Es ist das erste Mal, das PPQ selbst direkt nicht nur das Leben der Menschen schöner und lebenswerter macht, sondern wirklich Lebensläufe geändert hat. Ein junger Mann, Ostdeutscher, gelernter Koch, Soldat bei der Bundeswehr, wurde dank eines Beitrages aus unserer großen Serie "Geschäftsideen, die wir selbst auch gern gehabt hätten", binnen weniger Wochen vom perspektivlosen Wiedereingliederungskandidaten zum erfolgreichen Geschäftsmann mit schnell wachsender eigener Restaurantkette. Und das, obwohl Kevin Schnitte vor einem Jahr noch fürchtete, "nie weder einen Fuß auf den Boden zu bekommen", wie er sich erinnert.
Damals saß der 22-jährige Ilfelder mit vielen Kameraden aus zahlreichen anderen ostdeutschen Gemeinden im afghanischen Kundus, um den Taliban den finalen Todesstoß zu versetzen. "Es war warm, es war gefährlich, wir hatten alle keinen Rückhalt an der Heimatfront und schon lange keine Lust mehr auf diesen Krieg", beschreibt der leicht rothaarig wirkende Mann mit den immer ein bisschen sommersprossigen Zügen. Nach seinem Küchendienst habe er eines Tages im Internet-Café des Truppenlagers gesessen und sich im Netz nach interessanter Unterhaltung umgesehen, um sich auch beruflich weiterzubilden. "Lernen", sagt Schnitte, "ist ja heute für uns alle ein lebenslanger Prozess".
Als er auf eine fesselnde Reportage über den bewegten Weg des ehemaligen DDR-Grenztruppenoffiziers Reinhold Herger stieß, der mit einer Kette aus Restaurants durchstartete, die Spezialitäten wie Spatz am Spieß, geröstetem Ibis, Drossel-Döner oder gesottenem Papagei im eigenen Federmantel anbietet, machte es klick. "Ich wusste plötzlich ganz genau, dass mein Weg so ähnlich sein wird."
Noch in der selben Nacht entwarf sich Kevin Schnitte (Foto rechts in der typischen Talibar-Kellnerkleidung) einen ersten Geschäftsplan, das Logo seiner neuen weltweiten Kette aus angesagten Klubs zum Speisen, Feiern und Freunde treffen - und den Namen der Restaurants."Man darf nicht vergessen", erzählt er, "ich war in Afghanistan, da kann man auf verrückte Ideen kommen." Seine war die "Talibar": Ein kärgliches, ganz im Stil von Tora Bora gehaltene Erdrestaurant mit niedrigen Decken und Tischen, einer Vielzahl von landestypischen Angeboten und frech kostümierter Bedienung: "Ich wollte eine Leibesvisitation am Eingang, Burkas für das Personal, Bilder vom Propheten und seinen Frauen an der Wand und auf dem Boden flauschige Teppiche, damit jeder, der mag, jederzeit zum Gebet niederknien kann."
Die ersten Banken hätten noch abgewunken. Das Konzept sei "zu gefährlich", weil radikale Islamisten in ihrer bekannten Dünnhäutigkeit überreagieren könnten. Schnitte aber gab nicht auf, er lief von Pontius zu Pilatus, knüpfte Kontakte und fand schließlich in Dänemark, Dubai und den Niederlanden interessierte Wagniskapitalgeber. "Ich fand es traurig, dass in Deutschland niemand einsteigen wollte", sagt er heute, "aber die Menschen hier sehen eben immer eher das Risiko als die Chance."
Er selbst hat nie bereut, gleich ganz große Pläne in Angriff genommen zu haben. Einer ersten Talibar auf Sylt, die beim Partypublikum auch wegen der vielversprechend verhüllten Kellnerinnen und Musikerinnen der gastierenden bands (Foto links) einschlug wie eine Bombe, folgten weitere in Brachwitz, Lobbe, Palma, Slupsk, Leiden, im britischen Swindon und im französischen Brest sowie im Skikurort Ischgl. "Die Leute haben mit unheimlicher Neugierde reagiert, tolerant, aber angespannt", erinnert sich der junge Geschäftsmann, der mittlerweile Herr über ein Imperium aus 47 Talibars mit dem unverkennbaren rot-gelben Schriftzug (Bild oben) ist. Gern habe das Publikum das Angebot angenommen, von hübschen Frauen in blauen Ganzkörperzelten bedient zu werden, nachdem sie eine entwürdigende Durchleuchtung durch Ganzkörpernacktscanner am Kneipeneingang über sich ergehen lassen mussten. "Als Aschenbecher dienen uns großkalibrige Granathülsen, alle Kellner tragen völlig echt wirkende AK47 und Vollbart."
Nicht nur ehemalige Bundeswehrsoldaten lieben es, für ein paar Stunden aus dem Alltag auszubrechen und sich bei einigen eiskalten Bieren und heißer Partymusik der Lebensweise der Koranschüler hinzugeben. "Die Idee hat einfach noch besser eingeschlagen, als ich das erwartet habe", sagt Schnitte, der plant, im kommenden Jahr jede Woche irgendwo auf der Welt eine "Talibar" zu eröffnen. Die Finanzierung der Expansion bereite keine Probleme mehr, zuletzt habe sogar die staatliche KfW einen Kredit angeboten. Kevin Schnitte aber, der in einem winzigen Dörfchen in Nordthüringen aufwuchs und sein Handwerk im 300 Jahre alten "Huthaus" auf 600 Meter Höhe lernte, denkt längst in ganz anderen Kategorien. "2012 planen wir den Börsengang", sagt er und die Sommersprossen leuchten zufrieden.
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