Kleines dickes David hätte man ihn nennen können, als er auf dem alten Saalekahn Hallescher FC anheuerte, der schon länger als ein Jahrzehnt vergebens versuchte, zurückzukehren zu den Futterkrippen des deutschen Profi-Fußball. Der 28-Jährige hatte schon in Pfullendorf gespielt und in Erfurt, in Nürnberg und in Dresden, er war nie schlecht gewesen, aber auch nirgendwo richtig zu Hause. Als einen Verkrachten, Gescheiterten, die etwas billiger zu haben sind, weil der Käufer mit ihnen gleich der Deutschen Bank beim Kauf von Schrottaktien ein höheres Risiko eingeht, holte ihn HFC-Trainer Sven Köhler im Sommer vor einem Jahr nach Halle: Pavel David war verletzt, er sah nach Übergewicht aus und die ersten paar Spiele kam er über die Jokerrolle nicht hinaus.
Ein Jahr später hat der Tscheche dem in der Vorsaison noch auf den letzten Metern gescheiterten Fast-Aufsteiger aus Halle das Debüt als Favorit in der neuen Regionalligasaison beinahe im Alleingang gerettet. Gegen den Aufsteiger Goslar schoss der Mann mit der 27 nach sieben Minuten das 1:0, später machte er mit einem fantastischen Freistoßtreffer zum 3:0 den ersten Sieg im neuen Spieljahr perfekt, nachdem Thomas Neubert zehn Minuten zuvor das 2:0 erzielt hatte.
Dabei war ein Sieg und erst recht ein so klarer lange Zeit gar nicht ausgemacht für das Minimalistenteam, in dem mit Sieber und Mouaya zu Beginn nur zwei der Neuzugänge aus der Sommerpause stehen. Auf der Bank für Mouaya: Christian Kamalla, eine Art "Spieler des Jahres" in der Vorsaison, auch wenn Torwart Darko Horvat den offiziellen Titel traditionsgemäß mitnahm. Kamalla, aus der eigenen Jugend gekommen und nur wegen der Verletzung von Kapitän David Bergner in die Innenverteidigung gerutscht, stand von allen Feldspielern die längste Zeit auf dem Platz. Insgesamt verpasste er nur 15 Spielminuten in der gesamten Saison - obwohl oder gerade weil Kamalla eher Fußballhandwerker als -Zauberer ist.
Mouaya vertritt ihn würdig. Erst macht er mit zwei langen diagonalen Pässen vom linken auf den rechten Flügel klar, warum Köhler ihm den Vorzug vor dem offensiv überaus enthaltsamen Kamalla gegeben hat. Und so mit frischen Selbstvertrauen aufgetankt, macht er sich daran, die gelegentlichen Aussetzer des Konkurrenten täuschend echt nachzuspielen: Ein Pass am Strafraum direkt in die Beine des gegnerischen Stürmers? Bitte! Ein Ball für die Tribüne, wo es auch ein gerade nach vorn gespielter Pass hätte sein können? Aber immer.
Mit Mouaya fällt der gesamte HFC direkt nach der Führung ins Koma. Zwar lässt Trainer Köhler seine neue Abwehr auf den Außen ganze zehn Meter weiter vorn stehen als im vergangenen Jahr, in der Nähe des Goslaer Strafraums aber kommen doch nur zwei, drei Bälle an. Goslar, nach dem Rückstand stehend k.o., ist plötzlich wieder da, dank kleiner Hilfestellungen von Mittelfeldmann Steve Finke, der mehrmals einen überraschenden Pass zum Gegner spielt, und dank Patrick Mouaya, der in seinen knallroten Schuhen immer wieder tänzelt, wo er marschieren müsste. Zweimal schießen Goslaer Stürmer knapp vorbei, einmal rettet das Lattenkreuz. "Die betteln ja um den Ausgleich", nörgelt einer der 3043 fachkundigen Besucher im ersten Spiel der letzten Saison des einst als "Mitteldeutsche Kampfbahn" gebauten und später nach einem Arbeitersportler mit einer fatalen Vorliebe für kleine Jungen benannten "Kurt-Wabbel-Stadion".
Nächstes Jahr wird das Stadion abgerissen und neugebaut, also "saniert", nächstes Jahr wird auch der letzte fachkundige Besucher wissen, dass Philip Schubert nicht etwa "ein Abwehrspieler ist, der im Mittelfeld völlig falsch eingesetzt wird". Sondern ein gelernter defensiver Mittelfeldmann, der vergangene Saison völlig richtig in der Abwehr eingesetzt wurde.
Da steht jetzt Jan Benes an seiner Stelle, auch der aber lahmt Richtung Pause. Eigene Ecken Fehlanzeige, Torschüsse drei in Halbzeit eins und doch 1:0 in Führung - the same procedure as every year.
Nichts Neues unter der Sonne auch nach der Pause. Köhler wechselt nicht, ehe nicht die 65. Minute heran ist. Bevor die kommt, nimmt Thomas Neubert, vielverlacht für seine an die Eleganz eines Hafenkrans gemahnende Ballführung, einen Pass von Pavel David elegant mit und schiebt ihn am Goslaer Keeper Möhlenbrock ins Netz.
Nun ist auch schon alles wieder gut. Wie Tor 1 den Stecker zum HFC-Spiel herausgezogen hatte, so steckt ihn Treffer 2 wieder rein: In Wellen kommen die Rot-Weißen jetzt auf die Blauen zugelaufen, nur der Ball will nicht mehr über die Linie. Da muss erst Pavel David kommen - in der 73. zirkelt er einen Freistoß unhaltbar ins Eck.
Nach den Gesetzen der Vorsaison, die offenbar weiter gelten, ist da aber schon längst alles entschieden: Wer in Halle zwei Tore kassiert, verliert, so heißt die Regel, gegen die zuletzt nur Hertha BSC verstoßen hat. Wie es der Zuafll will der nächste Heimgegner der Hallenser.
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2 Kommentare:
"Wer in Halle zwei Tore kassiert, verliert, so heißt die Regel ..."
Die Defensive wird auch entscheidend sein, denn so riiiichtige Torjäger mit >20 Toren in der Saison hatte der HFC schon lange nicht mehr, oder ?
brauchen die nicht ;-)
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