Der Kampf gegen rechts ist, daran kann es kaum Zweifel geben, eines der wenigen einigenden Bänder, die eine auseinanderstrebende, in Zeitlupe vor sich hinexplodierende, müde und gelangweilte Gesellschaft hat. Internetseiten gegen rechts, Opfermobile gegen rechts, laute Musik gegen rechts, zur Not auch ohne Zuschauer, Unterschriften und Protestdemos gegen rechts - gäbe es den institutionalisierten, ritualisierten und preisgekrönten Kampf gegen rechts nicht, müsste er sofort erfunden werden. Nichts anderes von so wenig Bedeutung füllt so viel Sendezeit, nichts anderes von so unendlich geringem Belang beherrscht das Denken so vieler Menschen.
Nur laut ausgesprochen werden darf das nicht, weil der Zauber des gemeinsamen Gegenetwas sein im stillschweigenden Einverständnis liegt, dass die Sache es lohnt. So, wie der Kaiser erst nackt ist, als das Kind ihn nackt nennt, ist der Nazi erst nicht mehr die größte Staatsgefahr, wenn die Staatsmedien ihn Popanz nennen. Oder den "metaphysischen Nazi", was die Süddeutsche Zeitung jetzt unerhörterweise wagt, wenn auch nur bezogen auf die deutsche Sozialdemokratie: Mit ihrem "undifferenzierten Kampf gegen Rechts" nütze die "SPD dem bürgerlichen Lager"! Dem "bürgerlichen Lager"! Schlimmeres lässt sich kaum vorstellen, zumindest für jemanden wie den Autoren Mathias Brodkorb, der tatsächlich bei der SZ arbeitet, nicht beim "Neuen Deutschland". Der Text ist dennoch lesenswert:
Seit dem 6. November 2008 kommt in Mecklenburg-Vorpommern gegen Neonazis ein "Comic gegen Rechts" zum Einsatz. Herausgegeben wurde er im Namen von Innenminister Lorenz Caffier (CDU) vom Verfassungsschutz. Auf 54 bunten Seiten sollen Kinder und Jugendliche spielerisch lernen, dass "rechte Gruppierungen" böse sind. So wird staatlicherseits bereits dem Nachwuchs eine begriffliche Verwirrung eingeimpft, die sich mit unserer Verfassung kaum vereinbaren lässt. Wenigstens der Verfassungsschutz sollte schließlich den Unterschied zwischen "rechts" und "rechtsextrem" kennen. Und es wirkt paradox, dass ein CDU-Innenminister das Schwert faktisch gegen sich selbst - die rechte, bürgerliche Union - richtet.
Auch in der politischen Wissenschaft gilt es als Ehrensache, die Demokratie "gegen Rechts" zu verteidigen. Darunter leidet seit vierzig Jahren eine Gruppierung, die als "Neue Rechte" bezeichnet wird. Gründer und Taktgeber dieser "Nouvelle Droite" ist der französische Publizist Alain de Benoist, der 1968 begann, unter dem Eindruck der Studentenrevolten eine intellektuelle Strömung von rechts zu etablieren. Dies blieb auch in Deutschland nicht ohne Auswirkungen. Heute zählen das Wochenblatt Junge Freiheit (JF) sowie das "Institut für Staatspolitik" (IfS) zur Speerspitze der deutschen Neuen Rechten. So wie die JF eine "taz von rechts" will das IfS ein "Reemtsma-Institut von rechts" sein. Weiter geht es hier.
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