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Kunst, die einzigartig ist, da mag Gitarrist Phil Chevron sich auch mühen, die Auswandererschmonzette "Thousands Are Sailing" mit Gefühl zu singen und Bandgründer Spider Stacy noch so sehr versuchen, seinem besinnungslosen Nebenmann mit der Flöte den Rhythmus zu klopfen. Shane MacGowan ist heute hier, aber er ist eigentlich nicht da. Mit geschlossenen Augen zahnlost er "Dirty Old Town" und den "Irish Rover" über die Rampe, versteckt im gnädigen Halbdunkel, das die Lichtregie über den Platz am Mikro gebreitet hat wie eine fürsorgliche Schutzdecke. Sein Versuch, ein Instrumentalstück mit ein paar Schlägen aufs Becken von Drummer Andrew Ranken zu würzen, scheitert grandios an der Unfähigkeit des begnadeten Poeten, auch nur ein einziges Mal im richtigen Moment zuzuhauen.
MacGowan grinst ein nachtschwarzes Zahnfleisch-Lächeln und zieht an seiner Fluppe. Noch ein Schluck, noch eine Ansage, die gurgelt wie eine arabische Toilettenspülung. "Dujuwanamohr?", könnte er gesagt haben und natürlich wollen sie mehr, die Männer im Publikum in den irishgrünen Shirts, die überm Bauch spannen. Ganz genau nach Fahrplan kommt die ohne ihren gefeierten Vorstand immer noch verblüffend exakt musizierende Truppe zurück und gibt die "Fiesta". Spider Stacy schlägt sich energisch ein Blechtablett vor den Kopf, MacGowan kippt den letzten Schluck hinter die Binde. "Come all you rambling boys of pleasure and ladies of easy leisure", rumpelt dann ein Stück echter Resttext aus der Kanonenkehle, "We must say Adiós! until we see Almeria once again".
1 Kommentar:
oh mann, großartig! in jeder hinsicht. da habe dich gleich wieder lange nächte im alten cafè fusch im kopf ...
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