Der Kommunismus ist besiegt, der Kapitalismus regiert, kalt, gnadenlos und überall. Überall? Nein, in einem kleinen Eckchen im Internet, dem größten Tatort der Welt, haben sie überlebt, die letzten echten Kommunisten, die Mitglieder der Kommunistischen Programmpartei (KPP), einer Splittergruppe von früheren Splittergruppen, die vom mitteldeutschen Merseburg aus daran gehen, die Revolution mit neuen Grundsatzpapieren voranzutreiben.
Chef des tapferen Häufleins der letzten Gerechten ist Tec Dian, ein 1966 in der DDR geborener Diplomphysiker und Irish-Dancing-Lehrer, der zwei Kinder durch die schlimmen Zeiten von Kohl, Schröder und Merkel bringen muss, nebenbei aber dennoch Zeit findet, theoretisch zu arbeiten. "Prikoordinator" nennt die KPP ihren Lenin, während seine Genossin Ki-Heij Gi liebevoll "Sekkoordinator" gerufen wird. Ki-Heij Gi, 1968 in der DDR geboren, Diplomphysikerin, Managerin und Mutter derselben zwei Kinder, gibt das Parteiblatt "Das rote Virus" heraus, das vom "Terkoordinator" Denis Hahndorf, einem erst 1977 in der DDR geborenen Elektriker, der heute als selbständiger Handwerker arbeitet, gelesen wird.
Das ist wichtig, denn sonst wüsste Hahndorf gar nicht, dass "auch unter den heutigen Bedingungen der Ausbeutergesellschaft viel getan werden kann, um die Ausbeutung zurückzudrängen und das Los der Ausgebeuteten und Benachteiligten zu verbessern", wie eines der Grundsatzpapiere glasklar analysiert. Die hat Tec Dian, Fan von Science-Fiction-Literatur und Gerechtigkeit, als Kommunist geschrieben. "Aber ich bin weder Marxist, noch Leninist, Stalinist oder gar Maoist", erklärt er, "mein Verständnis des Kommunismus leitet sich nach wissenschaftlichen Methoden von den beiden historischen Grundwerten des Kommunismus ab: Gemeinschaftlichkeit und Bewusstheit". Daher werde er oft von Leninisten als Revisionist beschimpft, von Reformsozialisten dagegen als orthodoxer Hardliner.
Seis drum, da muss man durch, wenn es doch nun mal zum Besten der gesamten Menschheit ist. 1981 schon, zwölf Jahre nach dem Beginn seiner tänzerischen Ausbildung, wurde Tec Dian "als FDJ-Funktionär für Agitation und Propaganda wegen kritischer Äußerungen zum DDR-Wahlsystem" abgelöst, 1990 trat er selbst aus der FDJ aus "wegen deren Abkehr vom Kommunismus".
Tec Dian hat das Wesen der Dinge erkannt, und er geht daran, Machtstrukturen bloßzustellen und Hintergründe aufzuhellen. Das gelingt in einer wagemutigen Marx-Engels-Lenin-Fortschreibung zum Thema Manipulismus, worunter die Vordenker der KPP eine bislang weltweit wenig beachtete Weiterentwicklung des altbekannten staatsmonopolistischen Kapitalismus verstehen.
"Über den Manipulismus gibt es noch keine vollständige und ausgereifte Gesellschaftstheorie", gesteht der KPP-Theoretiker, ehe er Beispiele dafür anführt, wie "durch Werbung neue Bedürfnisse erzeugt werden, die ohne Werbung nicht oder nicht in diesem Umfang existieren und auch nicht vermisst würden". Konkrete Vorschläge hat die Partei auch dazu, "was sich in Deutschland ändern muss". So sollten nach Ansicht des federführenden Triumvirats "unsinnige Verkehrsprojekte sofort gestoppt werden". Stattdessen stehe der "Neubau eines unterirdischen, umfassenden Bahntransportsystems" auf den Programm, "das auch die individuellen Transportaufgaben effektiv lösen kann, ohne mit der Natur in Konflikt zu geraten".
Die Welt wird ein Paradies sein, wenn erst die KPP herrscht. Für jedes Kind gibt es ein Kindereinkommen, der Nahverkehr ist kostenlos, alle Studenten bekommen ein Stipendium und bezahlen werden das alles endlich mal die Reichen , die Erben, die Steuerhinterzieher. Ein bisschen knurren werden die Abgeordneten, der Diäten nach den Plänen der Merseburger Revolutionäre sofort nach Machtatritt auf Sozialhilfeniveau gesenkt werden, auch für sogenannte "Qualzüchter" wird es eng, denn deren Handwerk wird durch die neue Macht untersagt. Weitere Wünsche an ein grundsätzliches Programm für die sofortige Durchsetzung aller Interessen Aller nimmt die Kommunistische Programmpartei gern entgegen. "Sie können jeder Parteikörperschaft und jedem Parteimitglied übergeben werden oder sind zu richten an: Kommunistische Programmpartei, Nationale Organisation Deutschland, 06204 Merseburg, Postfach 1450".
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4 Kommentare:
Empfehle sofortige Weiterleitung ans Autor_Innenkollektiv !!
gute idee. die benjamins könnten sich so ein en merseburger arm zulegen!
Was ist eigentlich aus der militanten Gruppe Leipzig geworden ? Basteln die noch Mollys oder arbeiten die nur geräuscharm an ihrer Rechtschreibung ?
Zwei Elektroden an die Kokosnuß!
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