Mittwoch, 4. Januar 2012

NSU: Die Spur der Schweine

Es ist still geworden in der Verfolgergruppe, die Hunde lassen die Köpfe hängen, die Reiter schauen müde über die ermattet wackelnden Häupter ihrer Pferde. Zum Zwei-Monats-Jubiläum der Erstentdeckung der Braunen Armee Fraktion "Nationalsozialistischer Untergrund" in Deutschland ist aus Hysterie und Todeslistensehnsucht ein langer, trüber Marsch in den Sonnenuntergang der Erkenntnis geworden: Niemals, so glaubt das Publikum, wird man erfahren, was am 4. November wirklich im Mordwohnwagen des Bösen geschah, ehe Uwe Mundlos seinen Killer-Kollegen Uwe Böhnhard absichtlich oder unabsichtlich erschoss, ehe er sich selbst aus Kalkül oder Scham richtete. Niemals wird herauskommen, warum die zwei tödlichen Drei Terrormorde begingen, ohne sich nach dem Lehrbuch der Stadtguerilla zu ihnen zu bekennen. Niemals wird bekannt werden, warum sie trotzdem Bekennervideos produzierten, in denen sie selbst nicht vorkamen. Die einzige Erkenntnis, die Dauerzuschauer des Staatstheaterstückes gewinnen konnten: Ja, man darf in deutschen Gefängnissen Abu Ghraib spielen und der Brandstiftung verdächtigte Untersuchungshäftlinge in Zellen sperren, die 24 Stunden am Tag beleuchtet werden.

Doch ein Mann gräbt weiter nach Nebensächlichkeiten, ein Mann gibt nicht auf, seine Fantasie zu bemühen. Hans Leyendecker, der Lonesome Cowboy des deutschen Enthüllungsjournalismus, hatte schon früh aufgedeckt, dass die "rechtsextreme Szene im Westen" (Leyendecker) die "drei Mörder" (Leyendecker) "möglicherweise als Helden gefeiert" hatte. Der Edelfedermann, dem es vor nahezu 20 Jahren gelungen war, eigenhändig einen Zeugen für den staatlich geplanten und durchgeführten Mord am RAF-Mitglied Wolfgang Grams zu erfinden, der ihm "aus Seelennot" (Leyendecker) mitteilte "die Tötung des Herrn Grams glich einer Exekution", hatte natürlich auch diesmal einen Zeugen, von dem aller Wahrscheinlichkeit nach nie mehr irgendjemand etwas hören wird.

Er ist ja aber auch schon weitergeritten, getrieben von seiner Fantasie. Die Spur der Nazischweine führt ihn jetzt auf die Spur der zwei Terrorkatzen Heidi und Lilly und von drei noch namenlosen Mäusen. "Anhand von etwa 30  Tierarztrechnungen können die Ermittler rekonstruieren, wo sich Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Zschäpe zwischen 2001 und 2007 aufhielten", zitiert die FR einen Bericht der Süddeutschen Zeitung, für den das Wort "hanebüchen" erfunden werden müsste, wäre es nicht schon verfügbar.

Denn nach Angaben der SZ schließen die Fahnder aus den sporadischen, aber offenbar jeweils ganztägigen Tierarztbesuchen wegen Milbenbefall und Mäuseschnupfen den Schluss, "dass die drei Terroristen die meiste Zeit in Zwickau gelebt haben und die Stadt nur für ihre Verbrechen verließen". Die 30 Rechnungen belegen dabei locker überschlagen einen Zeitraum von etwa 2190 Tagen, in denen die NSU-Mitglieder rund zwei Dutzend Straftaten begangen haben sollen - wobei selbstverständlich nicht klar ist, ob eines der NSU-Mitglieder vielleicht beim Tierarzt war, während die anderen mordeten.

Aber was schert es die letzten Berichterstatter. Nachdem Hans Leyendecker zwischenzeitlich verkündet hatte, dass die NSU ihre mörderische Tätigkeit aus dem Verkauf von Nazi-Monopoly-Spielen im Gegenwert von rund 500 Euro finanziert hätten, ist die FR nun wieder bei den Banküberfällen der Terrortruppe angelangt. "An Geld mangelte es dem Trio nicht", heißt es dort und dann folgt das bekannte Spiel mit der großen Zahl: "Insgesamt soll das Trio bei Banküberfällen rund 600.000 Euro erbeutet haben".

Damit habe die Terrorzelle dann nicht nur, sagt der offenbar dyskalkuliekranke Thüringer Linken-Fraktionschef Bodo Ramelow als Zeuge, das Leben im Untergrund, die fälligen Mordwohnmobilmieten und die Tierarztbehandlungen finanziert, sondern "mit einem Teil" auch noch "die rechte Szene unterstützt". 20 Personen hätten zum Nationalsozialistischen Untergrund gehört, 140 zum aktiven Umfeld, fabuliert Ramelow in der FR. „Innerhalb dieser Strukturen ist sicherlich Geld geflossen.“

Was ein Wunder an Effizienz! Schließlich brachten die 14 Banküberfälle der NSU in 13 langen Jahren nicht etwa 600.000 Euro ein, sondern nur magere 490.000 - 70.000 aus dem letzten Überfall konnte das Trio nicht mehr ausgeben, 40.000 aus einem früheren Coup hatten Mundlos und Böhnhardt vorsorglich im Wohnmobil mit zum Tatort gebracht. 490.000 Euro aber ergeben, aufgeteilt auf 13 Jahre Untergrund, ein Monatseinkommen von 1047 Euro pro Terroristen-Kopf: Damit lag das Pro-Kopf-Nettoeinkommen der drei hauptamtlichen NSU-Mitarbeiter Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt nicht nur um rund 9.000 Euro unter den Einnahmen eines Thüringer Landtagyabgeordneten und 5.000 Euro unter dem Gehalt von Hans Leyendecker. Sondern auch nur 19 Euro über dem pfändungsfreien Existenzminimum von 1.028 Euro und weit unter dem von der Linken anvisierten Mindestlohn von 8,50 Euro.


Ein Land schreibt einen Thriller:

NSU: Gewaltbrücke zu den Sternsingern
NSU: Gebührenwahnsinn beim Meldeamt
NSU: Nun auch auf dem linken Auge blind
NSU: Die Welt ist klein
NSU: Verdacht auf Verjährung
NSU: Weniger hats schwer
NSU: Terrorwochen abgebrochen
NSU: Rechts, wo kein Herz schlägt
NSU: Was steckt dahitler?
NSU: Neue Spuren ins Nichts
NSU: Tanz den Trinitrotoluol
NSU: Der Fall Braun
NSU: Honeckers rechte Rache
NSU: Die Mundart-Mörder
NSU-Todeslisten: Sie hatten noch viel vor
NSU: Was wusste Google?
NSU: Kommando späte Reue
NSU: Die tödliche Bilanz des braunen Terror
NSU: Mit Hasskappen gegen den Heimsieg
NSU: Mordspur nach Möhlau




10 Kommentare:

Karl_Murx hat gesagt…

Offenbar werden der Obrigkeit die Proteste der eigenen Bevölkerung gegen diese Schwarzen Messen der Austreibung neonazistischer Teufel durch Behörden und Medien langsam lästig. Auch das Hinterfragen regierungsamtlicher Definitionen über die kulturbereicherende Wirkung bestimmter, vor allem muslimischer Einwanderergruppen, sollten jetzt behördlich verfolgt werden. Blogs wie "politically incorrect" werden künftig durch den Verfassungsschutz beobachtet; gegen Betreiber von PI geht die Staatsanwaltschaft vor.

http://www.fr-online.de/die-neue-rechte/politically-incorrect-das-tribunal-der-islamhasser,10834438,11385126,view,asFirstTeaser.html

Langsam laßt die Achse des Guten die Maske fallen. Die wenigen Bereiche im Internet, wo eine freie Meinungsäußerung noch möglich ist, sollen staatlicher Gängelei und Überwachung unterzogen werden; Leute, die ihre Meinung dort äußeren, sollen eingeschüchtert und durch die Androhung von Strafverfolgung einen Maulkorb verpaßt bekommen. Der Umschlag von einer demokratischen in eine Gesunnungs- und Meinungsdiktatur, der bislang noch verdeckt stattfand, wird inzwischen öffentlich sichtbar. Das dürfte allerdings den Wandel der öffentlichen Meinung nicht aufhalten.

"Sie (die Mauer) wird auch noch in 50 und auch in 100 Jahren noch bestehen bleiben, wenn die dazu vorhandenen Gründe nicht beseitigt sind."

Zitat Erich Honecker

Der Mann hat Recht behalten.

eulenfurz hat gesagt…

Die Terroristen haben aber keine Einkommenssteuer bezahlt, und ob sie in die Versicherungssysteme investierten, darf hinterfragt werden. Damit hatten sie ein höheres Gehalt, als etwa eine Floristin.

Außerdem ist die Alementierung der rechten Szähne so abwegig auch nicht. Wenn man überlegt, daß der Verfassungsschutz dort schon für 100 oder 200 Euro pro Hakenkreuznase und Monat einkaufen kann, dann scheint die Manpower dort doch recht billig zu sein. (Sollte man vielleicht auch mal Mindestlohn einführen!)

Wuff! Wuff! zum Zweiten.

Le Penseur hat gesagt…

»dyskalkuliekrank« ...

den Ausdruck muß ich mir merken!

Anonym hat gesagt…

Niemals, so glaubt das Publikum, wird man erfahren, was am 4. November wirklich im Mordwohnwagen des Bösen geschah,

Zwei Irre haben Selbstmord begangen.
Ist doch bei Rechtsradikale so üblich.
Und sicher war der Führer schuld.

Anonym hat gesagt…

http://www.youtube.com/watch?v=Pa3TF7lbe3A

Oels hat gesagt…

Analog zum Führerbunker soll die Zwickauer Terrorruine eingeebnet und zu einem Park umgestaltet werden. Laut MDR.

Volker hat gesagt…

der ihm "aus Seelennot" (Leyendecker) mitteilte "die Tötung des Herrn Grams glich einer Exekution", hatte natürlich auch diesmal einen Zeugen, von dem aller Wahrscheinlichkeit nach nie mehr irgendjemand etwas hören wird.

Nicht nur von Leyendeckers Zeugen wird man nichts mehr höhren. Auch Zierckes Zeugen werden sang und klanglos im Orkus der Geschichte verschwinden.
Ist zwar grad 4 Wochen her, aber schon fast wieder vergessen. Die Prantl-Prawda meldete damals:

"In diesen Tagen meldete sich einer vom ganz rechten Rand bei der "BAO Trio". Durch die vorige Woche eingeleitete Öffentlichkeitsfahndung sei er animiert worden, sich zu melden, behauptete er. Seine Aussage lässt ahnen, dass dieser ungeheuerliche Fall noch ungeheuerlichere Dimensionen haben könnte als vermutet. Die drei aus Zwickau, berichtete der Zeuge, seien in der rechtsradikalen Szene im Westen bekannte, große Figuren gewesen. Man habe also gewusst, wer hinter der Mordserie in den Jahren 2000 bis 2006 steckte.

Beim Auskundschaften der Tatorte hätten die Nazis aus dem Westen und die aus dem Osten eng zusammengearbeitet, sagte der Zeuge. Auch die angebliche Mitgründerin der Terrorvereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU), die derzeit in Köln inhaftierte Beate Zschäpe, sei bei der Ausforschung von Zielen zumindest einmal dabei gewesen.
"

Es würde mich wirklich interessieren, ob dieser „Zeuge“ erpresst oder nur gekauft ist.

derherold hat gesagt…

"Es würde mich wirklich interessieren, ob dieser „Zeuge“ erpresst oder nur gekauft ist."

Ägypten ?

In dem Moment, als die Bundesanwaltschaft erklärte, der Zeuge müsse "anonym" bleiben, mußte dem mündigen Bürger klar sein, daß jener den Aggregatzustand wechseln kann ... von fest zu gasförmig.

Ich vermute ja eine viel größere Nazi-Verschwörung, da bis jetzt kein *hüstel* weiterer Zeuge gemeldet wurde, der also gewusst hat, wer hinter der Mordserie in den Jahren 2000 bis 2006 steckte.

Vielleicht würden ein paar Gutachten aus einem niedersächsischen kriminologischen Institut weiterhelfen.

Karl_Murx hat gesagt…

"Ich vermute ja eine viel größere Nazi-Verschwörung, da bis jetzt kein *hüstel* weiterer Zeuge gemeldet wurde, der also gewusst hat, wer hinter der Mordserie in den Jahren 2000 bis 2006 steckte."

Und wenn man ganz einfach mal in den Akten nachsieht? Oder gelten die jetzt als Staatsgeheimnis, was es nicht vor Ablauf von 75 Jahren zu lüften gilt?

http://www.turkishpress.de/2011/02/22/sind-graue-woelfe-doener-morde-verstrickt/id3094

"Vielleicht würden ein paar Gutachten aus einem niedersächsischen kriminologischen Institut weiterhelfen."

Etwa solche wie das hier?

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,698948,00.html

derherold hat gesagt…

"Und wenn man ganz einfach mal in den Akten nachsieht?

Und was soll in den Aktien drinstehen ?
Etwa, daß *Uwe&Uwe* (beantrage hiermit Titelschutz für spätere Eichin...sch.., der lebt ja nicht mehr-Verfilmungen) das Tarnkappenwohnmobil erfunden haben ?

Oder die Akten, die von der WhiteAryanBrotherhood in den Behörden so manipuliert wurden, daß weder bei den Mordermittlungen, noch der chem.-techn. Analyse der Köln_Nagelbombe oder gar bei den elf(!) Brandanschlägen in Völklingen Hinweise auf *Beate Z.* gefunden wurden ?

Oder die Akten, die leider nicht zur Verfügung gestellt werden können, wenn einer der RA eines Verhafteten um Einsicht bitte ?