Glaube, Hiebe, Hoffnung, die drei Pfeiler, auf denen die Illusion vom Europa als politischer und wirtschaftlicher Einheit ruhen, sie wackeln inzwischen auch bei denen, die im Sinne ihres propagandistischen Grundauftrages bisher treu und fest zur Sache standen. Auch die Süddeutsche Zeitung, die in den vielen, vielen Jahren seit Ausbruch der Finanzkrise immer wieder versucht hatte, die skeptischen Volksmassen mit fröhlichen Europa-Hymnen aufzumuntern, geht jetzt enttäuscht und desillusioniert von der Fahne.
"Europas verlorene Illusionen" hat das Blatt einen Text überschrieben, laut dem sich nicht nur "Regierungen und Finanzwelt" mit dem "Grexit" abfinden, sondern nun auch die proeuropäischen Medienarbeiter, die es bislang noch immer geschafft hatten, unpassende Teile der Realität aus der eigenen Berichterstattung auszublenden.
Plötzlich ist der Euro nicht mehr das Mittel, die Menschen auf ein gemeinsames Ziel zu verpflichten, nicht nur in der "Süddeutschen", sondern parallel auch in der "Zeit", bisher ebenfalls ein Zentralorgan der kollektiven Verdrängung. Hier lamentiert ein Kommentäter jetzt: "Die Eurokrise dauert nun schon fünf Jahre. Das Fatalste an der Retterei: Falsche Politik hat dazu geführt, dass es kaum mehr Legitimität für eine richtige Politik gibt". "Der Euro bringt die Völker des europäischen Kontinents gegeneinander auf, statt sie zu einen", kritisiert Kommentator Thomas Kirchner, "daher ist es Zeit, die gemeinsame Währung infrage zu stellen".
Unerhörte Töne für ein Blatt, dessen EU-Treue bisher über jeden Zweifel erhaben war. Stets hatte die Süddeutsche als Teil eines großen Medienorganismus auf die Sinn- und Legitimationskrise Europas reagiert: Gemeinsam mit den anderen großen regierungsnahen Blättern von "Spiegel", "Stern" und "Focus" bis "Welt", "FAZ", "taz" und "Tagesspiegel" folgte die Berichterstattung einem Katechismus, der die Einheit der Währungsunion vor die Lösung der griechischen anpassungsprobleme stellte, um es den politisch Verantwortlichen in Berlin zu ersparen, als die Generation in die Geschichtsbücher einzugehen, der es nicht gelang, das große europäische Werk zu vollendet.
Nun ist die SZ ohne neue Fakten zu neuen Schlüssen gekommen. "Griechenland wird den Euro wohl verlassen müssen", heißt es nun. Huch, ja. "Es dürfte also so weit sein." Und "Vielleicht bleibt das große Chaos wirklich aus."
Ein Tabubruch, und nicht einmal der einzige. Denn die Süddeutsche, Heimat von Heribert Prantl, einem zuverlässigen Prediger europäischer Solidarität, wagt sich weiter weg vom sicheren gesamteuropäischen Ufer. Dennoch sei es nun, im Jahre acht nach Beginn der griechischen Tragödie, "Zeit, Grundsätzliches anzusprechen". Dann wird es Sensationell: "Die Währungsunion hat ein Problem, das weit über Griechenland hinausgeht: Sie funktioniert nicht".
Ein kleiner Schritt für Realisten, ein Flug auf einen anderen Planeten für die SZ. Die nun gleich Tacheles redet, weil die zurückgehende Auflage nun langsam doch mehr wehtut als die Entschädigungszahlungen aus Berlin: "Der Euro entzweit die Menschen", schreibt Kirchner, ohnehin habe eigentlich nur Frankreich ihn gewollt, um "die währungspolitische Dominanz der deutschen Bundesbank zu brechen". Klipp und klar: "Der Euro wurde auf Hoffnung gebaut, nicht auf Vernunft". Es sei klar, dass man Währungen nicht in einen Topf werfen könne, ohne entsprechende politische Strukturen zu schaffen, aber die Euro-Architekten glaubten, das mit der Politik werde sich schon weisen, wenn erst die Volkswirtschaften zusammenwüchsen".
In Wahrheit seien die Volkswirtschaften dann "auseinandergewachsen". Und "in der Folge wirkte die am Durchschnitt der Euro-Zone orientierte Geldpolitik der Europäischen Zentralbank spaltend statt vereinend". In dieser Fehlsteuerung liege der eigentliche Grund der Euro-Krise. Helfen könne noch "mehr Europa", eine Forderung, die die "Süddeutsche2 über mehr als ein halbes Jahrzehnt wie ein Mantra betete. Vorbei! "Dieser Weg ist politisch versperrt, das würden die Bürger Europas nicht akzeptieren."
Es muss noch viel schlimmer stehen um die Währungsunion, wenn ihre besten Lobbyisten die Hemden wechseln und eine Auflösung der Währungsunion in Betracht ziehen, nur weil der Zwist um das Weiter-so" die Europäer entzweit und Deutschland "als oberster Euro-Zuchtmeister Unmut auf sich wie kein anderer". Bei der SZ löst der eigene Gedanke, so sehr er auf der Hand liegt, "Angst aus". Darf das gedacht, darf das geschrieben werden? Werden sie nun kommen und uns holen? sind die finanziellen und politischen Kosten nicht genau so unüberschaubar wie die, Griechenland immer weiter und weiter zu retten?
Ganz sicher ist sich Thomas Kirchner nicht. Er entschuldigt sich deshalb für seine kruden Thesen. Aber es müsse auch aus der politischen Mitte, aus einer europafreundlichen Perspektive heraus möglich sein, "diesen Gedanken zu denken".
"Europas verlorene Illusionen" hat das Blatt einen Text überschrieben, laut dem sich nicht nur "Regierungen und Finanzwelt" mit dem "Grexit" abfinden, sondern nun auch die proeuropäischen Medienarbeiter, die es bislang noch immer geschafft hatten, unpassende Teile der Realität aus der eigenen Berichterstattung auszublenden.
Plötzlich ist der Euro nicht mehr das Mittel, die Menschen auf ein gemeinsames Ziel zu verpflichten, nicht nur in der "Süddeutschen", sondern parallel auch in der "Zeit", bisher ebenfalls ein Zentralorgan der kollektiven Verdrängung. Hier lamentiert ein Kommentäter jetzt: "Die Eurokrise dauert nun schon fünf Jahre. Das Fatalste an der Retterei: Falsche Politik hat dazu geführt, dass es kaum mehr Legitimität für eine richtige Politik gibt". "Der Euro bringt die Völker des europäischen Kontinents gegeneinander auf, statt sie zu einen", kritisiert Kommentator Thomas Kirchner, "daher ist es Zeit, die gemeinsame Währung infrage zu stellen".
Unerhörte Töne für ein Blatt, dessen EU-Treue bisher über jeden Zweifel erhaben war. Stets hatte die Süddeutsche als Teil eines großen Medienorganismus auf die Sinn- und Legitimationskrise Europas reagiert: Gemeinsam mit den anderen großen regierungsnahen Blättern von "Spiegel", "Stern" und "Focus" bis "Welt", "FAZ", "taz" und "Tagesspiegel" folgte die Berichterstattung einem Katechismus, der die Einheit der Währungsunion vor die Lösung der griechischen anpassungsprobleme stellte, um es den politisch Verantwortlichen in Berlin zu ersparen, als die Generation in die Geschichtsbücher einzugehen, der es nicht gelang, das große europäische Werk zu vollendet.
Nun ist die SZ ohne neue Fakten zu neuen Schlüssen gekommen. "Griechenland wird den Euro wohl verlassen müssen", heißt es nun. Huch, ja. "Es dürfte also so weit sein." Und "Vielleicht bleibt das große Chaos wirklich aus."
Ein Tabubruch, und nicht einmal der einzige. Denn die Süddeutsche, Heimat von Heribert Prantl, einem zuverlässigen Prediger europäischer Solidarität, wagt sich weiter weg vom sicheren gesamteuropäischen Ufer. Dennoch sei es nun, im Jahre acht nach Beginn der griechischen Tragödie, "Zeit, Grundsätzliches anzusprechen". Dann wird es Sensationell: "Die Währungsunion hat ein Problem, das weit über Griechenland hinausgeht: Sie funktioniert nicht".
Ein kleiner Schritt für Realisten, ein Flug auf einen anderen Planeten für die SZ. Die nun gleich Tacheles redet, weil die zurückgehende Auflage nun langsam doch mehr wehtut als die Entschädigungszahlungen aus Berlin: "Der Euro entzweit die Menschen", schreibt Kirchner, ohnehin habe eigentlich nur Frankreich ihn gewollt, um "die währungspolitische Dominanz der deutschen Bundesbank zu brechen". Klipp und klar: "Der Euro wurde auf Hoffnung gebaut, nicht auf Vernunft". Es sei klar, dass man Währungen nicht in einen Topf werfen könne, ohne entsprechende politische Strukturen zu schaffen, aber die Euro-Architekten glaubten, das mit der Politik werde sich schon weisen, wenn erst die Volkswirtschaften zusammenwüchsen".
In Wahrheit seien die Volkswirtschaften dann "auseinandergewachsen". Und "in der Folge wirkte die am Durchschnitt der Euro-Zone orientierte Geldpolitik der Europäischen Zentralbank spaltend statt vereinend". In dieser Fehlsteuerung liege der eigentliche Grund der Euro-Krise. Helfen könne noch "mehr Europa", eine Forderung, die die "Süddeutsche2 über mehr als ein halbes Jahrzehnt wie ein Mantra betete. Vorbei! "Dieser Weg ist politisch versperrt, das würden die Bürger Europas nicht akzeptieren."
Es muss noch viel schlimmer stehen um die Währungsunion, wenn ihre besten Lobbyisten die Hemden wechseln und eine Auflösung der Währungsunion in Betracht ziehen, nur weil der Zwist um das Weiter-so" die Europäer entzweit und Deutschland "als oberster Euro-Zuchtmeister Unmut auf sich wie kein anderer". Bei der SZ löst der eigene Gedanke, so sehr er auf der Hand liegt, "Angst aus". Darf das gedacht, darf das geschrieben werden? Werden sie nun kommen und uns holen? sind die finanziellen und politischen Kosten nicht genau so unüberschaubar wie die, Griechenland immer weiter und weiter zu retten?
Ganz sicher ist sich Thomas Kirchner nicht. Er entschuldigt sich deshalb für seine kruden Thesen. Aber es müsse auch aus der politischen Mitte, aus einer europafreundlichen Perspektive heraus möglich sein, "diesen Gedanken zu denken".
Die Idee hinter Europa: Mit dem Hades-Plan zu deutscher Dominanz
5 Kommentare:
Werfen große Ereignisse Ihre Schatten voraus?
Was ist der Grund für den U-Turn der Prantl-Prawda?
Ein Anfall von Wahrheitsliebe können wir bei diesem Personal wohl ausschließen. Es muss was anderes dahinter stecken.
Mal sehen, ob das eine Eintagsfliege war, oder ob andere in den Chor einstimmen.
Und Giesecke & Devrient nachfragen, ob die schon DM-Scheine drucken.
die wollen nur danach (nach dem grexit) sagen können, dass sie es ja schon vorher gesagt haben
Es sagte schon Rosenfeld (mit mir wird es keine Maut geben, äh, ich schicke unsere Jungs nicht in den Krieg), daß es in der Politik keine Zufälle gäbe. Was da abgeht, war auch so geplant.
Bisher war auf die SZ in Sachen Europa und auch euro verlass. Berichterstattung und auch Kommentierung waren sachkundig()und()verünftig. der Leitartikel"verlorene Illusionen" vom 17.4. bedeutet dagegen eine bedenkliche Zäsur. Kirchner bleibt jede perspektive schuldig(). er müsste wissen, dass nicht Griechenland das Problem ist.()hat sich der Kommentator einmal überlegt, welche Situation für die deutsche VoWi entstünde, wenn eine Aufwertung wie in der schweiz stattfände?()ich hoffe die SZ macht sich diese Gedanken nicht zu eigen." Dr. THEO WAIGEL, Leserbrief in der SZ vom 04.05.15
Noch Fragen Kienzle...???
waigel. der wird wissen, warum er sich verteidigt
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