2004 hatte Peter Vogt, Leiter der Zentralstelle im Kampf gegen Kinderpornografie in Sachsen-Anhalt, noch "27.000 Täter in 166 Länder" (dpa) ermittelt. Nach Abschluß der "Operation Marcy" war der Oberstaatsanwalt Deutschlands erfolgreichster Kinderpornojäger. Dass von den 27.000 Täter, die offenbar doch nur Verdächtige waren, ein Jahr später nur der Auslöser der Ermittlungen, ein 29-jähriger Magdeburger, verurteilt wurde, machte schon keine Schlagzeilen mehr.
Denn Peter Vogt war weitergeeilt. Mit einem gesunden Bewusstsein für karrieredienliche Aktionen beantragte der Kinderpornoexperte für die "Operation Mikado" den Datenabgleich von 20 Millionen Kreditkartennummern per Rasterfahndung. Jeder Kartenbesitzer, dem 79,99 Dollar aus dem Ausland abgebucht worden war, fand sich als Mitglied eines neuen weltweiten Kinderpornorings verdächtigt. Das gab wieder eine schöne hohe Zahl für schöne große Schlagzeilen, wieder war weniger von Verdächtigen als vielmehr von Tätern die Rede, als wäre mit einem Verdacht allein schon irgendwer irgendwo angeklagt und verurteilt worden. Auch die Aktion "Himmel" war so gesehen ein Erfolg: 12.000 Verdächtige meldete die Staatsanwaltschaft Berlin Ende 2007, 300 Täter, so Vogt, kämen aus Sachsen-Anhalt.
In keinem Fall wurde bis heute bekannt, dass Anklage erhoben wurde oder ein Urteil aus einem Verdächtigen tatsächlich einen Täter gemacht hätte.
Denn die Geister, die er rief, ist Peter Vogt später nie mehr losgeworden. Aus den zehntausenden angeblich schwerpädophilen "Tätern", die er jeweils ermittelt haben wollte, wurden nicht nur keine zehntausend Verfahren, sondern ausweislich der öffentlich gewordenen Verurteilungen gar keine. Im Jahr 2007 habe die Steigerungsrate bei der Zahl der Kinderporno-Verdächtigen im Land im zweistelligen Bereich gelegen, so behauptete der Cheffahnder zwar. "Der Verfolgungsdruck ist größer geworden: Je mehr wir durchsuchen, desto mehr Hinweise finden wir auf weitere Verdächtige", hieß es. Aus den verdächtigen aber wurden kaum Verurteilte.
Auch, weil die Spezialfahnder eigenen Angaben zufolge im Datenmüll ersticken. 41 Terrabyte umfassten die Dateien, die bereits Anfang des Jahres im Landeskriminalamt (LKA) auf Auswertung warteten. "Eine Zahl, die so groß ist, dass es selbst Computerspezialisten schwer fällt, sich darunter etwas vorzustellen", orakelte die Magdeburger "Volksstimme", bei der das Internet noch ausgedruckt wird. Erst eine Umrechnung in elektronische Bilddateien mache die Zahl greifbarer: 364 Millionen Bilder seien das. Jeder der 20 Beamten der Porno-Abteilung müssten sich so ein Jahr lang täglich 81.000 Bilder anschauen, um innerhalb eines Jahres alle wenigstens einmal gesehen zu haben.
Infolge einer Gesetzesverschärfung, die Sachsen-Anhalts Justizministerin Angela Kolb nach Vollzug begeistert feierte, ist die Flut der Bilder noch einmal angeschwollen. Nachdem der Bundesgerichtshof festgestellt hatte, dass automatisierte Auswerteprogramme auch solche Fotos als Kinderpornografie erkennens, die so genanntes nichtstrafbares "Posing" enthalten, mussten die Ermittlungsbeamten alle als kinderpornographisch verdächtigten Fotos jeweils einzeln bewerten, um festzustellen, ob die volljährige Paris Hilton (wie auf unserem Beweismaterial) einen zulässigen und gesetzlich völlig korrekten Blowjob ableistet oder ernste Zweifel am Alter der Beteiligten weitere Prpüfungen erforderlich machen. Nachdem das Gesetz verschärft wurde, waren dann auch Bilder strafbar, die vorher nicht unter den Kinderporno-Paragrafen gefallen wären.
Deshalb dauert die Bearbeitung. Über zwei Jahre müssen die Anfang 2009 noch 146 Tatverdächtigen in Sachsen-Anhalt warten, ehe sie Bescheid bekommen, ob ihre Bilder strafbar waren oder nicht. Nachdem Vogt bereits Ende letzten Jahres in einem Papier darauf hingewiesen hatte, dass er mehr Männer und eine bessere Ausstattung benötige, hat der oberste Kinderpornofahnder jetzt das Handtuch. Er ziehe seine Konsequenzen aus den Äußerungen von Innenminister und Justizministerin. Diese hatten bestritten, dass das Problem das Ausmaß von mehreren hundert Fällen angenommen habe. Wenn in Sachsen-Anhalt noch Fälle aus den Jahren 2005 und 2006 bei der Polizei lägen, so der bei der NVA ausgebildete Innenminister, liege das allein daran, dass die Staatsanwaltschaft nicht genug Druck auf die Polizei ausgeübt habe.
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1 Kommentar:
aber es gibt halt doch hundertausende pädophilieopfer weltweit. siehe foto, wo der papst 70'000 auf einmal traf:
http://swiss-lupe.blogspot.com/2008/04/papst-traf-60000-pdophilie-opfer-foto.html
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