Echten Liebhabern läuft das Wasser im Mund zusammen, Tierfreunde aber wenden sich mit Grausen. Pünktlich zur Veröffentlichung der neuen Aussterbezahlen von der Wildvogelfront hat Reinhold Herger, deutscher Gründer der amerikanischen Feinschmeckerkette "Hot Bird" "Rote-Listen-Wochen" für seine Restaurants ausgerufen. Erstmals seit 1927, als Hans Wolfgang Behm in seinem Buch "Aussterbende Vögel Europas" auf 32 in Ganzleinen gebundenen Seiten vor dem Aus für viele Vogelarten warnte, so der erfolgreiche Gründer, gebe es damit für Freunde der Vogelwelt die Möglichkeit, selbst zu erleben, "wie sich Aussterben anfühlt".
Herger hofft auf großen Zuspruch von Vogelfreunden, denen der Internationale Rat für Vogelschutz schon 1992 mehr als 1000 der etwa 9000 weltweit existierenden Vogelarten als "ernstlich gefährdet" gemeldet hatte. 2006 waren dann schon "bis zu 72 Prozent aller Vogelarten vom Aussterben bedroht", umgerechnet also 6500 Arten, 2008 sank die Zahl kurzzeitig auf "über 1.200 Arten" weltweit, die stark gefährdet waren. Trotz fortschreitenden Aussterbens stieg die Zahl bis 2009 auf 1227, um nun endlich mit 1253 Arten einen neuen Höchststand zu erreichen.
Damit seien, so Reinhold Herger, immer noch stabil zwölf Prozent aller Vogelarten vom Aussterben bedroht, darunter jetzt auch die äthiopische Lerche, ein Galapagos-Fink und ein Kolibri aus Kolumbien. Akut aussterbend seien 192 Arten, allerdings kaum noch wegen des Klimawandels, der noch 2006 hauptverantwortlich für das Massensterben gemacht wurde. Vielmehr sei die Sidamo-Lerche "ein Opfer der Veränderungen ihres Lebensraums in der äthiopischen Savanne durch zunehmende Nutzung als Acker- und Weideland", wie das Fachmagazin "Der Spiegel" eruiert hat.
„Dies ist eine Art, die wirklich auf der Kippe steht“, freut sich Martin Fowlie von BirdLife International, wo man Buch führt über die Abgänge und zuletzt nicht viel zu tun hatte. Trotz der seit Brehms Zeiten ständig steigenden Zahlen bedrohter Vogelarten sei ein echtes Aussterben seit Ende des Zweiten Weltkrieges die große Ausnahme. "Bis auf den arabischen Strauß, die südamerikanische Zimtente, den Java-Kiebitz, die Bindenflügelralle und eine halbe Handvoll anderer Vögel sind in den letzten 60 Jahren kaum noch Abgänge zu verzeichnen", kritisiert Vogelkoch Herger, ein ehemaliger DDR-Grenztruppenoffizier, der mit seiner Restaurantkette Hot Bird Spezialitäten wie "Papagei im Federmantel", Spatz am Spieß und geröstetem Ibis anbietet.
Dabei verberge sich nach Erkenntnissen der Schweizer Animal-News "hinter dem Vogelsterben der Niedergang eines ganzen Öko-Systems": Wissenschaftler hätten errechnet, das mit jeder verschwundenen Vogelart 90 von den Vögeln abhängige Insektenarten, 35 Pflanzen- und drei Fischarten und sämtliche auf den Tieren lebende Parasiten in ihrem Überleben gefährdet sind. Ab kommendem Jahr sollen die in der Liste der bedrohten Vogelarten jeweils gleich mitgezählt werden. "Dann kommen wir auch schnell wieder auf die 72 Prozent", zeigt sich Hot-Bird-Chef Herger zuversichtlich.
Karl Eduard zu bedrohte Parasiten
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
3 Kommentare:
Das Thema gabs schon vor anderthalb Jahrhunderten. In dem Spiegelartikel wird sogar Halle(!) erwähnt, als Tatort der schlimmsten Sorte:
"Die Auswüchse der Vogeljagd und des Vogelfanges hatte schon vor fast anderthalb Jahrhunderten Alfred Brehm, der "Tiervater", beklagt: "Rohe Mordlust", so Brehm, kostete ganze Schwärme das Leben - "Hunderttausende von Schwalben" würden "in der Umgegend von Halle und in der Nähe Wiens alljährlich durch Bubenjäger vertilgt"."
Rohe Mordlust. Hundertausende Schwalben pro Jahr vertilgt. Massakerorgien quasi.
hier hatten sie nie was anderes zu essen. umso bemerkenswerter, dass die schwalbe diese fortwährenden massaker überlebt hat. habe gerade eine gesehen!
Und erst die Schwalbennester. Die schmecken.
Kommentar veröffentlichen