Formschön, fragwürdig und voller Rätsel, so sind die grandiosen Kleinwerke, mit denen der hallesche Kachel Gott versucht, die Innenstadt der ehemaligen Chemiemetropole neu zu verfliesen. Ein Unternehmen, das zum Wettrennen mit dem öffentlich geförderten Stadtumbau zu werden droht: Am Tschernyschewski-Haus, benannt nach dem russischen Früh-Revoluzzer Nikolai Gawrilowitsch Tschernyschewski und im Besitz einer freimaurerischen Welt-Loge, hat der Kachelmann jetzt eine Fliesen-Installation in Form seiner klassischen Kachelleisten geklebt, die durch die Umbaupläne der Leopoldina akut in ihrem Bestand gefährdet ist: Mit Geldern aus dem Rettungspaket der Bundesregierung soll das Tschernyschweski-Haus von der "Großen National-Mutterloge zu den Drei Weltkugeln" abgekauft und zum Sitz der nationalen Wissenschaftsakademie umgebaut werden.
In sanften Schwarz-Rot-Tönen gehalten, erinnert die Bordüre an eine gleichartige Klebung in der Nähe der Peißnitzinsel, die hier natürlich im einzigen deutschen Kachelverzeichnis recherchierbar ist. Kachelverehrer aus zahlreichen Ländern haben bei Bundesbauminister Tiefensee und Wissenschaftsministerin Schavan inzwischen ein Protestscheiben gegen die Rettung der Weltwirtschaft durch Vernichtung der imposanten Kachelkunst eingereicht. Eine Online-Petition gegen die Entkachelung ist in Vorbereitung.
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