Edgar Dahl war mal wissenschaftlicher Mitarbeiter am Klinikum der Justus-Liebig-Universität Gießen. Er hat Bücher geschrieben und gesellschaftliche Debatten geführt. Jetzt macht er gerade Pause, wartet auf den Start der EM und singt in derWelt in Hurra auf den Sozialstaat.
Seit vier Wochen sitze ich nun jeden Vormittag in meinem Lieblingscafé und genieße die Frühlingssonne. Während ich einen Schluck von meinem Latte macchiato und einen Zug aus meiner Gauloise Blondes nehme, sage ich leise zu mir: Ist das Leben nicht wunderschön? Dann lehne ich mich genüsslich zurück und blättere entspannt durch Julia Friedrichs’ Bestseller „Gestatten: Elite“. Die Geschichten über Leute, die wöchentlich etwa 70 Stunden arbeiten, sind so fesselnd, dass ich für den Lärm der überfüllten Fußgängerzone vollkommen taub bin. Das Einzige, was mir überhaupt Sorgen bereiten könnte, ist die bange Frage, welches Buch ich wohl morgen mit ins Café nehmen sollte.
Ja, ich führe schon ein beneidenswertes Leben. Wie ich das angestellt habe? Ganz einfach: Ich bin arbeitslos geworden! Wie so viele promovierte Akademiker hangele ich mich seit mehreren Jahren von einem Kurzzeitvertrag zum nächsten. Und so geschieht es immer wieder, dass ich für einige Monate in den Genuss unseres großzügigen Wohlfahrtsstaates komme. Natürlich könnte ich auch arbeiten gehen. An einer nahe gelegenen Universität gibt es eine halbe Stelle, auf die ich mich bewerben könnte. Doch warum sollte ich? Wenn ich die halbe Stelle annehmen würde, müsste ich – wie an fast allen Instituten üblich – den ganzen Tag arbeiten und erhielte am Ende weniger Geld als jetzt vom Arbeitsamt. Ist es da nicht gescheiter, jeden Morgen auszuschlafen und es sich in einem Café gemütlich zu machen? Natürlich! Was soll ich mir den Allerwertesten aufreißen, wenn mir Vater Staat doch ein soziales Netz anbietet, das sich durchaus als Hängematte eignet?
Was ich machen werde, wenn ich meinen Anspruch auf Arbeitslosengelld I verliere? Hartz IV beziehen natürlich! Sicher, Kurt Beck wird mich dann dem „Prekariat“ zurechnen. Doch was sollte es mich kümmern, was der SPD-Chef mit der Bierwirtsphysiognomie über mich denkt? Wahrscheinlich werde ich die Zeit, in der ich Arbeitslosengeld II beziehe, dazu nutzen, mich zu habilitieren. Wer weiß, vielleicht werde ich noch verbeamtet. Und wenn nicht, kann ich schließlich immer noch Becks weisem Rat folgen: „Wenn Sie sich waschen und rasieren, haben Sie in drei Wochen einen Job.“ Doch jetzt steht erst einmal die EM ins Haus. Und im Übrigen ist mir gerade eingefallen, welches Buch ich morgen mit ins Café nehmen werde: Friedrich August von Hayeks „Der Weg zur Knechtschaft“. Wäre doch gelacht, wenn hier nicht weiter alles seinen sozialistischen Gang gehen würde!
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1 Kommentar:
naja wenn die weinauswahl immer billiger wird, geht der schon wieder klejen, wartet´s ab
oder seine alte verdient genug, dann kriegt er eh kein hartz 4, kann es also gar nicht richtig auskosten das dolce vita auf den fluren der argen zwischen camouflagehöschen und arschgeweihen mit herauswachsenden 7cm ansätzen auf dem kopf
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