Politische Verfolgung, wie sie Artikel 16 a Absatz 1 Grundgesetz erfordert, liege überhaupt nur vor, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an seine Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Überzeugung gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die die Menschenwürde verletzen, ihn aus der "übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen" und in eine "ausweglose Lage" bringen. All das treffe auf Snowden nicht zu, da es sich bei ihm sichtlich um einen wohlhabenden weißen Mittelschichtler mit guter Bildung handele, der nicht wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität oder sozialen Herkunft verfolgt werden könne, sondern nur wegen seiner politischen Überzeugung, dass es nicht mit rechtsstaatlichen Prinzipien vereinbar ist, dass US-Behörden Menschen in aller Welt tagtäglich zu Millionen ausspionieren.
Das aber sei zwar ein glasklarer Asylgrund, weil in Deutschland eigentlich sogar der direkt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung kämpfende Asylsuchende einen Asylanspruch habe, sofern er politische Verfolgung in seinem Heimatstaat zu gewärtigen hat. Doch aufgrund der engen Zusammenarbeit aller Bundesregierungen seit Konrad Adenauer mit den US-Spionagebehörden lasse sich auch ohne langes Prüfverfahren sagen, dass es nicht opportun erscheine, Snowden in Deutschland aufzunehmen. Er könne nicht erkennen, dass Snowden politisch verfolgt werde, sagte der Sozialdemokrat Dieter "Trallaffiti" Wiefelspütz. Snowden sei "vielleicht ein Held der Freiheit", aber das schütze ihn nicht rechtlichen Konsequenzen bis hin zur Todesstrafe.
"Wenn Leute das deutsche Asylrecht nur ausnutzen wollen, dann muss man ihnen klare Kante zeigen", ist das Innenministerium überzeugt. Bundespräsident Joachim Gauck hat das als alter Menschenrechtler bereits getan: Er habe "kein Verständnis für puren Verrat", sagte der frühere Priester. Hier komme auch Kirchenasyl nicht infrage, weil sich Snowden selbst aus unserer Gesellschaft ausgegrenzt habe. Auch der Umstand, dass dem Whistleblower in den USA die Todesstrafe drohe, biete keine ausreichende Handhabe für die Gewährung von Schutz vor staatlicher Verfolgung durch deutsche Instanzen, hieß es in Berlin. "Das hat er sich ja selbst zuzuschreiben." Im Kanzleramt war man bislang froh, dass der deutsche Auslandsgeheimdienst BND von der Ausspitzelung Deutschlands durch die NSA nie etwas mitbekommen hatte, weil er seit vielen Jahren hauptsächlich damit beschäftigt war, sich ein prächtiges neues Hauptquartier zu bauen.
Und das ist gut so, verlautet aus Regierungskreisen. "Das Ganze hätte uns sonst in Schwulitäten gebracht", sind sich Koalition und Opposition bis hin zu Otto Schily, dem ehemaligen rot-grünen Innenminister und Inspirator des neuen BND-Palastes, einig. Auch Frank Steinmeier von der SPD schwor, zu keiner Zeit nichts gewusst zu haben. Joschka Fischer selbst beteuerte, auch während der Bilderberger-Konferenzen sei nie von irgendetwas die Rede gewesen.
Der Rechtswissenschaftler Willi Büchner-Uhder beruhigte inzwischen. "Wir lassen Menschenrechte nicht mit Füßen treten", sagt er. Aber man könne eben auch nichts dagegen tun, wenn andere das täten. Im Grunde genommen sei Edward Snowden auf dem russischen Flughafen Scheremetjewo sicher. Zudem sei auch ohne ihn schon ein Viertel der Jugendlichen in Europa arbeitslos, da müsse sich "so einen" nicht noch "zusätzlich reinholen", betonte die Linken-Chefin Sarah Wagenknecht. Deutsche Arbeitsplätze dürften nicht an Fremdarbeiter gehen, hatte ihr Lebensgefährte Oskar Lafontaine schon vor Jahren als internationalistische Linie der Linken festgelegt. Im Innenministerium ist man sicher: Dass die Amerikaner im Augenblick nicht gut auf ihn zu sprechen seien, hätte sich Snowden "eben früher überlegen müssen", sagte ein mit den Vorgängen seit Mitte der 90er Jahre Vertrauter. Deutschland könne sich wegen des bedauerlichen Einzelfalles "eines solchen Querkopfes" nicht sein gutes Verhältnis zu den Vereinigten Staaten kaputtmachen lassen.
In einer ersten Reaktion auf die Snowden-Affäre hat das Bundesinnenministerium soeben seine erfolgreiche Internetseite "Zuwanderung hat Geschichte - Asyl und Flüchtlinge" vorsorglich abgeschaltet. Man wolle vermeiden, dass "Leute auf dumme Gedanken kommen", sagte ein Sprecher.
Petition: Friedensnobelpreis für Snowden
5 Kommentare:
Verrätern an der freiheitlichsten Demokratie seit Demokratieanbeginn wird hier kein Asyl gewährt. Das bekommen nur Seeräuber, Terroristen, Mörder, Diebe, Arbeitsfaule oder Apothekerinnen, denen in Ägypten eine eigene Kinderschaukel verweigert wurde. Nicht aber Geheimnisverrätern von Geheimnissen, mit denen uns die freiheitlichste Demokratie seit Demokratieanbeginn zu schützen weiß.
Darin waren deutsche Rosstäuscher und Volksverblöder noch nie verlegen, aus dem Riesenfüllhorn blutleerer Schwurbelphrasen, geschwollener Diktionen, pseudophilosophischer, pseudorationaler Argumentations-Hülsen auch noch die knüppeldicksten Infamien mit passenden Etikettenschwindel-Phrasen schönzublubbern bzw. zu „begründen“.
Was Millionen von Amtsschimmel über Jahrhunderte an perfidesten Euphemismen, Worthülsen und Verneblungs-Begriffen erdacht haben, ist eine ideale Klaviatur, auf der Politiker als erstes virtuos zu spielen lernen. -
D. h. die alternativlosen Phrasen-Pakete unseres Hosenazugs z. B., sind nur eine kleine Untermenge noch vieler weiterer zu erwartenden.
Ano-Nymus
was für ein ausbruch, diese wucht! hervorragend
Bitte verlinken Sie unter Turbojugend ab jetzt nur noch dies:
http://de.wikipedia.org/wiki/Turbojugend
Dabei wäre eine Asylaufnahme Snowdens der perfekte Konter als Antwort auf den Verrat unserer Freunde auf der anderen Seite des Atlantiks.
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