Donnerstag, 9. Januar 2014

Nach Hitzlsbergers Outing: Was Sie jetzt wissen müssen

Das Coming Out des Ex-Profi-Fußballers Thomas Hitzlsperger sprengt alle Grenzen der Berichterstattung, die Medien sind verzückt, Lothar Matthäus ist widerlegt, die Gesellschaft macht über Nacht einen Sprung nach vorn und Hoffnungen keimen, dass künftige Generationen sich viel mehr und viel detaillierter für das heute noch meist privat behandelte Sexualleben ihrer Mitglieder interessieren könnten. "Vielleicht liefert Hitzlsperger den Anfang, um ein ignorant behandeltes Tabuthema in der Männerdomäne aufzubrechen", freut sich die Frankfurter Rundschau, im "Trierischen Volksfreund" ist ein Anfang gemacht, der überfällig war: "Es war ein weiterer Schritt zur Normalität. Irgendwann werden alle nachziehen".

Wichtig für direkt, aber auch für von der medialen Aufregung Betroffene sind die Konsequenzen für das eigene Leben. In Zusammenarbeit mit dem Genderreferat des für Netzsicherheit und -sauberkeit verantwortlichen Bundesblogampelamtes im mecklenburgischen Warin beantwortet PPQ die sieben wichtigsten Fragen nach dem Umgang mit Sexualität im Alltag, in der Öffentlichkeit, an der Arbeitsstelle und im Sport.


Muss ich jetzt auch homosexuell werden?

Nein! Erste Reaktionen sowohl vom DFB als auch von der Bundesregierung haben klargestellt, dass eine gleichgeschlechtliche Orientierung keine Pflicht für Fußballer werden soll, auch die Wintersportverbände planen vor Sotschi keine grundsätzliche Änderung der bisherigen Politik, nach der die sexuelle Orientierung bis hin in den Freizeitsport keine Rolle bei der Ausübung aller Disziplinen spielt. Auch für andere Berufsgruppen außerhalb des Profisports bleibt es bei der freiwilligen Wahl des bevorzugten Partnergeschlechts.


Ich bin selbst nicht schwul, aber mich interessiert eigentlich auch nicht, ob ein Spieler schwul ist oder nicht. Ist es erlaubt, so ignorant mit diesem wichtigen Thema umzugehen?

Es ist derzeit noch vielen Menschen völlig egal, ob andere Menschen Frauen lieben oder Männer oder beides. Hier steht die Gesellschaft noch ganz am Anfang eines Lernprozesses, an dem sich jeder beteiligen sollte.


Muss ich meine sexuelle Orientierung jetzt öffentlich machen?

Besser ist es. Zu einer transparenten Gesellschaft gehört es auch, mit der eigenen Intimsphäre hausieren zu gehen. Sprechen Sie über ihre Fetische, offenbaren Sie im Freundes- und Kollegenkreis freimütig, wie Sie es gern haben, was Sie ausprobieren und was Sie anziehend finden. Weg mit den Tabus!

Was ist, wenn ich meine Sexualität als gewöhnlich und langweilig empfinde?

Dann sollten Sie gerade darüber sprechen, wie bedrückend Sie das finden, wie es Sie hemmt und einschränkt. Gehen Sie ins Detail, egal ob am Biertisch oder im Büro. Verständnisvolle Freunde und Kollegen werden Ihnen ihre Offenheit mit eigenen Bekenntnissen vergelten.

Ich empfinde es als diskriminierend, dass sich überhaupt niemand für meine sexuellen Vorlieben interessiert. Wird es da jetzt Änderungen geben?

Das ist noch nicht klar. Nach dem Gesetz darf niemand wegen seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden, doch ob jetzt jeder Deutsche, der das möchte, ein Interview zu seiner sexuellen Orientierung in der "Zeit" geben darf, ist offen. Eine Petition hierzu ist in Bayern in Vorbereitung.

Ich bin sexuell nicht besonders aktiv, aber total begeistert von Internetpornos, von denen man in letzter Zeit soviel liest. Darf man jetzt auch darüber sprechen und sich als Nutzer dieser Angebote outen?

Damit sollten Sie vorsichtig sein. Obwohl die Bundesregierung zuletzt in einer Anweisung an alle Gerichte klargestellt hat, dass sie das Anschauen von Porno-Streams nicht für illegal hält, agieren dergleichen Angebote wegen der unklaren Formulierung des Paragrafen 44a Urhebergesetzes in einer Grauzone. Nutzer können belangt werden, sofern sie ihre Lieblingspornos nicht sicherheitshalber im Beisein ihrer erwachsenen Kinder anschauen.

In meinem Leben spielt Sexualität überhaupt nicht die große Rolle. Was mache ich falsch?

Nun, auch die sogenannte Asexualität ist kein Lebensentwurf, ist keine Frage von Überzeugung oder Haltung. Asexualität ist eine bizarre Veranlagung, unter der auch der dänische Nationaldichter Hans Christian Andersen litt. Das Desinteresse sowohl an der Ausübung als auch an der verbalen Beschäftigung mit Sex gilt heute leider noch als allerletztes gesellschaftliches Tabu, da Betroffene kaum auf gesellschaftliches Verständnis hoffen dürfen. Warten Sie mit ihrem Outing besser noch, bis der erste Prominente sich offenbart hat.

17 Kommentare:

Teja hat gesagt…

Wenn das Thema normal wäre, würde es nicht in den Medien behandelt werden, da langweilig.

In diesem Zusammenhang finde ich den Diskriminierungsvorwurf bemerkenswert. Ich habe ein Recht darauf, dass die Öffentlichkeit mich beachtet. Ich werde diskriminiert, wenn dem nicht so ist, und das ist ein Aufschrei wert, oder nicht?!

Anonym hat gesagt…

Bald steuern wir auf einen Paradigmenwechsel zu, dann müssen sich Diejenigen voller Scham
und Peinlichkeit outen, die nicht den beweihräuchtern Gruppen der Schwesben und Lulen, Tuchteln und Schwunten angehören(oder wie die auch heissen).

Dann wird so manch Bekenntnis hinter vorgehaltener Hand, blass, mit schweissbedecktr Stirn, kleinlaut und verlegen geflüstert werden: Ich bin ein ganz pöhser, erchröcklicher HETERO !!

Ano-Nymus

derherold hat gesagt…

@Teja, seit ca. zehn Jahren wird (un)offen darüber diskutiert, welche neue Agenda man der postmarxistischen Linken geben kann.

Da unsere Herren+Meister aus verständlichen Gründen kein Interesse daran haben, Soschialismus und Antimperiadings verkünden zu lassen, einigte man sich darauf, Kulturthemen zu verwenden: Rassismus (der einfachen Leute), Diskriminierung von von Homo/Trans.

2008 wurde es noch einmal diskutiert, als die Europäer und wir neurotisierten Deutschen die Nullnummer Obama bejubelten: Es gibt keine "Anti-Kriegs-Bewegung" in den USA. Daß, was als Bewegungs- oder Agitations-Linke dort herumturnt, ist auf die o.g. Themen abzulenken.

Frage:
Seit 2006 hat der Spürgel den Auftrag "Schwulenhatz in der Fußballbundesliga", auf seine Agenda zu setzen: Warum wurde *Marcus Urban* nicht thematisiert ?

ppq hat gesagt…

der wurde diskriminiert!

Anonym hat gesagt…

Sind diese Diskussionen nicht etwas gestrig?
Nach der neuen Lehre des konstruierten Geschlechtes müßte man erst mal klären, welches soziale Geschlecht Hitzlsberger gerade hat. Fühlte er sich als Frau, dann wäre es ggf. wieder Hetero - oder so. Man sollte sich hier jeder oberflächlichen Kategorisierung verweigern!

Anus-Nymon

ppq hat gesagt…

das ist ein wichtiger hinweis. danke dafür!

Anonym hat gesagt…

Ich, seit 32 Jahren verheiratet, monotone Sexualität, fühle mich in letzter Zeit zum Dritten Geschlecht hingezogen. Leider habe ich noch kein Drittgeschlecht gefunden.

Wo kann ich fündig werden?

Anonym hat gesagt…

Jooojoo, Geschlechter und Rassen sind nur soschiale Konschtrukte, nur das kapieren wir rassistischen, sexistischen, Nazo-Faschisten von WEISSEN MÄNNERN nicht.

ppq hat gesagt…

anonym, danke für dein mutiges coming out! wir brauchen mehr davon, denn das interessiert wirklich jeden. vielleicht kann einer der anderen kommentatoren helfen? kuh, schwein, hase?

Teja hat gesagt…

@derherold
Ja, auch bekannt unter "Kulturmarxismus". Da die Idee des Klassenkampfmarxismus nicht griff, musste man sich mit etwas anderes behelfen und belästigt jetzt den Bürger in seinem Alltag. Die Ironie des Ganzen ist, dass diese Neolinken sich von den Drahtziehern des grössten Raubzuges aller Zeiten vor deren Karren spannen lassen, um die breite Masse wirksam abzulenken. Das ist geradezu zum Totlachen.

eulenfurz hat gesagt…

8. Frage

"Nach dem Gesetz darf niemand wegen seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden."

Ich fühle mich diskriminiert, weil sich niemand dafür interessiert, daß ich meinen Sexpartnern in der Nase popele. Wo kann ich mich beschweren? Beim europäischen Gerichtshof für Menschenrechte?

Nacryl hat gesagt…

Er hat sich geoutet damit die Menschen merken dass schwul sein nichts negatives ist
In diesem Falle kann ein guter Fußballer schwul sein. L. Warum kapiert ihr das nicht und macht beleidigende Witze mit dem Thema?!

ppq hat gesagt…

nacryl: prozentual dürfte die zahl der guten fußballer, die schwul sind, etwa der zahl der guten fußballer, die nicht schwul sind entsprechen. ähnlich ist es sicher mit brünetten fußballern - prozentual entspricht die zahl der guten fußballer, die zugleich brünett sind, dem anteil der brünetten an der bevölkerung. wenn es für dich eine neuigkeit war, dass man schwul sein und gut fußballspielen kann, dann gratulation - jetzt weißt du es ja besser. noch ein geheimnis: man kann auch schwul sein und gut kochen können! und blond sein und gut malen! und glatze haben und gut singen! und sich für sex überhaupt nicht interessieren und hervorragend schlittschuhlaufen! weil, jetzt schreib bitte mit, das eine mit dem anderen NICHTS zu tun hat. gar nichts.

Volker hat gesagt…

Die meisten haben es sicher schon gelesen (Kreuzweis hatte es in des Denkers Blog verlinkt). Das folgende deshalb nur für Nacryl:
Der erst 31-Jährige Thomas Hitzlsperger lebte acht Jahre mit seiner Geliebten Inga Totzauer zusammen. Am 7. Juli 2007 wollte das Paar schließlich heiraten, die Hochzeit am Starnberger See war fest geplant. Dann die plötzliche Trennung. Hitzlsperger heute: „Sie blieb die einzige Frau für mich. Ich wollte nach ihr keine andere.“ Und: „Erst in den letzten Jahren dämmerte mir, dass ich lieber mit einem Mann zusammenleben möchte.“

Anonym hat gesagt…

besser es dämmert spät(wie bei vielen Fußballern)als garnicht.Ist eigentlich der Zusammen hang zwischen Kopfbällen und Schwulsein schon wissenschaftlich untersucht worden?

Anonym hat gesagt…

Bei www.danisch.de/blog/2014/01/11/der-gloockler-schock/ wird euf eine satirische Aufarbeitung der Causa hingewiesen und sofort zeigt ein mutmaßlicher Berufsschwuler sich über die diskriminierende Retourkutsche pikiert - bis, ja bis Jemand ihm steckt, vom WEM die entsetzliche schwulenfeindliche Satire eigentlich stammt ...

Kreuzweis

Let my people go hat gesagt…

ppq:
"prozentual dürfte die zahl der guten fußballer, die schwul sind, etwa der zahl der guten fußballer, die nicht schwul sind entsprechen."

Heißt das, 50 Prozent der guten Fußballer sind schwul?
Na, so weit sind wir noch nicht; es wird erst in ca. 30 Jahren so weit sein.