Am Ende landen sie dann doch alle im Rateteam. Hans Leyendecker etwa, seit Flick-Affäre und CDU-Spenden-Skandal der Mann, der die Fahne des wahren, des aufrechten Journalismus ohne Auftraggeber hochhielt. Vor zehn Jahren wechselte der Enthüllungsreporter vom "Spiegel" zur "Süddeutschen Zeitung", dort verwaltet er seitdem sein Erbe, am liebsten, indem er als Experte für alles und jeden in Talkshows sitzt und von der Verdorbenheit der Welt, den Lügen vor dem Irakkrieg und seinen Heldentaten als Aufdecker von Schweinereien aller Art berichtet.
Wenn Leyendecker, der seinerzeit einen Zeugen erfand, um eine "Spiegel"-Titelgeschichte zur angeblichen Hinrichtung des Terroristen Wolfgang Grams in Bad Kleinen ein bisschen anzufetten, heute noch schreibt, dann sind das schnell hingeworfene Stücke, die den 59-Jährigen als einen Mann zeigen, der seinen Kompass verloren hat. Leyendecker, auf Blogger schlecht zu sprechen, weil die zu wenig recherchieren, zuviel kommentieren und dies zudem auch noch so tun, dass er Leute erkennt, "die antidemokratisch und unqualifiziert" sind, hat bei der Süddeutschen Zeitung Narrenfreiheit - er kann kommentieren, was und wie er will. Ungeachtet dessen, dass unter Umständen ganz und gar antidemokratisches und unqualifiziertes Geschwätz herauskommt.
Wie dieser Tage, als die ehemalige Edelfeder zu selbiger griff, um Liechtensteiner Banken Doppelmoral vorzuwerfen und als höchstes Gericht über den früheren Hamburger Innensenator Schill zu urteilen. Die Banken, so Leyendecker, sollten sich mal nicht so erregen darüber, dass deutsche Behörden Geld für eine gestohlene DVD bezahlt hätten, um Steuerbetrügern auf die Spur zu kommen. Schließlich hätten die Geldhäuser zuvor selbst jahrelang einem Kriminellen namhafte Summen gezahlt, damit der gestohlene Namenslisten nicht an die Behörden weitergibt.
So ist das nämlich. Ein Unrecht entschuldigt das andere! Jeder Fahrraddieb und Mörder wird sich auf Leyendecker berufen können: Ist doch nicht so schlimm, Fahrräder geklaut haben andere auch schon! Und gemordet erst! Da soll sich mal keiner aufregen!
So schlicht und schamlos funktioniert der Rechtsstaat bei Hans Leyendecker dem Älteren, der im Medienteil denn auch gleich noch ein Thema durchzieht. Um "eine alte Rechnung" (Leyendecker) geht es in einem hundertzeiligen Hans, dessen Botschaft in zwei Sätzen steht: Hans Leyendecker, der für seine Enthüllungsgeschichten früher monatelang recherchierte, hat einen Filmausschnitt mit Barnabas Schill im Internet gesehen und von einer noch längeren Ausgabe des Filmes in Bild gelesen. Darin "war zu sehen, wie sich Schill ein Näschen zieht". Das vor Jahren abgegebene "Koksgelübte des Rechtspopulisten" (Leyendecker) war also, reden wir nicht lange drumherum, recherchierenw ir nicht unnötig oder befragen den Angeklagten, "gelogen" (Leyendecker), Punkt, aus.
Leyendeckers Drogenhund scheint die einmalige Fähigkeit zu haben, auch auf per Youtube transportiertes Kokain anschlagen zu können. Rechtsstaat? Unschuldsvermutung? Bis zum Beweis der Schuld? Durch Beweise? Altes Zeug! Ohne diesen ganzen Kram war Hans Leyendecker sonnenklar: "Der Richter a.D. ist ein Kokser". Beschlossen und verkündet, rumms.
Letzter Satz im Text des allmählich auch stilistisch an Bilds großen Komadichter Franz Josef Wagner erinnernden moribunden Meinungsführers ist dann: "Auf Wahrheit kommt es in dem Gewerbe, das auch nur ein Geschäft ist, oft nicht mehr an." Ja, wo er recht hat, hat er recht, der Hans.
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2 Kommentare:
leyendeckers traktat hieß übrigens (sinngemäß): "wie das schill-video in die bild-zeitung kam". davon stand kein satz im text. je weniger l. rausfindet, um so moralischer und parteiischer wird er. sein weg dürfte in die linke führen, wenn er so weiter macht.
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