Samstag, 23. September 2017

Grenzöffnung 2015: Nicht mal ein kleiner Zettel

Die coole Idee, vier mazedonische Zöllner und einen serbischen Schaffner die deutschen Außengrenzen kontrollieren zu lassen, machte bald Probleme.
Manchmal dauert es ein klein wenig länger. Dann aber, wenn 19 Monate vergangen sind , werden aus kleinen Fragen in kleinen Mitmachblogs wie PPQ große Artikel in großen Blättern, die sichtlich Mühe haben, mit vielen Wortwolken um die offenkundigen Fakten herumzuschreiben: Ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags hatdargelegt, dass es im Herbst 2015, als Angela Merkel die Grenzen öffnete, zwei Möglichkeiten gegeben hätte, dabei nicht geltendes Recht zu brehcen.

Die Kanzlerin hätte die Grenzen nach Stunden oder wenigstens Tagen wieder schließen müssen. Nämlich dann, als die akute Notlage der aus Ungarn kommenden Flüchtlinge behoben war.

Oder sie hätte den Bundestag über die Aufnahme von hunderttausender weiterer Menschen abstimmen lassen müssen.

Getarnt unter Wortwolken


Das frühere Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" drückt diesen einfachen, klaren und überschaubaren Sachverhalt so aus: "Ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags hat offenbar Zweifel an der Rechtsgrundlage, auf der im Herbst 2015 die Einreise von Flüchtlingen nach Deutschland genehmigt wurde. Eigentlich hätten die aus dem sicheren Drittstaat Österreich kommenden Asylsuchenden abgewiesen werden müssen", weil der Gesetzgeber verpflichtet sei, "in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen". Von hinten durch die Brust ins Knie. Mehr Formulierungsspaß war nie.

Aber wer so lange einverstanden war, dass Merkel auftrat wie einst Günter Schabowski, nur ohne welthistorische Waschzettel, den geht es hart an, nun zuzugeben, dass eine deutsche Kanzlerin doch kein deutscher Kaiser ist, der das Land regiert wie der Scharfhirte die Herde seiner Schutzbefohlenen. Abgesprochen, so hieß es später, hatte die deutsche Kanzlerin den wagemutigen Schritt für die Ewigkeit mit dem österreichischen Regierungschef. Das Kabinett hingegen wurde nicht mit der Frage befasst, ob Deutschland die Tore auf und die Türen hoch macht.

Kein Gesetz, kein Fetzen Papier


Es wurde kein entsprechendes Gesetz beschlossen, nicht in erster und nicht in zweiter Lesung. Es gab keine Verordnung, keine Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt. Nichts. Angela Merkel habe die Öffnung der Grenzen "angewiesen", hieß es in den Tagen danach unisono. Unklar blieb, wie das geschah: Schickte die Kanzlerin an jenem 4. September eine Email an die Bundespolizei? Rief sie ihren Innenminister an? Ließ der den Chef des Bundesamtes für Migration antreten und veranlasste ihn, eine neue "Herrschaft des Unrechts" (Seehofer) einzuleiten?

Fakt ist: Die Weisung hinterließ nirgendwo in Medien oder Parlamentsbetrieb schriftliche Spuren. Selbst dem ehemaligen Verfassungsrichter Udo di Fabio gelang es nicht, "einschlägige offizielle Dokumente" aufzufinden. Und auch der Innenminister wusste nichts, ehe alles erledigt war.

Aus Schleswig-Holstein ist immerhin die „Anlage zum Rahmenbefehl Nr.5“ überliefert, die unter Berufung auf eine - bis dahin von niemandem gesehene - "Einladung" Merkels an alle Flüchtlinge alle Polizisten von der Verfolgung von Ausländern ohne gültigen Aufenthaltstitel freistellte. In dem Papier heißt es: „Diese durch Kanzlerin-Erklärung und faktisches Verhalten deutscher Behörden beim Grenzübertritt nach Deutschland ,eingeladenen‘ Flüchtlinge machen sich nicht strafbar, weil Grenzübertritt und Aufenthalt gerechtfertigt sind."

Gerechtfertigt aber wodurch? Auf welcher Rechtsgrundlage? Wenn es keine gab, die der Exekutive das Handeln aus Eigenmacht erlaubte, hätte dann nicht das prinzip gelten müssen, nach dem es der Legislative obliegt,zu entscheiden,"ob und bei welchem Anteil Nichtdeutscher an der Gesamtbevölkerung die Zuwanderung von Ausländern ins Bundesgebiet begrenzt wird".

Die weltverändernde Entscheidung wurde offenbar nicht nur einfach so getroffen, in einer "akuten Notsituation" (Merkel), die eine "humanitäre Ausnahme" (Merkel) sein sollte. Sie bedurfte auch weder der Schriftform noch eines Dienstweges, keiner Protokollierung, keiner schriftlichen Rechtfertigung, keiner EU-Richtlinie, keiner Beratung, keiner Begutachtung, keiner Begrenzung, keiner Befristung.

Und all das bleibt ohne Konsequenzen in einem Land, in dem ein Flasdchensammler eine Haftstrafe fürchten muss, wenn er den falschen Hauptbahnhof betritt.

Ein Rechtsstaat in Auflösung.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

War diese Meldung, einen Augenblick vor der Wahl, nun Panne oder Absicht? Haben die AfD-Hitlerfaschisten den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages schon im Würgegriff?