Die Runde brütet. Ein bisschen Ratlosigkeit ist dabei. Fast zehn Prozent für die FDP! Und das, nachdem man monatelang aus allen Rohren auf die letzte nichtlinke Partei geschossen hatte! High noon in Hamburg - und im Redaktionshochhaus einer deutschlandweit führenden Illustrierten (Foto oben) brütet die Mittagskonferenz über Maßnahmen.
"Kann doch nicht sein, dass wir uns von diesen Brüdern so auf der Nase herumtanzen lassen", tobt der Chefredakteur, ein smarter Auskenner, der seit seinen frühen Tagen bei der Landeszeitung für die Lüneburger Heide kein bisschen gesetzter geworden ist. "Was machen wir denn nun mit diesem Haufen", sagt er und schaut fordernd in Richtung Innenpolitikressort.
Dort haben sie natürlich auf diese Frage gewartet. Ein langer Satz voller Begriffe wie "Analyse" und "Experten" flattert in die Runde. Der Chefredakteur aber schüttelt den Kopf. Er winkt ab. "Das interessiert den toten Hund", faucht er bissig. Er wolle etwas mit Emotionen, eben Gefühle, was Aufregendes, "was die Leser am Schwanz packt".
"Nun sag es schon", stößt die große, grell blondierte Gesellschaftsreporterin ihrer Nachbarin den Ellenbogen in die Seite. Die junge Frau, ebenfalls blond, aber eher natur, schüttelt fast unmerklich den Kopf. "Warum denn nicht", zischt die Gesellschaftsreporterin, "das war doch ne geile Story!"
Die "geile Story" kracht in die Runde aus Sitzriesen wie ein polnischer Schmuggelböller. Diese Buchstabenkombination hören sie hier immer, selbst wenn sie geflüstert wird. "Nun sagen Sie schon, was haben Sie für uns", gibt sich der Chefredakteur jovial. Sein Blick geht erwartungsfroh zur hoffnungsvollen Nachwuchskraft, die seit ein paar Monaten im Haus ist und sich eher unauffällig um den Liberalismus kümmert. Nicht unhübsch, die Kleine, denkt der Chefredakteur, der sich bemühen muss, nicht zu lange auf die Brustpartie des T-Shirt der Mitarbeiterin zu starren. "Don´t look here" steht da in glitzernden Straßsteinchen. Schwierig.
Die Nachwuchskraft ist mittlerweile rot angelaufen. Sie tut sich schwer mit einer Antwort. "Es war nur, naja, eine komische Begegnung mit dem Herrn Brüderle im letzten Jahr." Brüderle? "Und was war denn da komisch!, will die Chefetage wissen. Die Gesellschaftsexpertin, in langen Jahren Konferenzkrieg gestählt, übernimmt routiniert: "Der Brüderle hat sie halt angebaggert da an der Bar."
Vokales Getümmel. Unruhe kommt auf. Die junge Mitarbeiterin berichtet, anfangs stockend, dann aber kommt sie in Fahrt. Sie erzählt vom lüsternen Blick auf ihre Brust. Von einem schmierigen Handkuss. Von frauenfeindlichen Komplimenten. Von trunkenen Anspielungen auf Ehen zwischen Staatsmännern und Journalisten. Von ihrem Ekel. Ihrer Wut. Ihrer Angst. Den vielen schlaflosen Nächten danach, mehr als ein Jahr lang.
"Wer hat die Rechnung an der Bar bezahlt", wirft ein Kollege aus der Wirtschaft ein, der ohnehin unter Verdacht steht, europaskeptisch zu sein. Ein Blick des Chefredakteurs bringt ihn zum Schweigen. "Es geht um etwas viel Wichtigeres und zugleich viel Banaleres", springt ihr die Gesellschaftsreporterin bei, "nämlich darum, Männern, die es betrifft, klipp und klar zu sagen: Hört endlich auf damit".
Ein Nicken läuft um die Runde. Das leuchtet ein. Aufhören damit. Das ist gut. Solange die EU nicht handelt, müssen die Medien Druck machen. Ein gesellschaftlich relevantes Thema ist gefunden. Ein Aufreger. Etwas mit Gefühlen und, ja, auch mit Emotionen. Etwas, das die Frauen anspricht, die alle schon solche Erfahrungen gemacht haben oder doch zumindest als junge Mädchen davon ausgingen, sie machen zu müssen. Etwas, das die Männer empören wird. "Sexismus - die Krankheit der Gesellschaft" oder so. Der Chefredakteur nickt sich selbst innerlich zu.
Eine halbe Stunde später ist die nächste Nummer durchgeplant. Außen Bin Laden, drinnen ein lebender Bösewicht. "Und wenn Sie jemand fragt, warum Sie mit der Veröffentlichung ein Jahr gewartet haben", sagt der Chefredakteur bei der Blattabnahme zu seiner jungen Mitarbeiterin, "dann sagen Sie einfach, ihre Absicht sei es gewesen, aufzuzeigen, dass Brüderle ein Politiker ist, der aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Dass der 67-Jährige nun als Spitzenkandidat der FDP ins Rennen geschickt wird - das passe nicht."
Mehr Doku, mehr Deutschland:
In Beifallsstürmen
In der Markttransspaernz-Zentrale
Copy and Waste
Der vierte Mann der NSU
Mein Leben als Escort
Ich, der Umweltbotschafter
Grass endlich geehrt
Beim letzten deutschen Autofahrer
Bekenntnisse eines Blitzkriegers
Wahrheit ist flexibel
Ein Land aus Pfand
Sorgen auf der Sonnenbank
Rock an der Rütlischule
Schwimmen mit Sirenen
Hausbuchführer im Widerstand
Ich dagegen bin dafür
Der Marcellator der Herzen
Die Stimme des Bauchtrainers
Am Tresen verhaftet
"Kann doch nicht sein, dass wir uns von diesen Brüdern so auf der Nase herumtanzen lassen", tobt der Chefredakteur, ein smarter Auskenner, der seit seinen frühen Tagen bei der Landeszeitung für die Lüneburger Heide kein bisschen gesetzter geworden ist. "Was machen wir denn nun mit diesem Haufen", sagt er und schaut fordernd in Richtung Innenpolitikressort.
Dort haben sie natürlich auf diese Frage gewartet. Ein langer Satz voller Begriffe wie "Analyse" und "Experten" flattert in die Runde. Der Chefredakteur aber schüttelt den Kopf. Er winkt ab. "Das interessiert den toten Hund", faucht er bissig. Er wolle etwas mit Emotionen, eben Gefühle, was Aufregendes, "was die Leser am Schwanz packt".
"Nun sag es schon", stößt die große, grell blondierte Gesellschaftsreporterin ihrer Nachbarin den Ellenbogen in die Seite. Die junge Frau, ebenfalls blond, aber eher natur, schüttelt fast unmerklich den Kopf. "Warum denn nicht", zischt die Gesellschaftsreporterin, "das war doch ne geile Story!"
Die "geile Story" kracht in die Runde aus Sitzriesen wie ein polnischer Schmuggelböller. Diese Buchstabenkombination hören sie hier immer, selbst wenn sie geflüstert wird. "Nun sagen Sie schon, was haben Sie für uns", gibt sich der Chefredakteur jovial. Sein Blick geht erwartungsfroh zur hoffnungsvollen Nachwuchskraft, die seit ein paar Monaten im Haus ist und sich eher unauffällig um den Liberalismus kümmert. Nicht unhübsch, die Kleine, denkt der Chefredakteur, der sich bemühen muss, nicht zu lange auf die Brustpartie des T-Shirt der Mitarbeiterin zu starren. "Don´t look here" steht da in glitzernden Straßsteinchen. Schwierig.
Die Nachwuchskraft ist mittlerweile rot angelaufen. Sie tut sich schwer mit einer Antwort. "Es war nur, naja, eine komische Begegnung mit dem Herrn Brüderle im letzten Jahr." Brüderle? "Und was war denn da komisch!, will die Chefetage wissen. Die Gesellschaftsexpertin, in langen Jahren Konferenzkrieg gestählt, übernimmt routiniert: "Der Brüderle hat sie halt angebaggert da an der Bar."
Vokales Getümmel. Unruhe kommt auf. Die junge Mitarbeiterin berichtet, anfangs stockend, dann aber kommt sie in Fahrt. Sie erzählt vom lüsternen Blick auf ihre Brust. Von einem schmierigen Handkuss. Von frauenfeindlichen Komplimenten. Von trunkenen Anspielungen auf Ehen zwischen Staatsmännern und Journalisten. Von ihrem Ekel. Ihrer Wut. Ihrer Angst. Den vielen schlaflosen Nächten danach, mehr als ein Jahr lang.
"Wer hat die Rechnung an der Bar bezahlt", wirft ein Kollege aus der Wirtschaft ein, der ohnehin unter Verdacht steht, europaskeptisch zu sein. Ein Blick des Chefredakteurs bringt ihn zum Schweigen. "Es geht um etwas viel Wichtigeres und zugleich viel Banaleres", springt ihr die Gesellschaftsreporterin bei, "nämlich darum, Männern, die es betrifft, klipp und klar zu sagen: Hört endlich auf damit".
Ein Nicken läuft um die Runde. Das leuchtet ein. Aufhören damit. Das ist gut. Solange die EU nicht handelt, müssen die Medien Druck machen. Ein gesellschaftlich relevantes Thema ist gefunden. Ein Aufreger. Etwas mit Gefühlen und, ja, auch mit Emotionen. Etwas, das die Frauen anspricht, die alle schon solche Erfahrungen gemacht haben oder doch zumindest als junge Mädchen davon ausgingen, sie machen zu müssen. Etwas, das die Männer empören wird. "Sexismus - die Krankheit der Gesellschaft" oder so. Der Chefredakteur nickt sich selbst innerlich zu.
Eine halbe Stunde später ist die nächste Nummer durchgeplant. Außen Bin Laden, drinnen ein lebender Bösewicht. "Und wenn Sie jemand fragt, warum Sie mit der Veröffentlichung ein Jahr gewartet haben", sagt der Chefredakteur bei der Blattabnahme zu seiner jungen Mitarbeiterin, "dann sagen Sie einfach, ihre Absicht sei es gewesen, aufzuzeigen, dass Brüderle ein Politiker ist, der aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Dass der 67-Jährige nun als Spitzenkandidat der FDP ins Rennen geschickt wird - das passe nicht."
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Der vierte Mann der NSU
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Die Stimme des Bauchtrainers
Am Tresen verhaftet
3 Kommentare:
Ich wüßte ja auch noch Sachen von vor einem Jahr zu erzählen. Wenn ich mich nur erinnern könnte.
Teufel! Haben Sie ein aufregendes Leben!
Da muss die Äff-Dä-Pä aber ganz schön integer dastehen, wenn selbst so eine hanseatische Deckschleuder, wie der Stern, nix mehr ad rem sondern nur noch ad personam aus dem schmierigen Ärmel ziehen kann. - Aber wie auch immer, mit dem FrauInnen-Ewige-Opfer-Paradigma geht das doch kinderleicht. In einem Bananistan, in dem neben dem Klimatismus auch der Feminismus zu neuer Säkularreligion erhoben wurde, sind doch die Heilig_Innen und die Teufel klar vorgegeben. Wer könnte da die larmoyante Story einer Opfer-FrauIn bezweifeln, wie sie sich laut Femi-Katechismus überall und ständig abspielt, nämlich edles reines FrauInnen-Wesen wird von primitiv-plump-rückständigen Männer-Monster angebaggert, (schluchz !!)
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