Das letzte Häppchen bisschen nennt der Bewohner von Halle an der Saale das, was ihm Obrigkeit und Weltkonzerne bisher nicht wegnehmen konnten: Bier, Brot und Bockwurst. Obwohl die Armut grassiert, boomt die Partygängerei in der ostdeutschen Armutsmetropole, die Menschen wollen tanzen, die sie müssen ihr Elend vergessen, die niedrigen Guthabenzinsen bei der "Saalesparkasse" und die hohen Parkgebühren in der Innenstadt.
Drei Jahre lang stärkten sich die Ärmsten der Armen dazu bei "Don´t Worry, Be Curry", einem früheren Zeitungskiosk, den ein findiger Geschäftsmann zur Wurstbude umgebaut hat. Mit großem Erfolg, wie auch der Stadtverwaltung aufgefallen ist: Sie plant jetzt, den Absackerplatz für Discobesucher und Kneipengänger, Taxifahrer und Polizeinachtstreifen zu schließen. 1817 noch war genau hier am damaligen Ulrichstor die Stadt Halle zu Ende, knapp 200 Jahre später soll nach dem Willen der Stadtverwaltung auch das Kapitel Nachtversorgung enden: Weil sich Anwohner über nächtlichen Lärm beschwert haben, hat die Stadtverwaltung dem Kioskbetreiber mitgeteilt, dass er demnächst bereits um Mitternacht zu schließen hat.
Es geht darum, Ordnung und vor allem Ruhe wiederherzustellen, laute Gespräche im öffentlichen Raum zu unterbinden, die Nacht denen zurückzugeben, die sie verschlafen. In einem nächsten Schritt würden dann Bordsteinkanten hochgeklappt, Kneipen geschlossen und nach 20 Uhr alle Ampeln auf Dauerrot geschaltet.
Doch das Rathaus hat die Rechnung offenkundig ohne die Gäste von Kultwirt Knut Wuttke gemacht. Denn seit die Anordnung zur Verkürzung der Öffnungszeiten öffentlich wurde, fegt ein Sturm der Entrüstung durch die Partynächte. Unterschrift werden gesammelt, in sozialen Netzwerken macht sich der Zorn Luft. Zu lange zu viel geduldet, zu oft gekuscht, zu viel geschluckt!
"DWBC", wie Nachtwurstfreunde ihr Lieblingslokal nenen, wird zum Fanal, die an der Saale hellem Strande zuletzt noch schwächelnde Occupy-Bewegung findet hier den Gegenstand, der alt udn jung, arm und reich, dick, dünn, dumm und schlau eint. Curry21! Nach dem Vorbild des Widerstandes in Stuttgart drohen Hungeraufstände in Halle: Curry muss bleiben, die indisch gewürzte Lokalwurst aus der Innenstadt zu vertreiben, kommt einer ausländerfeindlichen Straftat gleich.
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