Es ist eine der umfangreichsten, wahrscheinlich sogar die am längsten vorbereitete und am sorgfältigsten geplante Geheimdienstoperation aller Zeiten, deren kleinen Zipfel der amerikanische Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden da unwissentlich gelüftet hat. Doch während die Welt wie gebannt auf die angeblichen Enthüllungen rund um „Prism“ und „Tempora“ starrt, sind sich Geheimdienstexperten aus der ehemaligen DDR längst sicher, das der wahre Skandal eine ganz andere Dimension hat: Horst Kranheim, Ende der 80er Jahre im Auftrag des MfS Vertreter des Rechenzentrums Jena bei der Internet Assigned Numbers Authority (IANA) warnt davor, hier einen bloßen Ausrutscher von außer Kontrolle geratenen Geheimdiensten zu sehen. Vielmehr sei das sogenannte Internet „von Anfang an darauf angelegt gewesen, Menschen dazu zu verleiten, Informationen von sich preiszugeben, um sie geheimdienstlich verwertbar zu machen“, sagt der ehemalige Oberst, der im Ministeriums für Staatssicherheit die Abteilung für funkelektronische Aufklärung unter Markus Wolf (Abteilung II, Spezialfunkaufklärung) leitete.
Kranheim verweist auf die Urheber der frühesten Ideen für ein weltweites Computer-Netzwerk. „Das waren Informatiker wie J.C.R. Licklider, Leo Beranek, Richard Bolt und Robert Newman, die allesamt einen streng geheimen geheimdienstlichen Hintergrund hatten“, erinnert sich der Gegenspionagespezialist. Das Konzept für ein "Intergalactic Computer Network", das bereits fast alles enthielt, was das moderne Internet heute ausmacht, sei „als gigantischer Honigtopf“ konzipiert worden. „Schon als Licklider im Oktober 1963 zum Chef der Advanced Research Projects Agency oder kurz ARPA ernannt wurde“, beschreibt Kranheim, „sollte er nur vordergründig ein militärisch nutzbares Netz entwerfen.“ Viel wichtiger sei den im Hintergrund die Fäden ziehenden US-Geheimdiensten gewesen, dass das Computer-Netzwerk „zukunftsweisend und unumgänglich“ sei. „Der Plan war, perspektivisch jeden Menschen dort hineinzuholen.“
ARPA wurde dann tatsächlich durch neu entwickelte Software und andere Informatik -Errungenschaften schnell und überall verfügbar. Nach einem Testlauf, bei dem die vier Forschungseinrichtungen Stanford Research Institute, University of Utah, University of California, Los Angeles und die University Santa Barbara ungewollt Daten zur Verfügung stellten, konnten die mit US-Regierungsmitteln finanzierten Paul Baran und Donald Watts Davies die offene Problematik der teilvermaschten Netztopologie und der paketvermittelten Netze als künftige Kommunikationsgrundlage praktikabel machen. Das Internet war geboren. Mit Befehl Nr. 20/71 vom 26. Juni 1971 des Ministers für Staatssicherheit reagierte die DDR, berichtet der Insider. "Nun wurden die funkelektronische Aufklärung im MfS und selbständige Referate III in den Bezirksverwaltungen konstituiert." Aufgabe sei die Abwehr elektronischer Spionageversuche gegen die zehntgrößte Volkswirtschaft der Welt gewesen. "Aber natürlich auch die Gewinnung eigener Aufklärungsergebnisse."
Allerdings fehlte es dem vom Westen lancierten blanken Datennetz anfangs noch an attraktiven Angeboten, um Menschen samt ihrer intimsten Daten wirklich in die virtuellen Weiten zu locken. Das gelang bis zum Ende der DDR nicht mehr, auch wegen der hervorragenden Abwehrarbeit der Abteilung III, das im Politbüro stets darauf gedrungen hatte, die Arbeiter- und Bauernrepublik weitestgehend aus den internationalen Datennetzen herauszuhalten. "Das war der sicherste Weg, unsere Bürger zu schützen." Obwohl mit der Domain .dd eine Möglichkeit für die DDR bestanden hätte, sich im Internet zu etablieren, hielten die zuständigen Organe lieber Abstand. "Wir wollten nicht in eine Falle tappen", sagt Kranheim.
Mit der Auflösung des MfS aber seien dann alle Dämme gebrochen. Kranheim: „Jetzt schlug die Stunde von Typen wie Filo, Yang, von Bechtolsheim, Brin und Zuckerberg.“ Deren Aufgabe sei es gewesen, im Dienst der US-Administration verlockende Anwendungsmöglichkeiten für das neue Zauberinstrument der NSA zu erfinden. „Yang wurde dazu aus Taiwan geholt, von Bechtolsheim kam aus Deutschland, Brin aus Moskau.“ Pierre Omidyar kam aus Paris dazu, Max Levchin aus Kiew und Jawed Karim aus Merseburg, ein ausgebildeter DDR-Bürger, der die Seiten gewechselt hatte.
Die Besten waren gerade gut genug, populäre Dienste zu starten: Yahoo und Google, Facebook, Twitter, Paypal, Ebay schafften es endlich, Nutzer zu Milliarden für das anfangs immer noch komplett auf Serverfarmen des US-Geheimdienstes laufende Internet zu begeistern. „Es gibt da keine Hintertüren“, schlussfolgert Horst Kranheim, der nach seiner aktiven Zeit beim MfS als Berater für die Sicherheit in Datennetzen Großkunden beraten hat. Das ganze System sei eine einzige Hintertür. „Wer Daten bei Facebook hinterlegt, kann sie noch ansehen – aber besitzen wird er sie nicht mehr.“
Das sei von Anfang an das Grundkonzept des milliardenteuren Aufbaus einer rückkanalfähigen Infrastruktur gewesen, die heute schon in jedes Wohnzimmer reicht, erläutert Kranheim. Die Zeiten, in denen von taktischen Feldeinheiten mühsam Mikrophone in den Wohnungen von Zielpersonen implementiert werden mussten, sind vorbei. „Diese Strategie nennt sich im NSA-Sprachgebrauch FIND – ein Akronym für Fabricate Itself Nappy Dairy – eine ins Deutsche schwer zu übersetzende Formulierung, die etwa nach Angaben von Horst Kranheim soviel wie „Herstellung eigener Plüschmilch“ bedeutet.“
„Plüschmilch“ alias FIND steht im codierten NSA-Jargon für den Versuch, nicht mehr nach Geheimnissen suchen zu müssen, sondern sie sich bringen zu lassen. Wie im Hollywood-Film „LeFrak“, in dem einige Gauner eine Bank gründen, um später mit den Einlagen zu flüchten, lieferten der aus Dobbs Ferry (New York) stammende Zahnarztsohn Zuckerberg, Jerry Yang Chih-Yuan, der als Halbwaise im Alter von zehn Jahren nach San Jose, Kalifornien, zog, und der Russe Sergey Brin, den sein Vater, ein Professor für Mathematik an der University of Maryland, zu Hause unterrichtete, genau diese Werkzeuge: Soziale Netzwerke mit absoluter Transparenz, Suchmaschinen mit unbegrenztem Gedächtnis und Email-Dienste, die nicht nur für ihre Nutzer, sondern auch für Geheimdienste exakt und in Echtzeit nach rechtswidrigen oder anderweitig verdächtigen Äußerungen durchsuchbar sind. Kranheim: „FIND, von der Presse jetzt ,Prism' genannt, ist der Traum jedes Nachrichtendienstlers, weil der mühsame Teil der Arbeit immer das Heranschaffen von Informationen ist.“
Eine Phase, die die Entwickler von NSA, Google, Facebook und Co. mit einer „überaus eleganten Lösung“ überwunden hätten. „Sie sammeln derzeit täglich Daten in einem Umfang, für den wir beim MfS etwa 270 Jahre benötigt hätten“, sagt Kranheim voller Respekt. Zudem sei das Image der Geheimdienste trotz der Speicherung aller Lebensäußerungen aller Menschen in jedem Augenblick „vergleichsweise intakt“. Horst Kranheim respektiert die große Leistung der westlichen Konkurrenz. Die profitiere nun vom Wegfall der Aufklärungskompetenzen im Osten. "Wäre unser Dienst noch da, bräuchte es nicht zwielichtige Gestalten wie Snowden, um die menschenrechtswidrigen Machenschaften der Kollegen in den USA und in Großbritannien aufzudecken."
Kranheim verweist auf die Urheber der frühesten Ideen für ein weltweites Computer-Netzwerk. „Das waren Informatiker wie J.C.R. Licklider, Leo Beranek, Richard Bolt und Robert Newman, die allesamt einen streng geheimen geheimdienstlichen Hintergrund hatten“, erinnert sich der Gegenspionagespezialist. Das Konzept für ein "Intergalactic Computer Network", das bereits fast alles enthielt, was das moderne Internet heute ausmacht, sei „als gigantischer Honigtopf“ konzipiert worden. „Schon als Licklider im Oktober 1963 zum Chef der Advanced Research Projects Agency oder kurz ARPA ernannt wurde“, beschreibt Kranheim, „sollte er nur vordergründig ein militärisch nutzbares Netz entwerfen.“ Viel wichtiger sei den im Hintergrund die Fäden ziehenden US-Geheimdiensten gewesen, dass das Computer-Netzwerk „zukunftsweisend und unumgänglich“ sei. „Der Plan war, perspektivisch jeden Menschen dort hineinzuholen.“
ARPA wurde dann tatsächlich durch neu entwickelte Software und andere Informatik -Errungenschaften schnell und überall verfügbar. Nach einem Testlauf, bei dem die vier Forschungseinrichtungen Stanford Research Institute, University of Utah, University of California, Los Angeles und die University Santa Barbara ungewollt Daten zur Verfügung stellten, konnten die mit US-Regierungsmitteln finanzierten Paul Baran und Donald Watts Davies die offene Problematik der teilvermaschten Netztopologie und der paketvermittelten Netze als künftige Kommunikationsgrundlage praktikabel machen. Das Internet war geboren. Mit Befehl Nr. 20/71 vom 26. Juni 1971 des Ministers für Staatssicherheit reagierte die DDR, berichtet der Insider. "Nun wurden die funkelektronische Aufklärung im MfS und selbständige Referate III in den Bezirksverwaltungen konstituiert." Aufgabe sei die Abwehr elektronischer Spionageversuche gegen die zehntgrößte Volkswirtschaft der Welt gewesen. "Aber natürlich auch die Gewinnung eigener Aufklärungsergebnisse."
Allerdings fehlte es dem vom Westen lancierten blanken Datennetz anfangs noch an attraktiven Angeboten, um Menschen samt ihrer intimsten Daten wirklich in die virtuellen Weiten zu locken. Das gelang bis zum Ende der DDR nicht mehr, auch wegen der hervorragenden Abwehrarbeit der Abteilung III, das im Politbüro stets darauf gedrungen hatte, die Arbeiter- und Bauernrepublik weitestgehend aus den internationalen Datennetzen herauszuhalten. "Das war der sicherste Weg, unsere Bürger zu schützen." Obwohl mit der Domain .dd eine Möglichkeit für die DDR bestanden hätte, sich im Internet zu etablieren, hielten die zuständigen Organe lieber Abstand. "Wir wollten nicht in eine Falle tappen", sagt Kranheim.
Mit der Auflösung des MfS aber seien dann alle Dämme gebrochen. Kranheim: „Jetzt schlug die Stunde von Typen wie Filo, Yang, von Bechtolsheim, Brin und Zuckerberg.“ Deren Aufgabe sei es gewesen, im Dienst der US-Administration verlockende Anwendungsmöglichkeiten für das neue Zauberinstrument der NSA zu erfinden. „Yang wurde dazu aus Taiwan geholt, von Bechtolsheim kam aus Deutschland, Brin aus Moskau.“ Pierre Omidyar kam aus Paris dazu, Max Levchin aus Kiew und Jawed Karim aus Merseburg, ein ausgebildeter DDR-Bürger, der die Seiten gewechselt hatte.
Die Besten waren gerade gut genug, populäre Dienste zu starten: Yahoo und Google, Facebook, Twitter, Paypal, Ebay schafften es endlich, Nutzer zu Milliarden für das anfangs immer noch komplett auf Serverfarmen des US-Geheimdienstes laufende Internet zu begeistern. „Es gibt da keine Hintertüren“, schlussfolgert Horst Kranheim, der nach seiner aktiven Zeit beim MfS als Berater für die Sicherheit in Datennetzen Großkunden beraten hat. Das ganze System sei eine einzige Hintertür. „Wer Daten bei Facebook hinterlegt, kann sie noch ansehen – aber besitzen wird er sie nicht mehr.“
Das sei von Anfang an das Grundkonzept des milliardenteuren Aufbaus einer rückkanalfähigen Infrastruktur gewesen, die heute schon in jedes Wohnzimmer reicht, erläutert Kranheim. Die Zeiten, in denen von taktischen Feldeinheiten mühsam Mikrophone in den Wohnungen von Zielpersonen implementiert werden mussten, sind vorbei. „Diese Strategie nennt sich im NSA-Sprachgebrauch FIND – ein Akronym für Fabricate Itself Nappy Dairy – eine ins Deutsche schwer zu übersetzende Formulierung, die etwa nach Angaben von Horst Kranheim soviel wie „Herstellung eigener Plüschmilch“ bedeutet.“
„Plüschmilch“ alias FIND steht im codierten NSA-Jargon für den Versuch, nicht mehr nach Geheimnissen suchen zu müssen, sondern sie sich bringen zu lassen. Wie im Hollywood-Film „LeFrak“, in dem einige Gauner eine Bank gründen, um später mit den Einlagen zu flüchten, lieferten der aus Dobbs Ferry (New York) stammende Zahnarztsohn Zuckerberg, Jerry Yang Chih-Yuan, der als Halbwaise im Alter von zehn Jahren nach San Jose, Kalifornien, zog, und der Russe Sergey Brin, den sein Vater, ein Professor für Mathematik an der University of Maryland, zu Hause unterrichtete, genau diese Werkzeuge: Soziale Netzwerke mit absoluter Transparenz, Suchmaschinen mit unbegrenztem Gedächtnis und Email-Dienste, die nicht nur für ihre Nutzer, sondern auch für Geheimdienste exakt und in Echtzeit nach rechtswidrigen oder anderweitig verdächtigen Äußerungen durchsuchbar sind. Kranheim: „FIND, von der Presse jetzt ,Prism' genannt, ist der Traum jedes Nachrichtendienstlers, weil der mühsame Teil der Arbeit immer das Heranschaffen von Informationen ist.“
Eine Phase, die die Entwickler von NSA, Google, Facebook und Co. mit einer „überaus eleganten Lösung“ überwunden hätten. „Sie sammeln derzeit täglich Daten in einem Umfang, für den wir beim MfS etwa 270 Jahre benötigt hätten“, sagt Kranheim voller Respekt. Zudem sei das Image der Geheimdienste trotz der Speicherung aller Lebensäußerungen aller Menschen in jedem Augenblick „vergleichsweise intakt“. Horst Kranheim respektiert die große Leistung der westlichen Konkurrenz. Die profitiere nun vom Wegfall der Aufklärungskompetenzen im Osten. "Wäre unser Dienst noch da, bräuchte es nicht zwielichtige Gestalten wie Snowden, um die menschenrechtswidrigen Machenschaften der Kollegen in den USA und in Großbritannien aufzudecken."
7 Kommentare:
Soll das wirklich wahr sein? Das wäre eine Sauerei!
Gesichterbuch ist genial. Es setzt auf die Schwatzhaftigkeit der Leute in scheinbarer Anonymität. Die geben alles von sich preis, da braucht es nicht mal die Wasserfolter. Wieso die USA die Guantanamos noch verhören, ist unklar, die sollten jedem einen Gesichterbuchzugang einrichten und abwarten.
Eigentlich ist es ganz einfach Facebook wurde auch nicht von Zuckerberg gegründet, sondern von CIA/FBI/NSA.
Schade dass Obama in Berlin nicht gesagt hat "...Ich bin ein Stasispitzel"
Falsch, die haben es nur finanziert!
So lesenswert ich den Blog finde, aber die Stasi-Schergen jetzt als verhinderte/abgewickelte Freiheitsengel zu verklären, das grenzt schon an pathologische Verkennung von Tatsachen. Zitat:
"Wäre unser Dienst noch da, bräuchte es nicht zwielichtige Gestalten wie Snowden, um die menschenrechtswidrigen Machenschaften der Kollegen in den USA und in Großbritannien aufzudecken." Zitat Ende
Auch die ganze Story scheint mir eher an den Haaren herbei gezogen, und ich bin kein Netz-Junkie, der sich in Verdrängung übt.
Na ja. Trotzdem ganz witzig, weitermachen! ;-)
"Auch die ganze Story scheint mir eher an den Haaren herbei gezogen"
äh, mh ... ja
VS
@anonym3: gegen das, was heute läuft, waren kranheim und co. waisenknaben. und wenn er im interview nun solche aussagen macht, dann kann man das nur zur kenntnis nehmen
ein pathologischer fall, sicherlich (ich hoffe, kranheim liest hier nicht mehr mit), aber eben subjektiv seine sicht, die es zu schildern gilt
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