Haben die Medien die vermeintliche Zunahme von Messerattacken mit Verletzten zu verantworten? Gemeinsam mit Statistikern und Medienethikern vom An-Institut für Angewandte Entropie der Bundeskulturstiftung versucht sich PPQ an einer Antwort.
Es passiert zumindest dem Gefühl vieler Menschen nach zunehmend öfter: Schlagzeilen über Messerstechereien, Messerattacken und Angriffe mit Messern mehren sich. Aber liegt das an einer wirklich steigenden Zahl von Angriffen? Oder ist es nicht vielmehr die ausgiebigere Berichterstattung über vereinzelte Auseinandersetzungen mit Messern, die die Werte steigen lässt? Das zumindest ist das Ergebnis einer gemeinsamen Untersuchung von PPQ und den einem Team von Medienforschern unter Leitung des Medienwissenschaftlers Hans Achtelbuscher vom Lehrstuhl für Angewandte Entropie an der Hochschule für Politik.
„Hätten die Medien gar nicht über die Messerattacken berichtet, wären die Unruhewerte unter den von uns Befragten unseren Berechnungen zufolge fünf Punkte niedriger“, so Achtelbbuscher, der auf sensationslüsterne Berichte über Lehrstunden zur Abwehr von Messserangriffen und populistische Parolen über die angebliche "Messerstadt Leipzig" verweist. „Wird viel über Messerattacken berichtet, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen vermehrt an Messerattacken glauben.“
Die Auswertung zeigt: zunächst sorgte eine leicht zunehmende Zahl von Messerattacken dafür, dass mehr über sie berichtet wurde. Die steigende Berichterstattung wiederum hat dann einen positiven Einfluss auf die Zahl tatsächlich geschehender Auseinandersetzungen mit Messern, bei denen es zu verletzten kam. Die Grafik zur Auswertung findet sich oben.
Der Analyse zufolge gibt es zwar einen statistischen Zusammenhang, dieser lässt aber nach Angaben von Hans Achtelbuscher keine Rückschlüsse auf Ursache oder Wirkung zu. Es bleibt die Frage: wird mehr berichtet, weil Messerattacken häufiger vorkommen – oder kommen sie häufiger vor, weil Nachahmer und Trittbrettfahrer häufiger Messer benutzen?
Diese These wurde zuletzt häufiger vertreten. Vor allem Onlinemedien setzten wegen der erwiesenen Klickstärke von vorurteilsbeladenen Berichten über Messerstecher vermehrt auf das thema. Journalistinnen und Journalisten wird deshalb vorgeworfen, sie hätten Messerangriffe zu einem bedeutsameren Thema gemacht als es in Wirklichkeit sei. Nach wie vor hätten mehr als 80 Millionen Deutschen niemals mit einem Messerangreifer zu tun gehabt, heißt es dann. Die Angst vor entsprechenden Auseinandersetzungen sei irrational und ausschließlich der starken beachtung zu verdanken, die gelegentliche mit Messern bewaffnete Angreifer in den Medien fänden. Sogar der Bundespräsident kritisierte die Medien.
Ist die Medienkritik also berechtigt? Nicht unbedingt, findet Hans Achtelbuscher: „Ja, es gibt einen statistischen Kausalzusammenhang zwischen der Häufigkeit der Berichte und den real stattfindenden Taten. Viel über Messerangreifer berichten führt zu steigenden Werten in der Statistik der Schlagzeilen über Messerangriffe." Ob zu viel über die entsprechende Kriminalitätstatistik berichtet würde, sei eine ganz andere Frage. "Aufgabe der Medien ist es sicher nicht, durch Zurückhaltung in der Berichterstattung Messerattentäter künstlich klein zu halten.“
Dass es gar ein "Nachrichtenkartell" gäbe, das Messerangriffe für sich nutze, um in der Aufmerksamkeitsökonomie zu punkten, hält Hans Achtelbuscher für abwegig. „Den Vorwurf des 'Hochschreibens' halte ich für absurd. Was wäre denn die Alternative? Totschweigen??“
Unter Fachleuten ist der fehlende Zusammenhang ausgemacht. Auch Herrnfried Hegenzecht vom Bundesblogampelamt (BBAA) im mecklenburgischen Warin, der mediale Entwicklungen von Amts wegen beobachtet, erklärt zur Frage, ob viel Berichterstattung auch automatisch eine höhere realrelevanz bedeutet: „Es ist nicht zwingend so, dass das eine passiert, weil das andere passiert. Um diese Frage zu beantworten, braucht es Logik und gesunden Menschenverstand – allein mit den Zahlen kommt man hier nicht weiter. Jeder Versuch einer einfachen These ist gefährlich.“
Die Auswertung unserer Daten
Für unsere Analyse wurden folgende Datensätze ausgewertet:
Die Häufigkeit der Nennung der Begriffs „Messer“ und "verletzt" in der Google-Suche für Deutschland, Bereich "Gesetz und Regierung" zwischen 2004 und 2017.
Diese Grundlage haben wir gewählt, weil es hierzu bei der amerikanischen Suchmaschine länderbezogene und frei verfügbare Daten gibt. Eine ausführliche Analyse inklusive Erklärung der angewandten Methoden findet sich auf dem lesenswerten Blog von Hans Achtelbuscher.
Es passiert zumindest dem Gefühl vieler Menschen nach zunehmend öfter: Schlagzeilen über Messerstechereien, Messerattacken und Angriffe mit Messern mehren sich. Aber liegt das an einer wirklich steigenden Zahl von Angriffen? Oder ist es nicht vielmehr die ausgiebigere Berichterstattung über vereinzelte Auseinandersetzungen mit Messern, die die Werte steigen lässt? Das zumindest ist das Ergebnis einer gemeinsamen Untersuchung von PPQ und den einem Team von Medienforschern unter Leitung des Medienwissenschaftlers Hans Achtelbuscher vom Lehrstuhl für Angewandte Entropie an der Hochschule für Politik.
„Hätten die Medien gar nicht über die Messerattacken berichtet, wären die Unruhewerte unter den von uns Befragten unseren Berechnungen zufolge fünf Punkte niedriger“, so Achtelbbuscher, der auf sensationslüsterne Berichte über Lehrstunden zur Abwehr von Messserangriffen und populistische Parolen über die angebliche "Messerstadt Leipzig" verweist. „Wird viel über Messerattacken berichtet, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen vermehrt an Messerattacken glauben.“
Die Auswertung zeigt: zunächst sorgte eine leicht zunehmende Zahl von Messerattacken dafür, dass mehr über sie berichtet wurde. Die steigende Berichterstattung wiederum hat dann einen positiven Einfluss auf die Zahl tatsächlich geschehender Auseinandersetzungen mit Messern, bei denen es zu verletzten kam. Die Grafik zur Auswertung findet sich oben.
Der Analyse zufolge gibt es zwar einen statistischen Zusammenhang, dieser lässt aber nach Angaben von Hans Achtelbuscher keine Rückschlüsse auf Ursache oder Wirkung zu. Es bleibt die Frage: wird mehr berichtet, weil Messerattacken häufiger vorkommen – oder kommen sie häufiger vor, weil Nachahmer und Trittbrettfahrer häufiger Messer benutzen?
Don't kill the messenger
Diese These wurde zuletzt häufiger vertreten. Vor allem Onlinemedien setzten wegen der erwiesenen Klickstärke von vorurteilsbeladenen Berichten über Messerstecher vermehrt auf das thema. Journalistinnen und Journalisten wird deshalb vorgeworfen, sie hätten Messerangriffe zu einem bedeutsameren Thema gemacht als es in Wirklichkeit sei. Nach wie vor hätten mehr als 80 Millionen Deutschen niemals mit einem Messerangreifer zu tun gehabt, heißt es dann. Die Angst vor entsprechenden Auseinandersetzungen sei irrational und ausschließlich der starken beachtung zu verdanken, die gelegentliche mit Messern bewaffnete Angreifer in den Medien fänden. Sogar der Bundespräsident kritisierte die Medien.
Ist die Medienkritik also berechtigt? Nicht unbedingt, findet Hans Achtelbuscher: „Ja, es gibt einen statistischen Kausalzusammenhang zwischen der Häufigkeit der Berichte und den real stattfindenden Taten. Viel über Messerangreifer berichten führt zu steigenden Werten in der Statistik der Schlagzeilen über Messerangriffe." Ob zu viel über die entsprechende Kriminalitätstatistik berichtet würde, sei eine ganz andere Frage. "Aufgabe der Medien ist es sicher nicht, durch Zurückhaltung in der Berichterstattung Messerattentäter künstlich klein zu halten.“
Es gibt kein Nachrichtenkartell
Dass es gar ein "Nachrichtenkartell" gäbe, das Messerangriffe für sich nutze, um in der Aufmerksamkeitsökonomie zu punkten, hält Hans Achtelbuscher für abwegig. „Den Vorwurf des 'Hochschreibens' halte ich für absurd. Was wäre denn die Alternative? Totschweigen??“
Unter Fachleuten ist der fehlende Zusammenhang ausgemacht. Auch Herrnfried Hegenzecht vom Bundesblogampelamt (BBAA) im mecklenburgischen Warin, der mediale Entwicklungen von Amts wegen beobachtet, erklärt zur Frage, ob viel Berichterstattung auch automatisch eine höhere realrelevanz bedeutet: „Es ist nicht zwingend so, dass das eine passiert, weil das andere passiert. Um diese Frage zu beantworten, braucht es Logik und gesunden Menschenverstand – allein mit den Zahlen kommt man hier nicht weiter. Jeder Versuch einer einfachen These ist gefährlich.“
Die Auswertung unserer Daten
Für unsere Analyse wurden folgende Datensätze ausgewertet:
Die Häufigkeit der Nennung der Begriffs „Messer“ und "verletzt" in der Google-Suche für Deutschland, Bereich "Gesetz und Regierung" zwischen 2004 und 2017.
Diese Grundlage haben wir gewählt, weil es hierzu bei der amerikanischen Suchmaschine länderbezogene und frei verfügbare Daten gibt. Eine ausführliche Analyse inklusive Erklärung der angewandten Methoden findet sich auf dem lesenswerten Blog von Hans Achtelbuscher.
3 Kommentare:
Messerstadt ist immer noch Solingen. Leipzig hingegen ist Messestadt.
The same procedure as im Krampf gägen Rächts ™.
Als ich noch jung und knusprig, also in meinen frühen Vierzigern, habe ich auch der südostasiatischen Raufkunst gefrönt - mit dem (Gummi-)Messer war ich eher mäßig, nur für den Hausgebrauch, aber mit dem Knittel - vor allem paarig - Rene Latosa hätte mich vielleicht geschafft, Mark Dacascos auch. Prahl ...
Aber das Alter bricht den Frieden, den der Ger ihm gab. Meine jetzigen Verteidigungsmittel sind wirksam, aber nur ein einziges Mal. Siehe auch die Sage vom Tyrfing-Schwert.
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