Montag, 30. Januar 2017

Jetzt wird´s Schulz: Gesellschaft muss hat gegen Deutschland

Die Word Cloud zu Schulz´erster Rede: Eine Plattitüdenparade erster Ordnung.

Bei "Anne Will", wo sonst die Kanzlerin exklusiv Hof hält, streckt er nun die schwarzbestrumpften Beine aus. Martin Schulz, seit der im alten monarchischen Amtswechselstil der Ernennung durch seinen Vorgänger Hoffnungsträger der Sozialdemokratie, ist nach seiner umjubelten Antrittrede vor seinen SPD-Genossen ins Fernsehstudio geeilt, um den Aufbruch der SPD dem ganzen Volk zu verkünden. Eine Analyse seiner ersten Rede zeigt: Schulz hat alle Plattitüden drauf. Und nicht die Absicht, zu wirklichen Problemen Stellung zu nehmen.

Er, seit mehr als zwei Jahrzehnten federführend in der Partei, ist entschlossen, in die Rolle des Erneuerers, des Reformers, des Wiederbelebers sozialdemokratischer Grundwerte, ja, des deutschen Obama zu schlüpfen. Spaßvögel haben am Nachmittag schon Plakate hochgereckt, die den 62-Jährigen, der seit 33 Jahren aktiv Politik macht, ironisch im Obama-Design begrüßten.  Das Bundesverdienstkreuz heute mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband, die letzte einer unendlichen Kette von hoch- und höchstrangigen staatlichen Auszeichnungen, die Schulz sich über die vielen Jahrzehnte verdiente
, trägt er auf dem Bild nicht.

Denn die Rolle, die der erfahrene Bürokrat, Strippenzieher und Parteisoldat zu spielen anstrebt, ist die des Volkstribuns, des Mannes von Außen, des Neulings, der unverkrampft und energisch daran geht, alte Zöpfe abzuschneiden. Die Lächerlichkeit dieser Pose für einen Mann, der seit einem Vierteljahrhundert im dem Schaum der Parteiendemokratie relaxt, irritiert Schulz nicht im Geringsten. Er bietet hier große Show mit kleinem Karo, schwatzt von Busfahrern und Verkäuferinnen, will sich nirgendwo festlegen, wird um "Vertrauen" und redet mehrfach den Fake News das Wort. Dann geht es um den "Bauch", in dem er Volkes Stimme hört, um "gefühlte" Benachteiligungen und darum, dass die französische Front National genau so heißt wie die Nationale Front der DDR. Untranationalistisch sei diese Partei gewesen, die in Wirklichkeit natürlich keine war, sondern so etwas wie die GroKo. Schulz mahnt dann ansatzlos, so etwas wie das Dritte Reich dürfe es nie wieder geben.

Es ist egal. Wer alle erreichen will, muss auf den Sinn verzichten. Schulz will. Immerhin: Wenn er spricht, zeigt er denselben Sprachfehler, den einst schon Helmut Kohl hatte. Aus "sch" wird dann "ch", aus "zwischen" ein "zwichen". Kanzler aber kann er, gibt der Kandidat aus vollem Herzen zu. Er lebe unter Nachbarn, der eine ist Feuerwehrmann, der andere junger Familienvater. Brüssel ist nur 130 Kilometer entfernt. Anne Will fragt nicht, wie viel ein Tetrapack Milch kostet.

Hier geht es um die "hart arbeitende Mitte", die Martin Schulz so oft im Mund führt, dass bald klar wird: Dies ist seine Idee, das von ihm selbst ausgerufene und komplett hanebüchene Ziel zu erreichen, die SPD in acht Monaten zur "stärksten Partei" zu machen. Ebensogut könnte Schulz verkünden, er wolle in acht Monaten auf einem Fahrrad zum Mond fliegen, sich die Haare bis zum Herbst bis zum Hintern wachsen lassen oder Syrien befreien, nur er allein und bewaffnet mit einer Bibel. Aber er stockt nicht, er lässt die Worthülsen knallen, dieses immer feucht bis nass wirkende Lächeln auf den Lippen. Ein trockener Charismatiker, der er tatsächlich schafft, sich selbst völlig in den Bann zu schlagen.

Alle anderen können nur nicht wegschauen, wie bei einem Autounfall. Der vielleicht erfolgreichste Spesenritter der SPD liefert eine Plattitüden-Parade voller Standardsprüche, gefeiert von einem Studiopublikum, das hörbar im selben Bus mit dem armen Mann da im Sessel auf der Bühne angereist ist. Schulz fallenauf die sanften Fragen der sympathisierenden Moderatorin alle klassischen Antworten ein, die die SPD schon immer gegeben hat. Die Fans jubeln.

"Gesellschaft muss hat gegen Deutschland Menschen", das sind die zentralen Begriffe seiner ersten großen Rede am Nachmittag gewesen (Word Cloud oben), ergänzt um "Partei", "Bildung", "Europa" "Solidarität" und "Wollen". Auch bei Will tastet sich Martin Schulz nicht einmal geschickt an allen Themen vorbei, die derzeit von vielen als wichtig erachtet werden. Terror, Flüchtlinge, Hartz4, Krieg, Russland, Syrien, Sicherheit, Wirtschaft, Internet, Meinungsfreiheit, Praktikantismus - beim Kandidaten des SPD-Adels, dem Favoriten eines inneren Kreises aus altgedienten Funktionären, die alles wollen, nur keine frische Luft in die Hinterzimmer lassen, spielt all das nur eine Nebenrolle.

Schulz macht einfach weiter, wo Gabriel aufgehört hat. Die Medien jubeln ihm dennoch zu. Spannend am Wahlkampf wird damit ausschließlich, zu sehen, wie weit öffentliche Meinung und veröffentlichte Imagination dieser Meinung diesmal am Ende auseinanderliegen werden.

Die FAZ zur Populistenshow des Martin Schulz

5 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Wenn's nach dem Rassisten Schulz geht, wird er ab morgen den Negern einheizen.
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https://twitter.com/MartinSchulz/status/825716221861564416

Ich danke euch. Für das Vertrauen. Für die Unterstützung. Für diesen Tag. Danke. Und ab morgen heizen wir den Schwarzen ein!

06:44 - 29. Jan. 2017

ppq hat gesagt…

dabei trug er selbst schwarz

Anonym hat gesagt…

Mich würde interessieren wie groß oder klein der Zuspruch für ihn innerhalb der eigenen, spezialdemokratischen Reihen ist.
Aber darüber schweigt sich die Presse leider aus.

ppq hat gesagt…

dausend prozent, wie mal ein börsenguru freudig rief

Carl Gustaf hat gesagt…

Das Fell des Bären werden Schulz und Merkel schon unter sich aufgeteilt haben: Merkel bleibt Bundeskanzlerin und Schulz darf wieder das Parlament leiten, diesmal das in Berlin.