Der Plan war wieder super, die Rechnung stimmte. Peer Steinbrück, der erste deutsche Finanzminister, der gar nichts falschmachen konnte, war ganz sicher. Um die verstärkte private Altervorsorge der Bevölkerung zu unterstützen, hatte der Arbeiterführer im Februar vor zwei Jahren eine Abgeltungssteuer durchgedrückt, die darauf angelegt war, dem Staat von jedem Häppchen Vermögenszuwachs im Land automatisch ein Viertel Steuern zu sichern, vor allem Großanleger aber zu schonen: Statt mehr als 40 Prozent Steuern zu zahlen, sollten auch die wie Oma auf ihre Sparbuchzinsen mit 25 Prozent davonkommen.
25 Prozent auf alles, das wäre mehr als die 30 bis 42 Prozent auf das, was die Leute freiwillig angeben, glaubte der beliebte Allesexperte, der in jedem Deutschen nicht nur einen .otentiellen, sondern einen täglich tätigen Steuerhinterzieher sah. Zwei Jahre später lässt sich das Ergebnis des Experiments am lebenden Anleger in Zahlen besichtigen. Die Einnahmen aus der Abgeltungssteuer im Vergleich zum Vorjahr um 3,7 Milliarden Euro gesunken. Statt wie im letzten Jahr vor Steinbrücks wegweisendem Steuerbeschluß 13,5 Milliarden Euro einzunehmen, kassiert der Bund nur noch 8,7 Milliarden Euro. Im laufenden Jahr sollen die Einnahmen weiter zurückgehen und auf rund acht Milliarden Euro sinken.
Dabei war der Plan super und die Rechnung stimmte. Nur rechnet die andere Seite leider auch: Kurz vor Einführung des Abgeltungsmodells kauften die deutschen Anleger deshalb noch einmal massenhaft Fonds und Aktien, seitdem aber verkauften sie kaum welche. Und wenn, dann mit anrechenbarem Verlust. Aalen statt Zahlen!, ist das Motto (Foto oben: Zwei Festgeldsparerinnen aus Wolfenbüttel). Auf Aktien, die gehalten werden, werden aber keine Steuern fällig - und selbst wenn die Deutschen jetzt begännen, ihre Altbestände aus der Geltungszeit der zuletzt von der SPD reformierten Spekulationssteuer abzustoßen, bliebe deren Verkauf steuerfrei.
Was Steuerhinterziehung verhindern, Schwarzgelder ins Inland locken und die Einnahmen des Staates erhöhen sollte, reißt so neue Löcher in den Haushalt. Mehr ist wie gerade erst bei der Tabaksteuer schon wieder weniger. Kapital ist auch nicht zurückgeströmt, die Steuererklärung ist noch ein wenig schwieriger auszufüllen. In der "Welt" fordert die Deutsche Steuergewerkschaft (DSTG) deshalb, die Abgeltungsteuer abzuschaffen, denn dazu ist sie ja auch da. In Berlin hat das Finanzministerium inzwischen einen Plan ausgeknobelt, wie sich die Einnahmen langfristig erhöhen lassen: Mit einer marginalen Erhöhung der Steuerfreibeträge für Kapitaleinkünfte sollen möglichst viele Bürger veranlasst werden, ihre neue Steueridentifikationsnummer bei allen ihren Banken anzugeben. Damit würde es den Finanzämtern möglich, erstmals einen vollständigen Überblick über alle Konten aller Anleger zu gewinnen. Die Abgeltungssteuer brächte dann irgendwann doch noch richtig Geld...
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1 Kommentar:
Festgeldsparerinnen aus Wolfenbüttel? Das sieht mir eher nach dem schnellen Euro aus, was sich in der Sonne fläzt. Da verwette ich alles drauf, was Steinbrück letztes Jahr als Abgeltungssteuer abgedrückt hat.
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