Sie haben natürlich Recht.Das ist meine übliche Vorgehensweise. Ich habe auf diese Weise schon Unmenschlichkeit und Sklaverei auf dem Bau, bei Springer, in einer Hühnchenfabrik und bei einer Bäckerei aufgedeckt. Gar nicht zu reden von meiner Rolle als Farbiger mitten in Deutschland, in der ich verfolgt und unterdrückt wurde wie das all unseren farbigen Mitbürgern geschieht.
In diesem Fall kam aber nicht nur die Idee von außerhalb, auch die meiste Arbeit blieb wie immer an meinem Team hängen. Der erste Gedanke schien selbst mir damals bizarr. Was wäre, wenn ich mich in die Welt der Politik begäbe, um dort herauszufinden, wie die Männer, die über uns regieren, im tiefsten Inneren ticken, fragte ich mich. Es war ein schöner Frühlingsmorgen, ich saß wie immer in der Maske, um mich auf meine Rolle als Talkshowgast vorbereiten zu lassen. Im Fernsehen trat Christian Wulff auf, einer aus der Generation der Smarten, Glatten, ein Politprofi ganz aus Teflon. Ich stellte mir unwillkürlich die Frage, wie ich an so einen herankommen könnte. Als junge Frau? Blond? Schlank und schön?
Eigentlich war das klar und ich war in dieser Talkshow dann auch nicht so besonders bei der Sache, das muss ich zugeben. Wenn ich ersteinmal in meinem Missionsmodus bin, kenne ich keine anderen Gedanken mehr. Wie lässt es sich umsetzen? Welche Tarnung brauche ich? Mit welchem Sender kann ich vorher Verträge machen? Welcher Verlag wäre interessiert? Lässt sich ein Drehbuch nach meinen Abenteuern schreiben? Habe ich eine Chance auf den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels? Solche Fragen stellt man sich da, wenn man ich ist.
Mein nächster Weg führte dann wie immer zu meinem Team aus Maskenbildnern und Chirurgen. Würde es wirklich möglich sein, aus mir eine junge, schöne Frau zu machen? Und siehe da: Es war nicht einfach, aber machbar! Vier Operationen und ein Bleaching, das meine Haut samtig und rein machen würde, dazu monatelanges Zirkel-Training, um Speckpölsterchen abzubauen und mich fit zu machen für Hackenschuhe und enge Kleider. Dann war ich bereit.
Ich traf meinen künftigen Gatten zum ersten Mal auf einer Südafrikareise, in die mich Freunde aus dem niedersächsischen Wirtschaftsministerium geschmuggelt hatten. Dort unten, unter der Sonne des vom Rassismus befreiten afrikanischen Landes, fiel der Blick des damals noch als Ministerpräsident amtierenden großgewachsenen CDU-Mannes wie geplant schnell auf mich uns meinekaum zu übersehenden Qualitäten. Ich bin geistreich, aber nicht vorlaut, interessiert, aber nicht leicht zu haben, so hatte ich meine vielleicht größte Rolle angelegt. Ich kenne die Männer, denn ich bin ja selbst einer!
Mein Traum, unerkannt in die Kreise der großen Politik einzusickern, ging schneller in Erfüllung, als ich das selbstgedacht hatte. Eigentlich war meine Unternehmung darauf ausgelegt, mich mindestens zehn Jahre rund um die Uhr zu beschäftigen. Ich war davon ausgegangen, dass ich auf diese Weise auch noch den Nobelpreis für das am längsten dauernde Rollenspiel der Literaturgeschichte einheimsen könnte.
Aber mein künftiger Mann flog förmlich auf mich. Wenige Monate nach unserem Kennenlernen traten wir auch öffentlich gemeinsam auf, die Hochzeit war dann nur noch eine Frage der Zeit. Ich hatte mir, um meine Legende zu vervollkommnen, das Kind einer engen Freundin geliehen und bei Hofe als meine Tochter vorgestellt. Probleme würde es hier nicht geben, denn das Mädchen kam aus einfachen Verhältnissen und war selbst sehr daran interessiert, die Gelegenheit zum gesellschaftlichen Aufstieg zu nutzen. Überdies bezahlte ich die Kindesmutter wie alle meine Helfer, Assistenten und Teammitglieder recht anständig.
Ein Glückfall war dann natürlich der Umstand, dass Kanzlerin Angela Merkel, die ich nicht schätze, der ich aber meinen Respekt nicht versagen möchte, sich entschloss, meinen Gatten als Konkurrenten um die nächste Kanzlerschaft aus dem Weg zu räumen, indem sie ihm nach der Köhler-Krise den Posten des Bundespräsidenten anbot. Mir bot sich hier nicht nur die Gelegenheit, mein Rollenexperiment um mindestens drei Jahre abzukürzen, sondern auch die Chance, Politik noch einmal von einer anderen Seite kennenzulernen. Welcher Enthüllungsreporter weltweit hat bisher schon die Möglichkeit gehabt, als First Lady zu amtieren? Und darüber zu berichten?
Ich riet meinem Mann zu. Wie schon bei der Organisierung unseren Hauskredits hörte er auf mich. Nach einer Amtseinführungszeremonie, die selbst mich mitallen Wassern gewaschenen Medienprofi nicht gänzlich unbewegt ließ, zogen wir dann ins Schloss Bellevue. Kein Wohnort für eine junge Familie, wie ich mir sogleich notierte. Große, kalte Räume, jede Menge Fremde im Haus, Wachen, nachts die Beleuchtung für die Touristen und immer Terroralarm. Selbst wenn wir mal Sex haben wollten, wie gesagt, wir führten trotz dem Umstände eine ganz normale Ehe mit allen Pflichten für beide Partner, mussten wir ganz fein stille sein, um das Personal nicht zu stören. Das ist nichts, was ich haben möchte, wenn ich privat irgendwo wohne.
Hier aber war das Ertragen dieser schwierigen Lebensumstände Teil meiner Aufgabe - und Teil der Botschaft, die ich plante, den Menschen draußen im Land aus dem Reich der Mächtigen zu überbringen. Genauso würde ich auch nicht verschweigen, was mir schon nach den ersten paar Staatsbesuchen nicht verborgen blieb: Es ergab sich kaum eine Chance, sich mit den anderen First Ladys richtig dicke anzufreunden. Sogar Michelle Obama, die im Fernsehen immer sehr geerdet wirkt, beließ es dabei, freundlich zu sein. Wir duzten uns auf diese amerikanische Art, die eigentlich auch nur ein Siezen ist. Mehr muss ich nicht sagen - es wurde keine Freundschaft fürs ganze Leben aus unserer Begegnung!
Nach wenigen Monaten im Trott von Empfängen, die ich wie alle meine Aufgaben ohne Bezahlung absolvierte, von Staatsbesuchen und Auftritten bei Galas konnte ich schon sagen, dass die Brötchen, die wir uns allmorgendlich vom Stammbäcker meines Mannes aus Hannover nach Berlin einfliegen ließen, hart verdient waren. Kuchen gab es kaum, um wenigstens den Verdienstausfall aus meinem früheren Job als Reporter in Grenzen zu halten, musste ich meinen Mann überreden, mir aus seiner Apanage einen Betrag zu zahlen, der halbwegs dem Volontärsgehalt bei einem Provinzverlag entsprach.
Ich war nicht glücklich in meiner Rolle, aber das machte mich glücklich, denn es versprach ein konfliktreichen, spannend zu lesendes Buch. Schließlich blieb auch das zwischenmenschliche Verhältnis zwischen meinem Mann und mir nicht unberührt von den Umständen. Er fühlte sich wohl wirklich als Staatsmann, wenn er Rettungsschirmgesetze unterzeichnete, Reden hielt und mich auf der Schlosstreppe präsentierte.
Ich aber beschloss dann doch, es gut sein zu lassen. Ich hatte alles, was ich für mein Buch brauchen würde, beisammen. Auch einen Titel hatte ich mir schon ausgedacht: "Jenseits des Protokolls" würde ich mein neues Werk nennen und es mit einer geschickt eingefädelten Artikelserie meines alten Kollegen Hans Leyendecker sensationell gut promoten. Das würde der Welt die Augen öffnen über die Verhältnisse hinter den Kulissen der Spitzenpolitik, das würde ihnen zeigen, wie eng die Horizonte sind, zwischen denen die Anzugträger aus den Fernsehnachrichten navigieren. Solange sich nur einzelne Individuen oder Medien an dieser Demonstration von Freiheit beteiligen, wird nicht viel erreicht, glaube ich zwar immer noch. Aber wenn wirklich Millionen mein Buch kaufen, wäre das eine deutliche Botschaft. Das würde die Gegner ermüden, denn so viel können sie gar nicht demonstrieren.
Zur PPQ-Echtzeit-Serie Doku Deutschland
In diesem Fall kam aber nicht nur die Idee von außerhalb, auch die meiste Arbeit blieb wie immer an meinem Team hängen. Der erste Gedanke schien selbst mir damals bizarr. Was wäre, wenn ich mich in die Welt der Politik begäbe, um dort herauszufinden, wie die Männer, die über uns regieren, im tiefsten Inneren ticken, fragte ich mich. Es war ein schöner Frühlingsmorgen, ich saß wie immer in der Maske, um mich auf meine Rolle als Talkshowgast vorbereiten zu lassen. Im Fernsehen trat Christian Wulff auf, einer aus der Generation der Smarten, Glatten, ein Politprofi ganz aus Teflon. Ich stellte mir unwillkürlich die Frage, wie ich an so einen herankommen könnte. Als junge Frau? Blond? Schlank und schön?
Eigentlich war das klar und ich war in dieser Talkshow dann auch nicht so besonders bei der Sache, das muss ich zugeben. Wenn ich ersteinmal in meinem Missionsmodus bin, kenne ich keine anderen Gedanken mehr. Wie lässt es sich umsetzen? Welche Tarnung brauche ich? Mit welchem Sender kann ich vorher Verträge machen? Welcher Verlag wäre interessiert? Lässt sich ein Drehbuch nach meinen Abenteuern schreiben? Habe ich eine Chance auf den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels? Solche Fragen stellt man sich da, wenn man ich ist.
Mein nächster Weg führte dann wie immer zu meinem Team aus Maskenbildnern und Chirurgen. Würde es wirklich möglich sein, aus mir eine junge, schöne Frau zu machen? Und siehe da: Es war nicht einfach, aber machbar! Vier Operationen und ein Bleaching, das meine Haut samtig und rein machen würde, dazu monatelanges Zirkel-Training, um Speckpölsterchen abzubauen und mich fit zu machen für Hackenschuhe und enge Kleider. Dann war ich bereit.
Ich traf meinen künftigen Gatten zum ersten Mal auf einer Südafrikareise, in die mich Freunde aus dem niedersächsischen Wirtschaftsministerium geschmuggelt hatten. Dort unten, unter der Sonne des vom Rassismus befreiten afrikanischen Landes, fiel der Blick des damals noch als Ministerpräsident amtierenden großgewachsenen CDU-Mannes wie geplant schnell auf mich uns meinekaum zu übersehenden Qualitäten. Ich bin geistreich, aber nicht vorlaut, interessiert, aber nicht leicht zu haben, so hatte ich meine vielleicht größte Rolle angelegt. Ich kenne die Männer, denn ich bin ja selbst einer!
Mein Traum, unerkannt in die Kreise der großen Politik einzusickern, ging schneller in Erfüllung, als ich das selbstgedacht hatte. Eigentlich war meine Unternehmung darauf ausgelegt, mich mindestens zehn Jahre rund um die Uhr zu beschäftigen. Ich war davon ausgegangen, dass ich auf diese Weise auch noch den Nobelpreis für das am längsten dauernde Rollenspiel der Literaturgeschichte einheimsen könnte.
Aber mein künftiger Mann flog förmlich auf mich. Wenige Monate nach unserem Kennenlernen traten wir auch öffentlich gemeinsam auf, die Hochzeit war dann nur noch eine Frage der Zeit. Ich hatte mir, um meine Legende zu vervollkommnen, das Kind einer engen Freundin geliehen und bei Hofe als meine Tochter vorgestellt. Probleme würde es hier nicht geben, denn das Mädchen kam aus einfachen Verhältnissen und war selbst sehr daran interessiert, die Gelegenheit zum gesellschaftlichen Aufstieg zu nutzen. Überdies bezahlte ich die Kindesmutter wie alle meine Helfer, Assistenten und Teammitglieder recht anständig.
Ein Glückfall war dann natürlich der Umstand, dass Kanzlerin Angela Merkel, die ich nicht schätze, der ich aber meinen Respekt nicht versagen möchte, sich entschloss, meinen Gatten als Konkurrenten um die nächste Kanzlerschaft aus dem Weg zu räumen, indem sie ihm nach der Köhler-Krise den Posten des Bundespräsidenten anbot. Mir bot sich hier nicht nur die Gelegenheit, mein Rollenexperiment um mindestens drei Jahre abzukürzen, sondern auch die Chance, Politik noch einmal von einer anderen Seite kennenzulernen. Welcher Enthüllungsreporter weltweit hat bisher schon die Möglichkeit gehabt, als First Lady zu amtieren? Und darüber zu berichten?
Ich riet meinem Mann zu. Wie schon bei der Organisierung unseren Hauskredits hörte er auf mich. Nach einer Amtseinführungszeremonie, die selbst mich mitallen Wassern gewaschenen Medienprofi nicht gänzlich unbewegt ließ, zogen wir dann ins Schloss Bellevue. Kein Wohnort für eine junge Familie, wie ich mir sogleich notierte. Große, kalte Räume, jede Menge Fremde im Haus, Wachen, nachts die Beleuchtung für die Touristen und immer Terroralarm. Selbst wenn wir mal Sex haben wollten, wie gesagt, wir führten trotz dem Umstände eine ganz normale Ehe mit allen Pflichten für beide Partner, mussten wir ganz fein stille sein, um das Personal nicht zu stören. Das ist nichts, was ich haben möchte, wenn ich privat irgendwo wohne.
Hier aber war das Ertragen dieser schwierigen Lebensumstände Teil meiner Aufgabe - und Teil der Botschaft, die ich plante, den Menschen draußen im Land aus dem Reich der Mächtigen zu überbringen. Genauso würde ich auch nicht verschweigen, was mir schon nach den ersten paar Staatsbesuchen nicht verborgen blieb: Es ergab sich kaum eine Chance, sich mit den anderen First Ladys richtig dicke anzufreunden. Sogar Michelle Obama, die im Fernsehen immer sehr geerdet wirkt, beließ es dabei, freundlich zu sein. Wir duzten uns auf diese amerikanische Art, die eigentlich auch nur ein Siezen ist. Mehr muss ich nicht sagen - es wurde keine Freundschaft fürs ganze Leben aus unserer Begegnung!
Nach wenigen Monaten im Trott von Empfängen, die ich wie alle meine Aufgaben ohne Bezahlung absolvierte, von Staatsbesuchen und Auftritten bei Galas konnte ich schon sagen, dass die Brötchen, die wir uns allmorgendlich vom Stammbäcker meines Mannes aus Hannover nach Berlin einfliegen ließen, hart verdient waren. Kuchen gab es kaum, um wenigstens den Verdienstausfall aus meinem früheren Job als Reporter in Grenzen zu halten, musste ich meinen Mann überreden, mir aus seiner Apanage einen Betrag zu zahlen, der halbwegs dem Volontärsgehalt bei einem Provinzverlag entsprach.
Ich war nicht glücklich in meiner Rolle, aber das machte mich glücklich, denn es versprach ein konfliktreichen, spannend zu lesendes Buch. Schließlich blieb auch das zwischenmenschliche Verhältnis zwischen meinem Mann und mir nicht unberührt von den Umständen. Er fühlte sich wohl wirklich als Staatsmann, wenn er Rettungsschirmgesetze unterzeichnete, Reden hielt und mich auf der Schlosstreppe präsentierte.
Ich aber beschloss dann doch, es gut sein zu lassen. Ich hatte alles, was ich für mein Buch brauchen würde, beisammen. Auch einen Titel hatte ich mir schon ausgedacht: "Jenseits des Protokolls" würde ich mein neues Werk nennen und es mit einer geschickt eingefädelten Artikelserie meines alten Kollegen Hans Leyendecker sensationell gut promoten. Das würde der Welt die Augen öffnen über die Verhältnisse hinter den Kulissen der Spitzenpolitik, das würde ihnen zeigen, wie eng die Horizonte sind, zwischen denen die Anzugträger aus den Fernsehnachrichten navigieren. Solange sich nur einzelne Individuen oder Medien an dieser Demonstration von Freiheit beteiligen, wird nicht viel erreicht, glaube ich zwar immer noch. Aber wenn wirklich Millionen mein Buch kaufen, wäre das eine deutliche Botschaft. Das würde die Gegner ermüden, denn so viel können sie gar nicht demonstrieren.
7 Kommentare:
Jetzt bin ich aber baff - ich dachte, Wallraff hätte sich in den letzten Jahren als Frl. Zschäpe verkleidet, um investigativ im braunen Sumpf zu forschen.
er hat doch assistenten!
Genau, der macht sich seine Hände nicht mehr schmutzig. Mittlerweile gehört der ganz sicher zum NWO Zirkus.
Aber hat er wenigstens in seinem jenseitigen Protokollbuch verraten, wie er all die Jahre Sex mit Christian haben konnte, ohne daß dieser die für eine hübsche Blondine doch etwas merkwürdigen genitalen Umstände bemerkte?
Oder blieb es nur beim Petting auf Silikonkissen?
alles nur eine frage des richtigen chirurgen. ein guter macht dir das sogar rückwärtskompatibel
So'n Mist! Ich war ganz sicher, daß Wallraff selbst Harun al Raschid LVI ist. Wie doch alle Sicherheit schwindet!
So'n Mist! Ich war ganz sicher, daß Wallraff selbst Harun al Raschid LVI ist. Wie doch alle Sicherheit schwindet!
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