidigung in Frankfurt aus dem Flieger gestiegen war. Vom Deutsche Fussballbund kamen Signale, man wisse keinen anderen, schon gar keinen besseren Kandidaten, ein paar Fans moserten, doch die Kanzlerin, auf die es ankommt, hielt offenbar zum in die Kritik geratenen Weltmeistermacher von 2014. So kam es am Ende nur auf Löw selbst an: Würde der 58-Jährige in sich noch einmal die Stärke fühlen, den Neuaufbau voranzutreiben? Würde er alle Selbstzweifel überwinden und aus der übernommenen Verantwortung den Schluss ziehen, dass es Zeit sei, weiterzumachen?

Ja. Löw bleibt Bundestrainer. Ein logischer, erwartbarer und kaum überraschender Schritt in einer Zeit, in der Verantwortungsträger zwar gern Verantwortung tragen. Nach offenkundigen Fehlentscheidungen aber stets vermeiden, die eigentlich fälligen Konsequenzen zu ziehen. Wie einst Egon Krenz gehen die Organisatoren des Schlamassels lieber frohen Mutes und in der Gewissheit eines weiter pünktlich eintreffenden Gehaltsschecks daran, den Aufbruch auszurufen, einen Neuanfang zu wagen, allen zu zeigen, dass man doch Recht gehabt hat.

"Was kann ich dem Land geben, was kann ich meiner Partei, der CDU, geben, und was bedeutet das auch für mich persönlich?", hatte sich Angela Merkel im Sommer 2017 gefragt. Und auch "Kannst du dem Land noch was geben? Bist du noch neugierig genug? Reicht deine Kraft, das zu machen?"

Antworten fand sie bis heute nicht, aber ein Amt, das ihr immer noch gut steht. Und Nachahmer wie Löw, der jetzt der "beschädigte Weltmeister-Coach" (FAZ) ist, der sich zutraut, den Spielern, die er vor der WM ausgebootet hatte, beizubringen, wie sehr er nun auf sie setzt. Und denen, die ihn in Russland im Stich ließen und die er dort im Regen einer falschen Taktik stehen ließ, zu offenbaren, dass sie nicht mehr berücksichtigen kann, weil ein Neuanfang ohne neuen Mann in der Seitenlinie  wenigstens neue Männer auf dem Platz präsentieren muss.

Ein Wünschdirwas, selbst nach der größten Blamage, die der bundesdeutsche Fussball jemals erlebt hat. „Ich möchte mit ganzem Einsatz den Neuaufbau gestalten“, zitiert eine Pressemitteilung den allten und neuen Bundestrainer wörtlich - und von "werde" ist dort keine Rede. Dafür sprach #Mannschaftsmanager Oliver Bierhoff, der bei einem Löw-Rücktritt ebenso hätte gehen müssen wie wohl auch DFB-Chef Grindel, von „Energie", die er bei Löw gespürt habe und einer Bereitschaft,  "den neuen Weg zu gehen“ und „die notwendigen Schritte zu machen“.

Deutschland, ein Eisblock, gefroren im Gefühl, es gehe nur so und es gebe nur die, die es immer schon machen. 1982 sang Hannes Wader noch davon, "dass nichts bleibt, wie es war",
im Juni 1993 trat Innenminister Rudolf Seiters wegen einer Fake-News-Geschichte aus der Feder des Spiegel-Reporters Hans Leyendecker zurück. Im Mai 2010 schied der damalige Bundespräsident Horst Köhler aus dem Amt, weil er das Gesetz zur ersten Euro-Rettung für verfassungsfeindlich hielt und deshalb nicht unterschreiben wollte. Dann kamen noch von Guttenberg, Wulff und der deutsche Papst. Und seitdem niemand mehr. 

"Selbst dann noch, wenn man ein großes, ein bedeutungsvolles Projekt massiv gegen die Wand gefahren hat, darf man fortfahren, als wäre nichts passiert", klagt der Tagesspiegel über ein gesellschafliches Klima, das traditionelle Reinigungsrituale wie die Wahl eines Sündenbockes - in der Augsburger Puppenkiste der bekannte Rüpel Ziegenbock Bobesch - kurzerhand für obsolet erklärt. 


Deutschland ist nun am Ende, fertig, da muss nichts mehr gemacht werden.


5 Kommentare:

Gerry hat gesagt…

Man bemüht sich, das Thema Löw zu vermeiden, und wenns dann doch mal auf den Tisch kommt, ist die Beklemmung mit Händen greifbar. Die Fussballnationalmannschaft wurde vor der WM schon seitens großen Teilen der Bevölkerung mit Desinteresse und/oder Ablehnung bedacht (im Vergleich zu den Turnieren davor), und nach der Klatsche, und vor allem wie damit umgegangen wird, hat sich diese Haltung potenziert.

Eisbrecher hat gesagt…

... und wieder Fußball, Fußball, Fußball.

Hartnäckig ballaballa wie Fußpilz.

Die unsere mühsam aus Diktaturtrümmern aufgebaute freiheitliche Demokratie immer massiver bedrohende Schindluderpolitik des Merkelregimes ist hier aus Hosenscheißerangst vor der maaslosen Maulkorbverordnung nur noch eine seicht behandelte Randnotiz.

Bolzokratie über alles, über alles in der Welt ... und dazu fast religiöse Weltmeisterallüren.

Ihr naiven Einfaltspinsel verdient genau das, was ihr bekommt. Eine aufgeblasene Lederkugel, die 22 Multi(kulti)millionäre in sogenannte Tore zu treten versuchen. Sinnentleerte Unterhaltung für Toren, die sich gerne für Kicker-Experten halten.

2000 Jahre Brot und Spiele und stolz darauf ... oder was?

Gerry hat gesagt…

Sie übersehen, geehrter Herr Eisbrecher, dass in diesem Fall Löw & Co. als Parallelbeispiel zur Groteske in Berlin dient. Überall die gleichen Auswirkungen des Mehltaus, der sich wie ein Fluch übers Land legt.

ppq hat gesagt…

@eisbrecher: ein ganz armer mann, der die parallelen nicht sieht. tut mir leid für sie

Eisbrecher hat gesagt…

@ Gerry & Lord Helmchen

Viel Spaß in eurem verklausulierten Kicki-kicki-Paralleluniversum.

Wohin uns dieses feige um den heißen Kotzbrei herum schleichen gebracht hat, könnt ihr inzwischen in jedem Kaff in jeder Gasse bewundern. Überall flaniert bunte Vielfalt auf All-inclusive-Dauerurlaub umher und fordert die Erfüllung seiner exotischen Sonderwünsche.

Arbeitet also schön fleißig an raffinierten Tarnmodustexten und anderen politisch korrekten Produkten, die reichlich Steuergeld generieren, denn die mittlerweile 1,5 Mio Merkelgäste wollen auch ohne feingeistige Jogi-Löw-Beispiele superb versorgt werden.

Vielleicht bin ich monetär ein armer Mann, aber jedenfalls betreibe ich kein verbales Versteckspiel, sondern traue ich mich, die üble Schäbigkeit beim Namen zu nennen. Wer hier also wem leid tun müsste, ist noch offen.