Es ruckt nicht so richtig in Kairo, die Straßenkämpfe sind abgeflaut, die Situation ist unübersichtlich. Auch die Geschichte von den Journalisten, die durch Prügel und Laserangriffe daran gehindert werden sollen, die Wahrheit zu berichten, damit Angela Merkel und Barack Obama ihren alten Verbündeten Hosni Mubarak nicht sofort absetzen, ist vielmals erzählt und kommentiert.
Geschichte aber muss weitergehen, Bewegung ist gefragt, Dynamik angesagt, damit das Publikum bei der Stange bleibt. Gibt es die nicht wirklich, muss eine Animation reichen, wie sie der renommierte "Spiegel" durch die virtuose Verwendung unterschiedlicher Zeitformen und verkürzter Sätze eben vorbildlich zeigt. Eine Dachzeile wie "Übergangsregierung in Ägypten" (oben) konfrontiert die treue Leserschaft automatisch mit dem schuldbewussten Gedanken "Oh, da habe ich was verpasst!", die Überschrift "ElBaradei setzt auf Verhandlungen mit der Armee" suggiert, der neue Staatschef am Nil schlage erste Pflöcke ein.
Die Berichterstattung eilt ihrem Gegenstand voraus, die Sehnsucht nach einer Entscheidung, so lange noch "Brennpunkte" damit gefüllt werden können, bittet zum Diktat. Schlagzeilen wie ein Gebet, Wirklichkeitswiedergabe als Wünsch-Dir-was.
Soweit wie in den Berichten aus dem Morgen-Land ist es im realen Heute noch nicht. Über kurz oder lang aber wird die Wirklichkeit die Schlagzeilen einholen. Dann feiern alle, die auch Ägypten über ein Vierteljahrhundert nur als Urlaubsland und Stabilitätsfaktor im Nahen Osten berichtet haben, zusammen den Abschied vom netten Autokraten.
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